Deutsch-Französische Parlamentarische Versammlung

Bärbel Bas: Der Ukraine-Konflikt mahnt zur Geschlossenheit

Erstmals hat Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) – gemeinsam mit dem Präsidenten der Assemblée nationale, Richard Ferrand – eine Sitzung der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung (DFPV) eröffnet. In ihren Eingangsworten zu der Veranstaltung am Montag, 21. Februar 2022, betonte Bas, ihr erster Auslandsbesuch als Bundestagspräsidentin führe sie ganz bewusst nach Paris, denn: „Die Zusammenarbeit mit den französischen Abgeordneten liegt uns im Deutschen Bundestag und auch mir persönlich sehr am Herzen.“ Die Sitzung der DFPV finde aber auch in einem Moment höchster Anspannung statt. Das vor kurzem noch unvorstellbare sei inzwischen eine reale Möglichkeit: eine kriegerische Auseinandersetzung mitten in Europa.

Bas: Europas Bilanz kann sich sehen lassen

Der Konflikt in der Ukraine mahne zur Geschlossenheit, sagte die Bundestagspräsidentin. Mit vereinter Kraft versuchten Deutschland und Frankreich alle Möglichkeiten der Diplomatie zu nutzen. Wie wichtig ein abgestimmtes Vorgehen der europäischen Partner ist, habe sich in der Corona-Pandemie gezeigt, sagte Bas. Europas Bilanz könne sich in diesem Feld sehen lassen, befand sie. „Wir haben bewiesen, dass wir zu entschlossenem Handeln und zu europäischer Solidarität fähig sind.“

Daran, so betonte sie, habe auch die Deutsch-Französische Parlamentarische Versammlung einen großen Anteil. Sie habe gezeigt, welche Chance ein institutionalisierter Austausch zwischen Parlamentariern in der Krise bieten könne. Ein ausdrücklicher Dank dafür gebühre ihrem Amtsvorgänger Dr. Wolfgang Schäuble (CDU). Es sei nicht zuletzt seinem persönlichen Einsatz zuzuschreiben, „dass unsere Versammlung zu einer festen Größe unserer deutsch-französischen Zusammenarbeit geworden ist“. Diese erfolgreiche Arbeit fortzusetzen sei ihr ein wichtiges Anliegen, machte die Bundestagspräsidentin deutlich.

Verdienste Wolfgang Schäubles gewürdigt

Ihr französischer Amtskollege Richard Ferrand stellte fest, dass die Deutsch-Französische Parlamentarische Versammlung „wächst und gedeiht“. Das sei auch ein Verdienst Schäubles. Den Dialog gerade in schwierigen Zeiten, wie jenen der Corona-Krise, aufrechtzuerhalten, sei besonders wichtig, sagte der Präsident der Französischen Nationalversammlung.

Das konstante Bemühen um gemeinsame Positionen sei „die Triebfeder unserer Partnerschaft“. Ihm komme gerade im Halbjahr des französischen EU-Ratsvorsitzes eine besondere Bedeutung zu.

Gemeinsame Sitzung zum 60. Jahrestag des Élysée-Vertrages

Einig waren sich Bas und Ferrand auch in ihrer Absicht, den 60. Jahrestag des Élysée-Vertrages am 22. Januar 2023 mit einer gemeinsamen Sitzung von Bundestag und Assemblée nationale zu würdigen. Anspruch der gemeinsamen Sitzung sei es, über die immer wieder stattgefundenen feierlichen Zusammenkünfte der Parlamente hinauszugehen.

„Wir wollen inhaltliche Impulse setzen und die neuartige institutionelle Verbundenheit unserer Häuser zum Ausdruck bringen“, sagte die Bundestagspräsidentin. Gleichzeitig gelte es zu zeigen, dass die deutsch-französische Zusammenarbeit „auch eine Sache der Parlamente ist“.

