Kinderkommission

Sachverständige fordern bessere Bildung zum Thema Klima

Was wissen Kinder über den Klimawandel und was muss sich im Bildungssystem ändern, damit Kinder Zusammenhänge in der Natur, die Auswirkungen des Klimawandels und die Möglichkeiten, diesen aufzuhalten besser verstehen? Mit diesen Fragen hat sich die Kinderkommission (KiKo) am Mittwoch, 24. Februar 2021, während eines öffentlichen Fachgesprächs zum Thema „Klimawandel und Bildung“ beschäftigt. Es war die erste Sitzung unter der Leitung der neuen Vorsitzenden Charlotte Schneidewind-Hartnagel (Bündnis 90/Die Grünen).

Vorsitzwechsel in der KiKo

Vor dem Gespräch, im nichtöffentlichen Teil der Sitzung, nahm die Grünen-Abgeordnete Schneidewind-Hartnagel das Maskottchen der KiKo entgegen: einen Plüschadler. Ihn bekommt, wer gerade den Vorsitz der Kommission innehat. Offiziell ist Schneidewind-Hartnagel bereits seit dem 16. Februar im Amt. Bis zum Ende der Legislaturperiode wird sie nun die Schwerpunkte der KiKo-Arbeit setzen.

Charlotte Schneidewind-Hartnagel (Bündnis 90/Die Grünen), hier mit dem KiKo-Maskottchen vor dem Sitzungssaal, übernahm am 24. Februar den Vorsitz in der Kinderkommission.

Charlotte Schneidewind-Hartnagel (Bündnis 90/Die Grünen), hier mit dem KiKo-Maskottchen vor dem Sitzungssaal, übernahm am 24. Februar den Vorsitz in der Kinderkommission. (DBT/Henning Schacht)

„Wir beschäftigen uns als Kinderkommission unter meinem Vorsitz in den nächsten Wochen mit dem Thema Kinder und Umwelt“, sagte Schneidewind-Hartnagel. Dabei solle es unter anderem um die Fragen gehen: Was lernen Kinder über den Klimawandel? Wie werden junge Menschen an Meinungsbildungsprozessen beteiligt? Und welche Bedeutung hat eine intakte Umwelt im Sinne der Kinderrechte? 

Krümmel: Kinder sehen, dass Bäume vertrocknen

„Kinder sind neugierig und erschließen sich vorurteilsfrei ihre Umwelt. Dazu gehören das soziale Umfeld der Familie, Kita, Schule – aber natürlich auch die Natur“, sagte Ute Krümmel. Sie ist Leiterin des Projekts „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ von der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“, einer Fortbildungsinitiative für pädagogische Fach- und Lehrkräfte aus Kitas, Horten, Grundschulen sowie Kita-Leitungen. Die eigentliche Zielgruppe aber seien Kinder im Alter von drei bis zehn Jahren, sagte Krümmel. Und die „sehen auch, dass Bäume vertrocknen, dass Müll im Meer schwimmt und hören davon, dass Bienen sterben“.

Einer Studie zufolge seien Umweltbewusstsein und umweltschützendes Verhalten bereits bei Siebenjährigen gut ausgebildet. Bis ins Alter von zehn Jahren nähmen sie zu, fielen jedoch in der Pubertät ab. Dabei sei Umweltbewusstsein und umweltschützendes Verhalten auch schon bei Kindern nicht immer identisch. Die Bildung stehe deshalb vor der Frage: Wie können Einstellungen das Verhalten bestimmen? „Hier kann und sollte Bildung für nachhaltige Entwicklung ansetzen“, sagte Krümmel. Dieses Bildungskonzept, kurz BNE genannt, befähige Menschen, Zusammenhänge zu verstehen und die Folgen ihres Handelns zu erkennen, verantwortliche Entscheidungen zu treffen und dementsprechend zu handeln.

