Befragung der Bundesregierung

Verkehrsminister Andreas Scheuer im Kreuzfeuer der Kritik

Wegen der gescheiterten Pkw-Maut steht Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) seit Monaten im Kreuzfeuer der Kritik. In der Regierungsbefragung des Bundestages am Mittwoch, 3. März 2021, musste sich der Minister auch unangenehmen Fragen der Abgeordneten zu anderen Großprojekten seines Ressorts stellen. Zuvor hatte der Bundestag seine Tagesordnungen vom 3. bis 5. März gegen die Stimmen der AfD-Fraktion genehmigt, da vorab zwischen den Fraktionen darüber kein Einvernehmen hergestellt werden konnte.

Scheuer hatte zuvor in seinem Eingangsstatement eine durchweg positive Bilanz seiner Arbeit gezogen: Die Novelle des Personenbeförderungsgesetzes, die digital-basierte Mobilitätsangebote – wie etwa per App buchbare Fahrgemeinschaften – ermöglichen soll, stehe vor Abschluss des parlamentarischen Verfahrens. Auch bei der Elektromobilität gehe es voran: Der Entwurf für ein Schnellladegesetz habe das Kabinett passiert, die KfW-Förderung für Elektroladeboxen für zuhause werde „einmalig gut angenommen“ und solle nun ausgeweitet werden. „300.000 Wallboxen sind gerade mal in drei Monaten beantragt worden“, unterstrich Scheuer. Beim Thema Autonomes Fahren, bei der Elektrifizierung von Schienen und der Modernisierung von Bahnhöfen sah sich der CSU-Politiker mit seinen dazu vorgelegten Gesetzesinitiativen und Finanzierungsprogrammen ebenfalls auf gutem Weg.

AfD fragt nach Umsetzung der Wasserstoffstrategie

Dr. Dirk Spaniel, verkehrspolitischer Sprecher der AfD-Fraktion, wollte hingegen wissen, wie es mit der Wasserstoffstrategie vorangehe und wie realistisch die Umsetzung der für die Nutzung von Wasserstoff notwendigen Infrastruktur, darunter Leitungen und Speichersysteme, bis 2030 sei.

Hier zeigte sich Scheuer „optimistisch“, mit dem von der Bundesregierung gesetzten Rahmen und der umfangreichen Förderung der Wasserstofftechnologie einen Schub zu geben. „Ich habe große Hoffnung, dass wir sie gerade bei Bussen, Lkws und Zügen nutzen können.“ Auch bei der benötigten Speichertechnologie sei er zuversichtlich, dass der „Durchbruch“ gelinge.

SPD fragt nach Beschleunigung von Infrastrukturprojekten

Matthias Stein (SPD) erkundigte sich, wie sich das vor gut einem Jahr in Kraft getretene „Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz“ in der Praxis bewähre. „Sie wollten damit einen ‚Turbo‘ einlegen, um Infrastrukturprojekte zu beschleunigen. Was haben Sie erreicht?“, fragte der Abgeordnete.

Scheuer verwies darauf, dass die Bundesregierung in der aktuellen Wahlperiode bereits vier Gesetze zur Beschleunigung von Planungen und Genehmigungen auf den Weg gebracht habe. Diese seien die Voraussetzung dafür gewesen, dass nun die Umsetzung konkreter Projekte begonnen werden konnte. Welche Projekte das im Einzelnen seien, versprach der Minister schriftlich nachzureichen.

FDP kritisiert Einreiseregeln aus Corona-Mutationsgebieten

Oliver Luksic, verkehrspolitischer Sprecher der FDP, kritisierte die verschärften Einreiseregelungen an der deutsch-französischen Grenze: „Das, was wir derzeit an den Grenzen erleben, ist ein Stresstest für den freien Personen- und Warenverkehr.“ Es gebe – ähnlich wie im ersten Lockdown – erneut keine nachbarschaftlich abgestimmte, gemeinsame Test-, Impf- oder Einreisestrategie, monierte der Abgeordnete. Von Scheuer wollte er wissen, ob er das geltende Beförderungsverbot in Bussen und Bahnen für französische Grenzgänger nicht auch als „Gift für den sozialen Frieden und Europa“ sehe.