Befragung von Anna Lührmann und Clément Beaune

Anna Lührmann und Clément Beaune sitzen an einem Tisch hinter Mikrofonen und Lührmann spricht

In der Anhörung haben sich Staatsministerin Anna Lührmann (Bündnis 90/Die Grünen) und der Staatssekretär Clément Beaune (Territoires de Progrès) den Fragen der Abgeordneten gestellt. (Assemblée nationale)

Ein breites Themenfeld erörterten die Mitglieder der DFPV im Anschluss bei einer Fragerunde mit der Staatsministerin für Europa und Klima im Auswärtigen Amt, Dr. Anna Lührmann (Bündnis 90/Die Grünen), und dem Staatssekretär für europäische Angelegenheiten im Ministerium für Europa und auswärtige Angelegenheiten, Clément Beaune (Territoires de Progrès).

Beaune erläuterte einige Schwerpunkte der französischen Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2022. Dabei würden die während der deutschen Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 gesetzten Prioritäten fortgeführt. Das Motto der französischen Ratspräsidentschaft laute Aufschwung, Stärke, Zugehörigkeit, sagte der Staatsminister. Ein Schwerpunkt sei die europäische Souveränität, also die Stärkung der strategischen Autonomie. Außerdem gehe es um die Themen Migration, die Reform des Schengen-Raums, den Westbalkan sowie den europäischen Mindestlohn.

Lührmann: Deutschland und Frankreich als Vorreiter in der Klimapolitik

Ein ganz wichtiger Punkt ist aus Sicht von Staatsministerin Lührmann der Klimaschutz. Das Auswärtige Amt habe die Zuständigkeit für die Klimaaußenpolitik an sich gezogen, „und damit ein klares Zeichen gesetzt, dass für uns die Klimafrage eine zentrale politische Frage für die Zukunft unseres Planeten ist“, sagte sie. Deutschland und Frankreich müssten Vorreiter in der Klimapolitik werden, forderte sie. Es gehe aber auch darum, Menschen „bei der Anpassung an die Klimakrise“ zu helfen.

„Jetzt“ müsse mit der Transformation der Wirtschaft entschieden vorangekommen werden, sagte Lührmann. Hier gebe es sehr viele Möglichkeiten der Kooperation zwischen Deutschland und Frankreich. So etwa beim Ausbau von Wind- und Solarenergieanlagen. Im „Fit for 55“ Paket der EU-Kommission seien dazu viele Vorschläge enthalten. Durch den Ausbau der erneuerbaren Energien, so die Außenamts-Staatssekretärin, könne man unabhängiger von den Preisschwankungen bei fossilen Energieträgern werden. „Dadurch werden wir wirtschaftlich stabiler und souveräner.“

Unterschiedliche Auffassungen zur Atomenergie

Stellung nahmen die beiden Regierungsvertreter auch zur Frage der Atomenergie. Deutschland sei aus der Atomenergie ausgestiegen, weil es klare Bedenken bei der Sicherheit und bei der Entsorgung des Atommülls gebe, sagte Lührmann. In Frankreich werde das anders gesehen. „Ich denke, dass es in Ordnung ist, bei solchen Punkten mal unterschiedlicher Meinung zu sein.“

Einig sei man sich schließlich in dem Ziel, die Klimaziele gemeinsam erreichen zu wollen. Staatssekretär Beaune hielt diese „Unterschiede im Hinblick auf strategische Entscheidungen“ ebenfalls für hinnehmbar. Es sollte aber kein Hinderungsgrund dafür sein, gemeinsam an einem europäischen Rahmen zu arbeiten. „Trotz unterschiedlicher Wege wollen wir 2050 klimaneutral sein“, betonte Beaune.

Nils Schmid leitet DFPV-Vorstand aus dem Bundestag

Die Deutsch-Französische Parlamentarische Versammlung hat während der Sitzung, bei der es zum Abschluss noch eine Debatte zur Zukunft der Europäischen Union gab, auch ihre Vorstandsmitglieder aus dem Bundestag neu gewählt.

Angelika Glöckner (SPD), Dr. Nils Schmid (SPD), Armin Laschet (CDU/CSU), Dr. Volker Ulrich (CDU/CSU), Chantal Kopf (Bündnis 90/Die Grünen), Stefan Wenzel (Bündnis 90/Die Grünen), Michael Link (FDP), Norbert Kleinwächter (AfD) und Klaus Ernst (Die Linke) gehören nun dem Vorstand der DFPV an. Neuer Vorstandsvorsitzender ist Nils Schmid (SPD). (hau/21.02.2022)

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