Kinder müssen selbst wirksam sein

Die Aufgabe der Pädagoginnen und Pädagogen bestehe darin, schon jungen Kindern die Möglichkeit zu geben, sich „altersgerecht im Rahmen ihrer Möglichkeiten mit zukunftsrelevanten Themen“ auseinanderzusetzen. Methodisch gelte es, Zusammenhänge zu erforschen oder in Projekten die Alltagspraxis zu verändern. „Wichtig ist“, sagte Krümmel, „dass auf Erkenntnis und Reflexion auch Entscheidungen und Handlungen folgen.“ Und zwar partizipativ. Kinder bräuchten die Erfahrung, dass sie gesehen und gehört werden. „Dass sie eben selbst wirksam sind.“

Dabei gehe es auch um die Einrichtung selbst, so die Projektleiterin. Denn sie sei ein „beispielgebender Lernort, an dem es möglich sein sollte, positive Erfahrungen mit nachhaltigem Handeln im Alltag selbst zu sammeln“. Allerdings habe eine Studie gezeigt, dass BNE bisher nur in sechs Ländern in den Bildungs- und Lehrplänen erwähnt werde. Sie sagte: „Hier besteht noch enormer Handlungsbedarf.“

Hohn: Vom Wissen zum Handeln

Auch Thomas Hohn, Greenpeace-Experte für Bildung und Sprecher des Bündnisses „ZukunftsBildung“ sagte: „Der entscheidende Kern für Kinder und Jugendliche im Kontext Bildung ist nicht nur informiert sein, sondern vielmehr informiert handeln.“ Denn einer Studie zufolge trage das Wissen junger Menschen wesentlich weniger zu ihrem nachhaltigen Verhalten bei als die Gefühle, Emotionen und Verbundenheit zur Natur. Das Motto laute deshalb: „Vom Wissen zum Handeln.“

Hier greife das Bildungskonzept BNE ein, sagte Hohn. Es gehe weit über reine Wissensvermittlung hinaus. Bildung für nachhaltige Entwicklung befähige zum Handeln und beteilige alle Lehrenden und Lernenden an der Lösungsfindung für die globalen Herausforderungen. Dieses Bildungskonzept strukturell im gesamten Bildungssystem zu verankern, sei deshalb ein Kernanliegen des Bündnisses „ZukunftsBildung“, so Hohn. Außerdem fordere das Bündnis unter anderem Investitionen in zeitgemäße Bildung sowie eine Qualitäts- und Qualifikationsoffensive in Aus- und Weiterbildung, um vom Wissen zum Handeln zu kommen.

Umdenken in der Schule

Schulen nähmen ihren Auftrag im Bereich Klima nicht ernst genug, sagten Luisa Regel und Jeremy Jarsetz vom Landesschülerausschuss Berlin (LSA). Durch mangelnde Aufklärung verfehlten viele Schulen ihre Aufgabe, Schülerinnen und Schüler zu mündigen Bürgerinnen und Bürgern nach Grundsätzen der Demokratie zu erziehen, so die Pressesprecherin des LSA.

„Dies können Schulen nur erreichen, indem sie breit gefächert über die Ursachen und Folgen des Klimawandels für uns und die nachfolgenden Generationen aufklären.“ Schule müsse ihrem Erziehungsauftrag beim Thema Klimawandel dringend gerecht werden, sagte auch Jarsetz, stellvertretender Vorsitzender des LSA. 

Klimabeiräte und Projekttage

Konkret fordere der LSA die Einführung von Klimabeiräten auf Schul-, Bezirks- und Landesebene, sagte Regel. Auch müsse der Klimawandel so oft es gehe Teil des Unterrichts sein. Jarsetz ergänzte: Es solle an allen Berliner Schulen einen jährlichen Projekttag zum Thema Klimaschutz und Nachhaltigkeit geben. „Ziel hierbei ist es, mit den Schülerinnen und Schülern im kleinen Kreis Lösungsansätze zu finden, sei es fürs große Ganze oder für den kleinen Kreis der Schule.“

Zudem müsse Schule ein „klimagerechter Bildungsraum“ werden, sagte Regel. Es brauche zum Beispiel ein Umdenken bei den Themen Schulessen und Mülltrennung. Eine bessere Bildung im Bereich Klima, so die LSA-Pressesprecherin, sei der Schlüssel zum Erfolg für ein nachhaltiges und klimaneutrales Leben. (irs/24.02.2021)

Liste der geladenen Sachverständigen

  • Luisa Regel, Pressesprecherin des Landesschülerausschusses Berlin
  • Jeremy Jarsetz, stellvertretender Vorsitzender des Landesschülerausschusses Berlin
  • Ute Krümmel, Projektleiterin „Bildung für nachhaltige Entwicklung“, Stiftung „Haus der kleinen Forscher“
  • Thomas Hohn, Sprecher des Bündnisses „ZukunftsBildung“, Greenpeace

Marginalspalte