Befragung der Bundesregierung

Bundeskanzler Olaf Scholz wirbt für eine Impfpflicht für Erwachsene

Die Bekämpfung der Corona-Pandemie, die Situation in der Ukraine, die deutsche G7-Präsidentschaft, die Preisentwicklung, der Ausbau der erneuerbaren Energien und die Situation von Geringverdienern waren nur einige der Themen, denen sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in seiner ersten Regierungsbefragung im neuen Amt stellen musste. Scholz verteidigte am Mittwoch, 12. Januar 2022, die von Bund und Ländern vereinbarten Kontaktbeschränkungen und sprach sich erneut für eine allgemeine Impfpflicht für Erwachsene aus.

Der Bundeskanzler erinnerte daran, dass es gelungen sei, bis Weihnachten 30 Millionen Personen mit Booster-Impfungen zu versehen. Sein Ziel sei es, wieder auf das Niveau von Weihnachten zu kommen und eine Million Menschen pro Tag zu impfen. 80.000 Infektionen seien ein Grund, den eingeschlagenen Weg weiter zu beschreiten. Für das ganze Land habe die Tatsache, dass man jemanden anstecken kann, die Konsequenz, dass andere erdulden müssten, dass ihre Operationen erst später stattfinden könnten. „Deshalb ist eine Impfpflicht wichtig“, betonte der Kanzler.

CDU/CSU: Regierung muss einen Vorschlag unterbreiten

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion Thorsten Frei hielt Scholz entgegen, dass der Kanzler einen Vorschlag unterbreiten müsse, wie eine Impfpflicht als Bestandteil des Wegs aus der Pandemie ethisch und verfassungsrechtlich korrekt ausgestaltet werden kann.

Scholz argumentierte, er finde es richtig, wenn Anträge dazu aus dem Bundestag kommen. Zugleich sicherte er seitens der Regierung „alle Hilfen für diese Anträge“ zu, um unbürokratisch zu einer Impfpflicht zu kommen. Auf die Nachfrage Freis fügte er hinzu, es gebe Fragen von so grundlegender Bedeutung, dass über Vorschläge aus dem Bundestag abgestimmt werden sollte. Eine Impfpflicht für alle sei von einer anderen Dimension also die im Dezember vom Parlament beschlossene berufsbezogene Impfpflicht. „Es geht um unsere Körper, es ist der richtige Weg für demokratische Leadership“, sagte Scholz.

SPD fragt nach Schwerpunkten der G7-Präsidentschaft

Der Kanzler sprach auch die Gespräche zwischen den USA und Russland zum Ukraine-Konflikt an und kündigte Gespräche im Rahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit  in Europa (OSZE) an. Er mache sich große Sorgen, es handele sich dabei um eine „ernste Bedrohung für die Sicherheit in Europa“. Seit der Annexion der Krim durch Russland 2014 sei „etwas passiert“. Man müsse wieder dahin kommen, dass die „territoriale Integrität der Staaten in Europa“ gewahrt bleibt. Die vorhandenen Dialog-Formate müssten wieder genutzt werden.

Der SPD-Abgeordnete Bernd Westphal erkundigte sich nach den Schwerpunkten der deutschen Präsidentschaft in den G7, dem Verbund der sieben führenden demokratischen Industriestaaten. Scholz nannte die gesellschaftlichen Veränderungen, die mit dem Klimawandel zusammenhängen. Deutschland wolle erreichen, dass die G7 hier kooperieren und „in die gleiche Richtung marschieren“. Positiv äußerte sich der Kanzler zur gleichzeitigen EU-Ratspräsidentschaft Frankreichs, was die Möglichkeit der Kooperation eröffne. Es gehe darum, die Wirtschaft voranzubringen, damit die Länder auch nach der Krise wachsen können.

AfD macht steigende Preise zum Thema

Der AfD-Fraktionsvorsitzende Tino Chrupalla richtete den Blick auf die Innenpolitik und hier besonders auf die Preisentwicklung. Die geplante Abschaffung der Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) werde durch die höhere CO2-Steuer aufgezehrt. Polen beispielsweise senke die Mehrwertsteuer auf Kraftstoffe. „Wann können die Bürger wieder frei atmen?“, fragte der Oppositionsabgeordnete.

Scholz bekräftigte, spätestens Anfang 2023 die EEG-Umlage abschaffen zu wollen, wodurch jede Familie um 300 Euro entlastet werde. Auf eine Nachfrage Chrupallas mit Blick auf die Einstufung der Kernenergie als „nachhaltig“ durch die Europäische Kommission bekräftigte Scholz, dass die Kernenergie nicht nachhaltig und wirtschaftlich nicht sinnvoll sei. Sie sei ein „teurer Weg“, bei dem die Entsorgungs- und Sicherheitsfragen nicht geklärt seien. „Der Atomausstieg aus der Atomkraft ist richtig.“ Der Ausbau der erneuerbaren Energien mache Deutschland international unabhängig und sei am Ende auch am billigsten.

Grüne fragen nach Stellenwert erneuerbarer Energien 

Dies veranlasste die Abgeordnete Katrin Uhlig (Bündnis 90/Die Grünen), im Hinblick auf den Stellenwert der erneuerbaren Energien nachzuhaken. Scholz prognostizierte, dass der Strombedarf stark steigen werde. Schon 2030 würden 800 Terawattstunden gebraucht. Die Regierung bringe das jetzt auf den Weg. Der Kanzler bat das Parlament dabei um Unterstützung.

Auf Nachfrage Uhligs betonte Scholz, dass klimaneutrales Wirtschaften nur gelinge, „wenn wir mehr Strom einsetzen als heute“. Bis 2045 könne der Strombedarf das Doppelte oder Dreifache betragen, „wenn wir klimaneutral wirtschaften wollen“. Auch Wasserstoff werde gebraucht. Es gehe um Industriepolitik, um den Wohlstand des Landes zu erhalten.

Susanne Ferschl (Die Linke) griff die arbeitsmarktpolitischen Pläne der Regierung auf und sprach von einer „Ausweitung der Minijobs“. Mit einer Dynamisierung der Verdienstgrenzen weite man diese „prekäre Beschäftigungsform“ aus. Minijobber hätten keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld und auf eine „anständige Rente“. Was das mit dem von Scholz beschworenen „Respekt“ zu tun habe, wollte die Abgeordnete wissen.

Der Kanzler bekräftigte, dass die zugesagte Erhöhung des Mindestlohns für zehn Millionen Bürger eine Gehaltserhöhung bringe werde. Am wichtigsten sei, dass gut bezahlte Jobs entstehen, dass die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung attraktiver wird. Viele hätten schon in der Vergangenheit ihre Minijobs verlassen, weil sie besser bezahlte Arbeitsplätze gefunden hätten. (vom/12.01.2022)

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