Auswärtiges

Beteiligung von Frauen bei weltweiter Friedens­si­che­rung vorangetrieben

Die Bundesregierung hat unter den schwierigen Bedingungen der Corona-Pandemie und des Widerstands anderer Länder die Beteiligung von Frauen bei der weltweiten Friedenssicherung und in der Sicherheitspolitik vorangetrieben. Dies gilt auch für die Einbeziehung der Belange von Frauen und Mädchen in bewaffneten Konflikten in den letzten Jahren, vor allem während der deutschen Mitgliedschaft im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen 2019/20, so die Meinung der Expertinnen im öffentlichen Fachgespräch des Unterausschusses „Zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und vernetztes Handeln“ am Montag, 3. Mai 2021, unter dem Vorsitz von Ottmar von Holtz (Bündnis 90/Die Grünen)

„Klare Indikatoren und zeitliche Vorgaben definiert“

Um die Teilhabe von Frauen an Friedensprozessen und in der Krisenprävention zu stärken, betrachte die deutsche Außenpolitik die mit der UN-Resolution 1325 begründete „Agenda Frauen, Frieden, Sicherheit“ als „Querschnittsmaßnahme“ über die Bereiche Außenpolitik, humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit hinweg, sagte Dr. Wiebke Rückert, Leiterin des Referats für Menschenrechte und Genderfragen im Auswärtigen Amt.

Mit dem dritten Nationalen Aktionsplan für Jahre 2021 bis 2024 zur Umsetzung der Ziele der Vereinten Nationen werde man der Erforschung der Ursachen für sexualisierte Gewalt und für die Benachteiligung von Frauen in Konflikten und in der Sicherheitspolitik breiteren Raum geben. Erstmals habe man zudem „klare Indikatoren und zeitliche Vorgaben“ definiert, „um zu messen, wie wir in unseren Zielen vorankommen“.

„Geschlechtsspezifische Gewalt eindämmen“

Die Schwerpunkte des dritten Aktionsplans habe das Ministerium unter Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Vertreter aus Deutschland und fragilen Staaten erarbeitet. Blicke man zurück, habe die Bundesregierung die Agenda „Frauen, Frieden, Sicherheit“ bereits mit 700 konkreten Einzelmaßnahmen unterstützt, um die Rolle von Frauen in Konflikten und in der Sicherheitspolitik, und dort vor allem bei der Krisenprävention und in Friedensprozessen, in der humanitären Hilfe und bei Wiederaufbauprozessen, zu stärken.

In Konflikten gelte es, die geschlechtsspezifische Gewalt einzudämmen. Man werde weiter daran arbeiten, das Themenfeld sowohl in der internationalen Politik als auch innerhalb der deutschen Verwaltung bekannter zu machen und Kapazitäten zu stärken. Das Auswärtige Amt werde in den Auslandsvertretungen „feste Ansprechpartner benennen“ und das Thema „zum festen Bestandteil der Ausbildung machen“.

„Deutschland auf dem Papier gut aufgestellt“

Jeanette Böhme, Referentin Politik und Menschenrechte bei medica mondiale und Expertin im „Netzwerk 1325“, lobte, mit dem Aktionsplan habe die Bundesregierung „ein umfassendes Strategiepapier“ vorgelegt, das „über die Verpflichtungen“, wie sie im Rahmen der Vereinten Nationen formuliert worden seinen, hinausgehe.

Der Aktionsplan erkenne an, dass Geschlechterungerechtigkeit eine Ursache von Gewalt ist. Deutschland sei jetzt „in weiten Teilen auf dem Papier gut aufgestellt“. Die konzeptionelle Weiterentwicklung müsse nun auch in eine wirksame Implementierung münden. Mit der Pandemie drohten Rückschläge.

Es brauche dazu den politischen Willen, sowie eine ausreichende finanzielle und personelle Ausstattung. Um die operative Umsetzung überprüfen zu können, komme es auf unabhängiges Monitoring und unabhängige Evaluierung an.

„Aktionsplan noch zu unkonkret und wenig verpflichtend“

Zwar sei Deutschland der weltweit zweitgrößte Geber für Maßnahmen, um die Belange von Frauen während bewaffneter Konflikte zu fördern, resümierte Anica Heinlein, Leiterin des Berliner Büros von CARE Deutschland und Verantwortliche für die humanitäre Advocacy der Organisation mit einem Schwerpunkt auf den Themen Gender in Emergencies und der Agenda „Frauen, Frieden, Sicherheit“.

Doch in dem neuen Aktionsplan seien Maßnahmen und Schritte noch „zu unkonkret und wenig verpflichtend“. Es komme nun alles auf die Implementierung an. Bei den Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-Pandemie lasse sich „noch kein struktureller Wandel“ im Sinne der Agenda 1325 erkennen.

