Parlament

Schäuble: Die Verfassung hat den Testfall Corona gut bestanden

Es fehlt etwas in den leeren Konzertsälen angesichts der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie. „Ein Konzert ist etwas Einmaliges“, sagt Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble im Gesprächskonzert „Sonntag um 11 – Klassik und Politik im Reichstag“ mit Stefan Detjen, Chefkorrespondent und Leiter des Hauptstadtstudios und des Studios Brüssel von Deutschlandfunk, Deutschlandfunk Kultur und Deutschlandfunk Nova am 4. Advent am Sonntag, 20. Dezember 2020. „Ein Konzert sei auch ein Dialog mit dem Publikum“, so der Bundestagspräsident im Interview. „Alles wird digital, alles wird anders“, konstatierte Detjen im Hinblick auf die vielfältigen alternativen digitalen Musikangebote im Zuge der Kontaktbeschränkungen. 

Bundestagspräsident: Das Parlament ist im Kern eine Bühne

Schäuble bekräftigte, dass die Digitalisierung in Deutschland durch die Krise neue Anstöße bekommen habe. Denn mit Krisen seien auch Chancen verbunden. Corona verdeutliche aber auch den Wert der persönlichen Begegnung oder des unmittelbar erlebten Konzerts. Nach Ansicht des Bundestagspräsidenten stelle sich die Arbeit des Parlaments auch in dieser Frage nicht anders dar: „Die eigentliche parlamentarische Arbeit findet im Plenarsaal statt.“ Die parlamentarische Debatte müsse transparent sein. Ähnlich einem Konzert sei das Parlament im Kern eine Bühne, „in der die Vielfalt von Meinungen und Interessen, die zur Freiheit gehören, sichtbar werden und im Für und Wider repräsentativ auf wenige Alternativen reduziert werden“. Bundestagspräsident Schäuble: „Es ist das Forum der Nation.“

Detjen stellte fest, dass der Streit auf offener Bühne im Parlament einem Theatersaal gleiche, der Ton aber härter geworden sei. Doch für Schäuble entspreche der Ton im Parlament der Entwicklung in der Gesellschaft. Insofern sei der Bundestag repräsentativ. Die Debatten blieben aber im Wesentlichen im Rahmen, auch wenn der Ton rauer geworden sei. „Das Parlament ist eine lebendige Debatte, in der es lebendig und menschlich zugeht“, sagte der Bundestagspräsident.

Corona: Ein Testfall für das Grundgesetz

Angesprochen darauf, ob die Corona-Krise als ein Testfall für die Verfassung verstanden werden kann, stellte Schäuble fest: „Die Verfassung hat die Prüfung gut bestanden.“ Das Grundgesetz habe in den vergangenen Jahrzehnten viele Herausforderungen gut gemeistert. „Das Vertrauen in die Handelnden in der Politik ist in diesem Jahr gestiegen“, meinte Bundestagspräsident Schäuble mit Blick auf den Anfang der Krise und ihren Verlauf bis zum Jahresende. Auch das Vertrauen in die Fähigkeiten des freiheitlichen Rechtsstaates sei gestiegen. Deshalb sei es das wichtigste Kriterium für die Politik, keinen Kontrollverlust zu erleiden.

Jedem Menschen müsse in den Krankenhäusern eine menschenwürdige Pflege und medizinische Versorgung gewährleitet werden. Jede andere gemachte Erfahrung wäre schädlich, weshalb der Kontrollverlust die eigentliche Gefahr für die freiheitliche Demokratie sei. „Dann haben es die Populisten leicht“, sagte Schäuble, „und das haben wir vermieden und das werden wir weiter vermeiden.“ Dass am Anfang der Not die Exekutive handeln musste, sei  verfassungsgemäß und mit Blick auf die föderale Architektur Deutschland vielstimmig gewesen. Über das Bestehen einer solchen Notlage habe aber der Bundestag entschieden. „Und der entscheidet auch, wann diese zu Ende ist.“

Musikalisches Programm

Musikalisch umrahmt wurde das Konzertgespräch vom Blechbläserquintett des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin (DSO). Die Trompeten spielten Falk Maertens und Raphael Mentzen, das Horn spielte Antonio Adriani, die Posaune spielte Andreas Klein und Johannes Lipp die Tuba. Das Programm umfasste Werke unter anderem von Jan Pieterszoon Sweelinck, Wolfgang Amadeus Mozart, Pavel Stanek und Gustav Holst. Die Gesprächskonzertreihe „Sonntag um 11 – Klassik und Politik im Reichstag“ wird vom Deutschen Bundestag seit dem Jahr 2003 in Zusammenarbeit mit dem DSO und dem Deutschlandfunk veranstaltet.

Die Aufzeichnung beginnt musikalisch mit dem Stück „Hodie, Christus natus est“ aus dem Jahr 1619 von Jan Pieterszoon Sweelinck (1562 bis 1621) nach einem Arrangement von Walter H. Barnes. Danach folgt ein traditionelles katalanisches Weihnachtslied aus dem 16 Jahrhundert mit dem Titel „El Noi de la Mare - Der Knabe der Mutter“ nach einem Arrangement von David Marlatt. Weiter sind zu hören von Wolfgang Amadeus Mozart (1756 bis 1791) „Alleluja aus Exsultate, jubilate“ KV 165 aus dem Jahr 1773 nach einem Arrangement von Frederick Mills sowie von Pavel Stanek (1927) „Weihnachtslieder“ mit den Stücken „Tochter Zion“, „Es wird scho glei dumpa“, „Auf nach Bethlehem“ und „Adeste fideles“.

Nach dem Gespräch spielt das Quintett von Gustav Holst (1874 bis 1934) „In the Bleak Midwinter“ aus dem Jahr 1906 nach einem Arrangement von David Ferguson. Es folgen von John Iveson (1941) „Christmas Crackers“ aus dem Jahr 1981 mit den Stücken „Jingle Bells - Deck the Halls, A Carol Fantasy“ und „We Wish You a Merry Christmas“ sowie Ziggy Elman (1914 bis 1968) mit „And the Angels Sing“  aus dem Jahr 1939 nach einem Arrangement von Howard Cable. (eis/20.12.2020)

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