Regierungserklärung

Merkel fordert mehr Einsatz der Länder beim Testen und Impfen

Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) hat im Bundestag mehr Einsatz beim Corona-Krisenmanagement in Deutschland angemahnt und die Bundesländer mit Blick auf Tests und Impfungen stärker in die Pflicht genommen. „Wir müssen als föderales System besser und schneller werden“, sagte sie am Donnerstag, 25. März 2021, in ihrer Regierungserklärung zum Europäischen Rat am 25. und 26. März 2021 und zu den Beschlüssen der Bund-Länder-Konferenz vom 22. März 2021 zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie.

Der Bund könne nicht von Berlin aus die Testinfrastruktur vorhalten und alles organisatorisch umsetzen, betonte Merkel. Im Öffnungskonzept vom 3. März sei bereits ein höheres Maß an Regionalisierung beschlossen worden. 

Gauland: Lockdown ineffektiv und schädlich

Die Opposition kritisierte die Corona-Politik der Bundesregierung scharf und forderte unter anderem eine stärkere Beteiligung des Bundestages bei der Entscheidung über neue Maßnahmen und Strategien. So kritisierte der Fraktionsvorsitzende der AfD, Dr. Alexander Gauland, die Lockdown-Maßnahmen als ineffektiv und schädlich für die Wirtschaft und die psychische Gesundheit der Menschen. „Lockdowns bewirken wenig bis nichts, intelligente Hygienekonzepte schon“, urteilte Gauland.

Er forderte die Bundesregierung auf, den Bundestag künftig vor Beschlüssen zu informieren und zu beteiligen. Eine Enquete-Kommission des Bundestages solle zudem die vom Lockdown verursachten Schäden untersuchen, „damit wir wissen, mit welchem Einsatz wir mit Blick auf zukünftige Pandemien spielen“.

Lindner: Entscheidungen kritisch abklopfen

Auf eine größere Rolle des Bundestages pochten auch die Fraktionschefs von FDP und Bündnis 90/Die Grünen, Christian Lindner, und Katrin Göring-Eckardt. Merkel sollte vor jeder Bund-Länder-Konferenz eine Regierungserklärung im Parlament abgeben und damit eine Debatte ermöglichen, forderte Lindner. „Das führt dazu, dass Entscheidungen kritisch abgeklopft werden.“ 

Er betonte, die Krisenpolitik dürfe sich nicht von der Lebenswirklichkeit der Menschen entfernen und müsse wirtschaftliche und soziale Folgen mit in den Blick nehmen. Die Kommunen müssten gestärkt, mehr Pragmatismus beim Impfen durchgesetzt und Testmöglichkeiten ausgebaut werden. Schnelltests und wirksame Hygienekonzepte sollten zur Voraussetzung werden, um wieder am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. 

Göring-Eckardt fordert verbindlichen Stufenplan

Göring-Eckardt bemängelte, es fehle der Bundesregierung an „Pragmatismus, Mut und Beschlusskraft“. Dabei müsse Deutschland „endlich vor die Lage kommen“. Die nächsten Schritte müssten im Bundestag öffentlich beraten, statt hinter verschlossenen Türen entschieden werden, „am besten noch in dieser Woche“.

Die Grünen seien „bereit, gemeinsame Pandemiebekämpfung aus der Mitte dieses Hauses zu machen“. Nach Ansicht von Göring-Eckardt braucht es einen verbindlichen Stufenplan und einen massiven Ausbau von Testkapazitäten, insbesondere an Schulen und Kitas. 

Mohamed Ali: Bundesregierung hat kläglich versagt

Die Fraktionsvorsitzende von Die Linke Amira Mohamed Ali, sprach von „Chaos und leeren Versprechungen“ in Kabinett und Kanzleramt. Die Bundesregierung habe bei Impfstoffbeschaffung und Teststrategie „kläglich versagt“.

Sie appellierte an die Koalition, „effektive Maßnahmen“ wie die Verpflichtung zum Homeoffice umzusetzen, die Impfstoff-Produktionskapazitäten hochzufahren und die Hersteller zur Freigabe ihrer Patente zu bewegen. Außerdem müssten die versprochenen Wirtschaftshilfen auch an die Unternehmen fließen. 

Digitaler Impfpass bis zum Sommer

Merkel kündigte in ihrer Erklärung an, Unternehmen in Deutschland über Maßnahmen in der Arbeitsschutzverordnung zum regelmäßigen Testen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verpflichten zu wollen, sollte der überwiegende Teil der Firmen dies nicht freiwillig umsetzen. Europäisch solle bis zum Sommer die Entwicklung des digitalen Impfpasses vorangetrieben werden.

Eine Taskforce der Kommission solle überdies klären, wie die Impfstoffproduktion in Europa forciert werden könne. Wichtig sei aber auch die globale Versorgung mit Impfstoff, betonte Merkel. Wenn es nicht gelinge, weltweit zu impfen, könnten sich weitere Mutanten entwickeln, gegen die die bestehenden Impfstoffe womöglich nicht mehr wirkten.

Brinkhaus: Testen und Impfen wird nicht reichen

Selbstkritische Stimmen, aber auch Rückendeckung für Merkel, kamen aus den Reihen der Koalitionsfraktionen. So sagte CDU/CSU-Fraktionschef Ralph Brinkhaus, Deutschland müsse einen neuen Rahmen schaffen, um besser und flexibler auf die Herausforderungen reagieren zu können. Die Verantwortungszuordnung im Föderalismus sei für die Krise schlecht, auf dem deutschen Staatswesen liege „der Staub von 200 Jahren“. Es brauche „vielleicht sogar eine kleine Revolution“, um ihn zu beseitigen.

Angesichts der dritten Welle der Pandemie warnte Brinkhaus vor vielen weiteren Corona-Toten, auch unter jüngeren Menschen. „Testen und Impfen wird in den nächsten Wochen nicht reichen. Deswegen ist eine große Währung, die wir in den nächsten Wochen haben, immer noch die Kontaktbeschränkung.“

Mützenich: Müssen offen über Schuldenbremse sprechen

SPD-Fraktionschef Dr. Rolf Mützenich sagte, beim Impfen habe es „zu viele Nachlässigkeiten in den letzten Monaten“ gegeben, dies müsse nun reibungsloser laufen. Es gelte aber auch, die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Krise zu bekämpfen.

„Wir müssen uns der Pandemie mit aller finanziellen Kraft entgegenstemmen“, mahnte Mützenich. Dafür müsse auch offen über die Schuldenbremse gesprochen werden. (joh/25.03.2021)