Oppositionsanträge zur gendergerechten Krisenpolitik erörtert
Das Thema Geschlechtergerechtigkeit hat der Bundestag am Mittwoch, 24. Februar 2021, debattiert. Einen Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Gutes Leben und gute Arbeit für alle – Eine geschlechtergerechte Krisen- und Zukunftspolitik ist nötig“ (19/26874) überwies er zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales.
Drei Oppositionsanträge abgelehnt
Abgelehnt wurden hingegen Anträge der FDP zur Einberufung eines Zukunftsgipfel für Emanzipation (19/20052), der Linksfraktion zu Geschlechterverhältnissen in der Krise (19/20033) und der Grünen zur Geschlechtergerechtigkeit in der Corona-Krise (19/20038). Dem FDP-Antrag stimmten nur die Antragsteller zu, Linke und Grüne enthielten sich, die Koalition und die AfD lehnten ihn ab.
Auch dem Antrag der Linken stimmten nur die Antragsteller zu, während sich die Grünen enthielten und die übrigen Fraktionen dagegen stimmten. Den Antrag der Grünen unterstützte auch die Linksfraktion. Die FDP enthielt sich, die Koalition und die AfD stimmten dagegen. Den Abstimmungen liegt eine Beschlussempfehlung des Familienausschusses (19/21085) zugrunde.
Neuer Antrag der Linken
Dem überwiesenen Antrag der Linken (19/26874) zufolge soll die Bundesregierung die Krisenmaßnahmen und -gesetze seit dem ersten Quartal 2020 im Zusammenhang mit der Pandemiebewältigung dahingehend auswerten, wie sie sich auf die Einkommens-, Arbeitsmarkt-, Pflege- und Rentensituation von Frauen und Männern, speziell Müttern und Vätern, ausgewirkt haben. Auch soll dem Bundestag noch in dieser Legislaturperiode ein Aktionsplan zur Überwindung geschlechtsspezifischer Kriseneffekte auf Frauen vorgelegt werden.
Dieser Plan solle berücksichtigen, inwiefern sich geschlechtsspezifische Ungleichheiten mit Benachteiligungen aufgrund von Rassismus, Alter, Behinderung, sexueller Identität und geschlechtlicher Orientierung sowie Bildungsabschluss und Einkommensstatus verschränken oder verstärken und zu überwinden sind. Ferner solle dem Gleichstellungsgrundsatz aus Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes nachgekommen werden, indem künftige Konjunkturpakete, Hilfsprogramme und Haushaltsaufstellungen einem Gender Budgeting unterzogen werden.
Abgelehnter Antrag der FDP
Die FDP-Fraktion forderte die Bundesregierung auf einen Zukunftsgipfel zum Thema Emanzipation einzuberufen. Dieser sollte sich mit dem „Rückwärtstrend hinsichtlich der Rollenverteilung“ von Frauen und Männern beziehungsweise Müttern und Vätern während der Corona-Pandemie auseinandersetzen und eine Strategie für konkrete Gegenmaßnahmen entwickeln, schrieb die Fraktion in ihrem abgelehnten Antrag (19/20052). Der Gipfel, zu dem Vertreter aus den relevanten frauen-, gleichstellungs-, eltern-, und familienpolitischen Verbänden sowie aus den Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden und der Wissenschaft geladen werden sollten, sollte erstmals im dritten Quartal 2020 stattfinden und dann einmal jährlich zu einem jeweils anderen Themenschwerpunkt.
Die Liberalen argumentierten, dass bereits in den vergangenen Krisen wie der Ebola- oder der Finanzmarktkrise Frauen weltweit überdurchschnittlich stark von den sozialen und wirtschaftlichen Folgen betroffen gewesen seien. Ein ähnliches Szenario zeichne sich auch in der Corona-Krise ab. So warnten auch die Vereinten Nationen in ihrem Bericht über die Auswirkungen der Corona-Pandemie von einem regelrechten „Angriff auf die Emanzipation“.
Abgelehnter Antrag der Linken
Nach Ansicht der Linksfraktion werden Frauen überproportional durch die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie belastet. So seien die Beschäftigten in Pflege- und Reinigungsberufen zu knapp 90 Prozent weiblich, im Einzelhandel sei die Lage ähnlich. Die Gesellschaft sei auf diese systemrelevanten Berufe angewiesen. Auch im familiären Umfeld seien Frauen durch die Schließung von Kitas und Schulen überdurchschnittlich von der Corona-Krise betroffen. In ihrem abgelehnten Antrag (19/20033) sprach sich die Linksfraktion deshalb für eine Reihe von Gesetzen und weiteren Maßnahmen zur Gewährleistung von mehr Geschlechtergerechtigkeit aus.
Unter anderem forderte Die Linke die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der den auf Profit und Kapitalrendite ausgerichteten Betrieb der sozialen Infrastruktur, wie beispielsweise Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, am Gemeinwohl ausrichtet. Ebenso sollten per Gesetz die Löhne in den Pflegeberufen auf Tarifniveau angehoben, mehr Personal eingestellt und die reguläre Arbeitszeit auf 30 Wochenstunden bei vollem Lohnausgleich verkürzt werden. Um die Finanzierung der Krisenbewältigung zu gewährleisten, wollte die Fraktion zudem die Vermögensteuer als Millionärssteuer wieder einführen.
Abgelehnter Antrag der Grünen
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen drang in ihrem abgelehnten Antrag (19/20038) darauf, dass Frauen und Männer gleichermaßen von den Hilfsmaßnahmen und Konjunkturpakete während der Corona-Krise profitieren. Sie forderte die Bundesregierung auf, alle Krisenmaßnahmen und Gesetze auf ihre Auswirkungen auf Frauen und Männer durch eine Stabstelle im Bundeskanzleramt überprüfen zu lassen. Darüber hinaus sollte die Vergabe von staatlichen Hilfen an Unternehmen an die Förderung der Geschlechtergerechtigkeit, zum Beispiel durch Quoten, gekoppelt werden.
Nach dem Willen der Grünen sollten aber auch alle Gesetze und Regelungen in der Arbeitsmarkt- und Steuerpolitik auf ihre Gleichstellungswirkung überprüft und diskriminierende Strukturen, Instrumente und Steuermodelle abgeschafft werden. Ebenso sei im Bereich der „Zeit- und Familienpolitik“ eine Entscheidungsfreiheit zur Aufteilung der familiären Sorgearbeit zu gewährleisten, damit diese fair zwischen den Eltern verteilt werden könne. Die Fraktion verwies darauf, dass in der Corona-Krise die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern besonders deutlich hervorgetreten seien. Dies zeige sich vor allem bei der Aufteilung der Sorgearbeit sowie bei den Auswirkungen für Frauen auf dem Arbeitsmarkt. (hau/24.02.2021)