Das verneinte der Minister: Es sei doch „völlig klar“, dass die Bundesregierung an der Grenze zu „Virusvariantengebieten“ Vorkehrungen zum Schutz der heimischen Bevölkerung treffen musste, verteidigte Scheuer ihr Handeln. Dieses sei im Übrigen sehr wohl mit den Regierungen der Nachbarländer abgestimmt. Ziel sei es jetzt, eine Testinfrastruktur aufzubauen, die Grenzregionen eine „praktikable Lösung sei.“

CDU/CSU: Finanzhilfen für Flughäfen

Björn Simon (CDU/CSU) bat um Informationen zum Maßnahmenpaket für Flughäfen. „Flughäfen sind ein wichtiger regionaler Wirtschaftsfaktor – viele Arbeitsplätze hängen von ihnen ab“, erinnerte der Abgeordnete und bat um einen Sachstand zu den geplanten Finanzhilfen für große aber auch kleinere, regionale Flughäfen.

Scheuer machte klar, dass die Bundesregierung darum bemüht sei, in der Krise die Infrastruktur zu erhalten. Sie habe daher ein Hilfspaket geschnürt, dass für die Flughäfen in Beteiligung des Bundes, Berlin und Köln/Bonn, Hilfen in Höhe 400 Millionen Euro, für kleine Flughäfen 20 Millionen Euro vorsehe. Weitere 200 Millionen gebe es zur Kompensation von Kosten für das Offenhalten, für die Flughäfen, an denen der Bund zudem ein verkehrspolitisches Interesse habe, erklärte der Minister. Dies sind bundesweit zwölf Flughäfen, darunter etwa die in Frankfurt, Hamburg, Leipzig und Stuttgart.

Die Linke fragt nach Rücktritt des Ministers

Victor Perli (Die Linke) ging Scheuer scharf an: Dessen Amtszeit prägten „Pleiten, Pannen und Skandale“, monierte der Abgeordnete. Nach dem Aus der Pkw-Maut drohten jetzt Schadensersatzforderungen von einer halben Milliarde Euro, die Beraterkosten für sein Ministerium explodierten und Deutschland sei immer noch ein Land der „Funklöcher“. „Ich frage Sie, warum halten Sie an Amt fest – warum treten Sie nicht zurück?“

Scheuer entgegnete, er komme zu einer ganz anderen, positiven „Leistungsbilanz“. Jeden Tag arbeite er dafür, dass Deutschland mobil bleibe und digital besser werde. Er schlage zudem vor, sich im Weiteren auf „inhaltliche Fragen“ zu konzentrieren.

Grüne: Hohe Betriebskosten der neuen Autobahn GmbH

Oliver Krischer, stellvertretender Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, konfrontierte den Minister mit einer Frage zu der im Januar aus der Taufe gehobenen Autobahn GmbH: Im Gründungsbeschluss des Bundestags aus dem Jahr 2017 seien die jährlichen Betriebskosten auf 632 Millionen beziffert worden, im aktuellen Haushalt  schlügen sie nun mit 1,76 Milliarden zu Buche. „Das ist fast eine Verdreifachung“, empörte sich Krischer und bat um Erläuterung. „Was ist schiefgelaufen?“

Scheuer wies die Unterstellung zurück: „Das ist gar nichts schiefgelaufen.“ Im Gegenteil. Mit der Autobahngesellschaft sei die „größte Reform in der Geschichte der Autobahn“ umgesetzt worden, betonte der Minister. Der angesprochenen Haushaltstitel umfasse mehr als die reinen Betriebskosten. Es gehe bei den ausgewiesenen Verwaltungskosten auch um Kosten für Planung, Umsetzung, IT-Ausstattung und mehr. Dies hätte aber „besser aufgeschlüsselt“ werden müssen, räumte Scheuer ein. (sas/03.03.2021)

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