Aktuelle Stunde

Diskussion über die Lage der ukra­inischen Flüchtlinge

Fast 200.000 Menschen sind bisher aus dem Kriegsgebiet in der Ukraine nach Deutschland geflohen, insgesamt haben bereits mehr als drei Millionen Ukrainer und Ukrainerinnen in den vergangenen drei Wochen das Land verlassen. Die meisten sind in Polen untergekommen, doch das Land ist mittlerweile an seiner Kapazitätsgrenze angelangt. Und so ist zu erwarten, dass die Zahl der ukrainischen Flüchtlinge, die in Deutschland versorgt und untergebracht werden müssen, noch deutlich steigen wird. Es ist ein Thema, das Länder und Kommunen vor große Herausforderungen stellt. Deshalb befasste sich auch der Bundestag am heutigen Donnerstag, 17. März 2022, auf Verlangen der Unionsfraktion in einer Aktuellen Stunde mit dem Thema „Lage der ukrainischen Flüchtlinge – Versorgung, Registrierung und Verteilung organisieren, Teilhabe sicherstellen, Frauen und Kinder besonders schützen“.

CDU/CSU: Für eine sofortige Schutzstrategie

Andrea Lindholz (CDU/CSU) verwies wie fast alle Redner und Rednerinnen auf das überwältigende Engagement der vielen Freiwilligen bei der Versorgung der ukrainischen Flüchtlinge. „Man darf das Ehrenamt aber nicht länger überfordern“, sagte sie. „Um Hilfe zu ermöglichen, braucht es auch staatliche Kontrolle.“

Aber derzeit habe die Bundesregierung ihre Schutzpflichten noch nicht erfüllt, kritisierte sie. Ihre Fraktion fordert deshalb eine „sofortige Schutzstrategie“, zu der eine systematische Registrierung, aber auch Schutzzonen für Frauen und Kinder gehören.

Bundesregierung: Die Zusammenarbeit läuft auf Hochtouren

Reem Alabali-Radovan (SPD), Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, bekräftigte dagegen mit Verweis auf die parallel stattfindende Ministerpräsidentenkonferenz unter Beteiligung der Bundesregierung: Die gemeinsame Koordinierung laufe auf Hochtouren.

Auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge leiste bereits aktive Amtshilfe bei der Registrierung. „Die Länder können sich auf den Bund verlassen“, betonte Alabali-Radovan. Wie Abgeordnete von Grünen, Linken und SPD betonte auch sie, es dürfe keine Flüchtlinge erster und zweiter Klasse geben.

AfD: Kritik an bisheriger Migrationspolitik 

Gottfried Curio (AfD) sagte: „Ja, den wirklich vor Krieg Fliehenden muss geholfen werden.“ Aber wer nehme denen denn derzeit die Kapazitäten weg?, fragte er und ergänzte: „Die Altlasten illegaler Migration verstopfen jetzt das System.“ Er fordert deshalb von der Bundesregierung eine Abschiebeoffensive.

Außerdem kritisierte er die seiner Meinung nach unzureichenden Kontrollen an den Grenzen.

Grüne: Registrierung schon an den Knotenpunkten

Filiz Polat (Bündnis 90/Die Grünen) verwies auf die Aktivierung der Massenzustrom-Richtlinie durch die EU, die es den Flüchtlingen ermögliche, sofort Zugang zu Arbeit, Bildung und Integrationsleistungen zu erhalten. Polat betonte, es müsse nun sichergestellt werden, dass alle Flüchtlinge aus der Ukraine, auch bisher dort lebende Drittstaatsangehörige, all die Zugänge erhalten, die die EU-Richtlinie vorsehe.

Nötig sei die Registrierung der Flüchtlinge schon an den Knotenpunkten und nicht erst in den Erstaufnahmeeinrichtungen, forderte sie.

Linke: Doppelmoral in der Flüchtlingspolitik

Clara Bünger (Die Linke) betonte, die aktuelle Hilfsbereitschaft in der EU zeige, wie eine solidarische Flüchtlingspolitik aussehe, wenn der politische Wille da ist. Gleichzeitig gehe aber die Abschottungspolitik an den EU-Außengrenzen, auch durch polnische Sicherheitsbehörden, weiter, wenn es sich um Menschen aus Drittstaaten handele.

„Es gibt eine Doppelmoral im Umgang mit Flüchtlingen, die Ausdruck eines tief sitzenden Rassismus ist“, stellte Bünger fest.

FDP: Gerechte Verteilung innerhalb der EU

Stephan Thomae (FDP) sagte, die Freiwilligkeit stoße an Grenzen, man dürfe sich darauf nicht verlassen. Deshalb habe die Bundesregierung gestern den Königsteiner Schlüssel zur Verteilung der Flüchtlinge auf die Bundesländer aktiviert.

Nötig sei aber auch eine gerechte Verteilung in der EU insgesamt, so Thomae. Auch er verwies auf die Notwendigkeit einer genauen Registrierung, nur so könnten dann auch die nötigen Hilfsangebote angestoßen werden.

SPD: Es darf keine Schutzlücken geben

Gülistan Yüksel (SPD) betonte, was jetzt zähle, sei schnelle, unbürokratische Hilfe, damit die Vorgaben der Massenzustrom-Richtlinie der EU zügig umgesetzt werden könnten. Auch sie verwies darauf, dass der Bund jetzt schon mit Bussen bei der Verteilung der Flüchtlinge im Bundesgebiet aktiv unterstütze, ebenso wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.

„Es dürfen keine Schutzlücken für gefährdete Menschen entstehen“, sagte sie.
(che/17.03.2022)

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