„Lehren aus den jüngsten globalen Krisen ziehen“ 

Der gesamte Bereich sei „chronisch unterfinanziert“ und die Bekämpfung der geschlechtsspezifischen Gewalt mache beispielsweise „lediglich 0,12 Prozent der humanitären Hilfe“ aus. Außerdem werde der „Mittelverwendung nicht konkret nachgegangen“. Man müsse nun dringend Lehren aus den jüngsten globalen Krisen ziehen.

Die deutsche Außenpolitik könne beiden Zielen gerecht werden: den weiblichen Opfern brutaler Gewalt Hilfe leisten und der Mitgestaltung von Friedensprozessen durch mehr Frauen.

„Deutlicher Fortschritt und weiterer Nachbesserungsbedarf“

Einen „deutlichen Fortschritt“ ebenso wie weiteren Nachbesserungsbedarf attestierte auch Kristina Lunz, Mitbegründerin des „Centre for Feminist Foreign Policy, dem dritten Nationalen Aktionsplan der Bundesregierung zur Agenda „Frieden, Frauen, Sicherheit“.

Sie mahnte dazu, einen noch stärkeren Fokus auf Abrüstung und Rüstungskontrolle zu legen, ebenso wie auf präventive Politikansätze. Das Risiko geschlechsspezifischer Gewalt gehöre als eigenständiges Kriterium in die  Rüstungsexportrichtlinien. Geschlechterungerechtigkeit sei eine Ursache von Konflikten und beschleunige diese. Der Aktionsplan sei noch nicht „explizite Friedenspolitik“.

Außerdem müsse die „Zivilgesellschaft als Hauptakteurin von gesellschaftlichem Wandel“ stärker einbezogen werden. Lunz vermisste in dem Aktionsplan zudem innenpolitische Maßnahmen, beispielsweise die Bekämpfung radikaler Haltungen, um das deutsche außenpolitische Engagement durch vorbildliches Handeln im eigenen Land glaubwürdig zu machen: „Man hätte im dritten Nationalen Aktionsplan darauf eingehen müssen.“ 

„Frauen, Frieden und Sicherheit“

Die Resolution 1325 „Frauen, Frieden und Sicherheit“ wurde vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen im Jahr 2000 verabschiedet. Sie beschäftigt sich mit der Rolle von Frauen in Frieden- und Sicherheitsprozessen. Zum ersten Mal bestätigte der Sicherheitsrat, dass die Beteiligung von Frauen zur Schaffung und Erhaltung von Frieden nötig ist.

Konfliktprävention, Friedensprozesse und Konfliktnachsorge wurden damit als Frauen- und somit Menschenrecht verstanden. Erstmals zeigte der Sicherheitsrat auf, dass sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt nicht unvermeidbare Begleiterscheinung von Kriegen ist, sondern ein Verbrechen, das systematisch verhindert und bestraft werden muss.

Dritter Aktionsplan der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat inzwischen ihren dritten Aktionsplan zur Umsetzung der Agenda „Frauen, Frieden und Sicherheit“ (Women, Peace and Security, WPS) für den Zeitraum 2021 bis 2024 vorgelegt (19/27461) und darin sechs Schwerpunkte definiert. Vier der Schwerpunktbereiche, nämlich „Krisenprävention“, „Teilhabe“, „Schutz und Unterstützung“, sowie „Humanitäre Hilfe und Wiederaufbau“, orientieren sich demnach an den Säulen der WPS-Agenda.

Der Schwerpunkt „WPS stärken“ fördere die effektive, koordinierte und systematische Verankerung von WPS auf internationaler, regionaler und bilateraler Ebene. Der Schwerpunkt „Institutionelle Verankerung und Kapazitäten stärken“ schließlich diene maßgeblich der stärkeren Verankerung von WPS in der Struktur, Fortbildungsmaßnahmen und der Arbeit der Bundesregierung, heißt es im Aktionsplan.

„Friedliche und stabile Gesellschaften schaffen“

Der deutsche Aktionsplan zu „Frauen, Frieden und Sicherheit“ legt den Angaben zufolge dar, wie die Bundesregierung eine Geschlechterperspektive in ihre weltweite Arbeit für Frieden und Sicherheit integrieren, die Menschenrechte von Frauen und Mädchen in fragilen, Konflikt- und Postkonfliktstaaten schützen und ihre Teilhabe an der Krisenprävention, Konfliktbewältigung, Friedensförderung und beim Wiederaufbau fördern wird.

Die Agenda „Frauen, Frieden und Sicherheit“ habe zum Ziel, friedliche und stabile Gesellschaften zu schaffen, indem die Menschenrechte von Frauen und Geschlechtergerechtigkeit gefördert werden. Mit der Verabschiedung von Resolution 1325 zu Frauen, Frieden und Sicherheit am 31. Oktober 2000 habe der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zum ersten Mal anerkannt, dass die Beteiligung von Frauen zur Schaffung und Erhaltung von Frieden notwendig ist. (ll/03.05.2021)

Marginalspalte