Befragung der Bundesregierung

Christian Lindner: Lassen Bürger mit steigenden Preisen nicht allein

Entlastungen der Bürgerinnen und Bürger sowie der Wirtschaft angesichts der inflationären Preisentwicklung, die Zukunft der Corona-Steuerhilfen, die Einhaltung des Mindestlohns und die finanzpolitischen Vorhaben auf europäischer Ebene waren einige der Themen, mit denen sich Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) in der Regierungsbefragung im Bundestag am Mittwoch, 16. Februar 2022, konfrontiert sah.

Minister: Deutschland größtes Geberland der Ukraine

In seinem Eingangsstatement hob Lindner hervor, dass Deutschland gemeinsam mit den Partnerländern „mit eiserner Konsequenz“ auf die Verletzung politischer, rechtlicher und territorialer Grenzen durch Russland reagieren würde. Zugleich wies er darauf hin, dass Deutschland größtes Geberland der Ukraine sei.

Was die Preisentwicklung angeht, nannte der Finanzminister als Ziele die Rückkehr zur Schuldenbremse und die Reduzierung der Staatsschuldenquoten in Europa. Kurzfristig sei die Abschaffung der Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG-Umlage) bereits zur Jahresmitte geplant: „Wir werden die Bürgerinnen und Bürger mit den steigenden Preisen nicht allein lassen.“

CDU/CSU-Fragen zu kalter Progression und Pendlerpauschale

Der CSU-Abgeordnete Florian Oßner, Obmann seiner Fraktion im Haushaltsausschuss, brachte die sogenannte kalte Progression ins Spiel, wonach Lohnzuwächse durch die mitwachsende Besteuerung wieder aufgebraucht werden. Lindner sagte, dieser Effekt werde idealerweise durch eine Veränderung des Steuertarifs bekämpft und kündigte dazu einen Vorschlag der Bundesregierung an.

Oßners Fraktionskollege Fritz Güntzler bezeichnete die „kalte Progression“ als „heimliche, nicht legitimierte Steuererhöhung“. Lindner verwies auf den „Progressionsbericht“, der im Herbst vorgelegt werde und auf dessen Grundlage für 2023 über das steuerfreie Existenzminimum, den Verlauf des Steuertarifs und den Regelsatz in der Grundsicherung entschieden werde.

Güntzler hakte nach und wollte von Lindner wissen, ob er für eine Erhöhung der Pendlerpauschale (steuerliche Absetzbarkeit von Fahrten zum Arbeitsplatz) kämpfen werde. Der Minister sagte, er sei offen für eine Erhöhung der Pauschale und verwies auf eine Initiative Niedersachsens im Bundesrat. Ihm gehe es darum, ob die Länder die erwarteten Einnahmenausfälle von 1,7 bis 2,1 Milliarden Euro übernehmen würden.

AfD thematisiert Abschaffung des Solidaritätszuschlags

Der AfD-Abgeordnete Kay Gottschalk sprach eine vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags an: „Das wäre für viele Betriebe eine wirkliche Entlastung.“

Lindner stimmte dem zu: „Der Solidaritätszuschlag ist entbehrlich, er sollte entfallen.“ Allerdings gebe es in der Ampelkoalition keine Mehrheit dafür. Er werde aber weiter für eine Mehrheit kämpfen, versicherte der Finanzminister.

SPD erkundigt sich nach Vorhaben auf EU-Ebene

Johannes Schraps (SPD) richtete den Blick auf die EU-Ebene und erkundigte sich nach der Weiterentwicklung des Stabilitäts- und Wachstumspakts und weiterer Vorhaben. Lindner nannte gleich mehrere Projekte, die in der EU verfolgt würden. Eigene Vorschläge von deutscher Seite werde es für die Mobilisierung privater und öffentlicher Mittel für transformative Vorhaben sowie für einen nachvollziehbaren, verbindlichen Schulden-Abbaupfad geben.

Im Hinblick auf das System der europäischen Einlagensicherung im Kontekt der Bankenunion legte der Finanzminister großen Wert auf die Feststellung, dass es eine starke nationale Komponente geben werde. Deutschland setze sich für ein Rückversicherungsmodell ein und lehne eine Voll-Vergemeinschaftung der Einlagensicherung ab.

Grüne nehmen Corona-Hilfen in den Blick

Dieter Janecek (Bündnis 90/Die Grünen) sprach die Verlängerung der Corona-Finanzhilfen bis 30. Juni. Dazu sagte Lindner, es sei erforderlich, schrittweise auf diese Hilfen zu verzichten. Allerdings gebe es Bereiche wie Kultur und Veranstaltungen, in denen eine schrittweise Anhebung der Hilfen mit befristeter Verlängerung des Kurzarbeitergeldes vertretbar sei.

Janeceks Fraktionskollegin Katharina Beck, stellvertretende Vorsitzende des Finanzausschusses, sicherte der Minister zu, dass die Bundesregierung eine „Sustainable-finance-Strategie“ entwickeln werdeh. Bei öffentlichen Auftragsvergaben achte die Bundesregierung auf Nachhaltigkeit.

FDP spricht geplante Entlastung der Wirtschaft an

Markus Herbrand, FDP-Obmann im Finanzausschuss, ging auf den Regierungsentwurf des vierten Corona-Steuerhilfegesetzes ein, den das Kabinett gerade beschlossen habe. Die angedachte Entlastung um elf Milliarden Euro werde dort helfen, „wo es am Nötigsten ist“.

Lindner sagte, es habe am Referentenentwurf noch Änderungen gegeben und auch in den Fraktionen würden weitere Änderungen vorbereitet. Unter anderem gehe es um die degressive Absetzung für Abnutzung (AfA) bei beweglichen Wirtschaftsgütern. Er werbe gegenüber dem Bundesrat, das Gesetzesvorhaben zu unterstützen. Darüber hinaus kündigte der Minister die Einführung einer „Super-Abschreibung“ als „Hebel“ an, um private Investitionen anzuschieben.

Linke beklagt Nichteinhaltung von Mindestlohn-Vorgaben

Aus Sicht von Victor Perli (Die Linke) bekommen 2,4 Millionen Beschäftigte den ihnen zustehenden Mindestlohn nicht. Er riet dazu, das Personal der Zollverwaltung aufzustocken, um die Einhaltung des Mindestlohns wirksamer kontrollieren zu können.

Lindner betonte, dass die große Mehrheit der Arbeitgeber die Mindestlohn-Vorgaben beachte. Die Bundesregierung werde das Mögliche tun, um die Einhaltung des Mindestlohns zu gewährleisten. (vom/16.02.2022)

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