Parlament

Abschließende Beratungen ohne Aussprache

Ohne Debatte hat der Bundestag am Donnerstag, 7. April 2022, über eine Reihe von Vorlagen abgestimmt:

Bundestagswahl 2021: Mit den Stimmen aller Fraktionen bei Einhaltung der AfD haben die Abgeordneten Beschlussempfehlungen des Wahlprüfungsausschusses (20/1100) zu Einsprüchen anlässlich der Wahl zum 20. Deutschen Bundestag am 26. September 2021 angenommen. Darin wurde die Zurückweisung von 238 Wahleinsprüchen wegen Unzulässigkeit beziehungsweise wegen Unbegründetheit gefordert. Gemäß Artikel 41 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes ist die Wahlprüfung Sache des Deutschen Bundestages. Dieser habe nach den Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes auf der Grundlage von Beschlussempfehlungen des Wahlprüfungsausschusses über die Einsprüche anlässlich der Wahl zum 20. Deutschen Bundestag zu entscheiden. Insgesamt seien 2115 Wahleinsprüche eingegangen. Die Beschlussempfehlungen zu den weiteren Einsprüchen werde der Wahlprüfungsausschuss nach dem Abschluss seiner Beratungen vorlegen.

Vorlagen aus früheren Wahlperioden: Einstimmung nahm der Bundestag einen gemeinsam von den Fraktionen SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, AfD und Die Linke vorgelegten Antrag zur erneuten Überweisung von Vorlagen aus früheren Wahlperioden (20/1207) an. Darin sind auf 16 Seiten Drucksachen aufgezählt, die erneut an die jeweils federführenden Ausschüsse zur Beratung überwiesen werden sollen.

Corona: Gegen die Stimmen der Antragsteller lehnte der Bundestag einen AfD-Antrag mit dem Titel „Tag der Freiheit auch im Bundestag“ ab (20/1348). Darin forderte die Fraktion, den Paragrafen 126a in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zu streichen. Der zu Beginn der Coronapandemie aufgenommene Paragraf regelt die besondere Anwendung der Geschäftsordnung aufgrund der allgemeinen Beeinträchtigung durch Covid-19. Wie die Antragsteller schrieben, wurde er eingeführt, um die Arbeitsfähigkeit des Parlaments zu erhalten. Aus Sicht der AfD ist die Notwendigkeit der Maßnahmen jedoch nicht mehr gegeben. 

Petitionen: Darüber hinaus stimmte das Parlament zehn Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses zu Petitionen zu, die beim Bundestag eingegangen und vom Petitionsausschuss beraten worden waren. Es handelte sich um die Sammelübersichten 63 bis 72 (20/113420/113520/113620/113720/113820/113920/114020/114120/114220/1143). 

Persönlichkeitsschutz bei Beantragung einer Psychotherapie

Darunter befand sich auch eine Petition mit der Forderung, den Daten- und Persönlichkeitsschutz beihilfeberechtigter volljähriger Kinder und weiterer Familienangehöriger im Rahmen der Psychotherapie sowie in allen anderen fachmedizinischen Bereichen zu verbessern. Aus Sicht der Petenten ist der Persönlichkeitsschutz im Beihilferecht derzeit nicht ausreichend geregelt.

Als Beleg dafür wurde in der Petition eine Situation angeführt, in der eine beihilfeberechtigte volljährige Patientin im Rahmen des Erstgespräches eine psychotherapeutische Behandlung wünscht. Ihr Vater, als Beamter der primär Beihilfeberechtigte, würde in dem Fall über die Rechnungsstellung des Psychotherapeuten von einer Psychotherapie seiner Tochter erfahren. In einem konkreten Fall habe die betreffende Patientin aufgrund der ohnehin schwierigen familiären Situation deshalb eine Psychotherapie abgelehnt, schrieben die Petenten. Sie forderten daher eine Regelung, wodurch der Persönlichkeitsschutz von volljährigen Familienmitgliedern gegeben ist und eine Information an den primär Beihilfeberechtigten „obsolet wird“.

Zweithöchstes Überweisungsvotum „zur Erwägung“

Die in der Sitzung des Petitionsausschusses am Mittwoch, 23. März 2022, einstimmig verabschiedete Beschlussempfehlung an den Bundestag sah vor, die Petition dem Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) mit dem zweithöchsten Votum „zur Erwägung“ zu überweisen, „soweit es um die Vereinfachung des eigenen Zugangs von Angehörigen zur Beihilfe im Rahmen des Paragrafen 51 Absatz 7 der Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) geht“ und das Petitionsverfahren „im Übrigen abzuschließen“.

Den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses zu Folge bedeutet dies, dass die Petition „Anlass zu einem Ersuchen an die Bundesregierung gibt, das Anliegen noch einmal zu überprüfen und nach Möglichkeiten der Abhilfe zu suchen“.

Regierung sah bislang keinen Bedarf nach Änderung des Beihilferechts des Bundes

In der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung verwies der Petitionsausschuss auf eine Stellungnahme der Bundesregierung, wonach es zur Lösung der mit der Petition aufgezeigten Problematik keiner Änderung des Beihilferechts des Bundes bedürfe. Schon jetzt könne die Festsetzungsstelle zur Vermeidung unbilliger Härten „nach vorheriger Anhörung der oder des Beihilfeberechtigten“ zulassen, „dass berücksichtigungsfähige Angehörige oder deren gesetzliche Vertreterinnen oder Vertreter ohne Zustimmung der oder des Beihilfeberechtigten die Beihilfe selbst beantragen“.

Nach Auffassung des BMI sei eine Anhörung aus Rechtsgründen notwendig, „da das Recht auf Beihilfe ein höchstpersönliches Recht der im Beamtenverhältnis stehenden Person darstellt“, hieß es in der Vorlage.

Ausschuss hält geltende Rechtslage für nicht angemessen

Nach Auffassung des Petitionsausschusses kann jedoch durch die vorgesehene vorherige Anhörung des Beihilfeberechtigten das allgemeine Persönlichkeitsrecht des berücksichtigungsfähigen Angehörigen möglicherweise dadurch verletzt werden, dass der Beihilfeberechtigte Kenntnis von der Art der Behandlung erhalten kann. Im oben geschilderten Fall möchte die volljährige berücksichtigungsfähige Tochter nicht, dass ihr beihilfeberechtigter Vater von der geplanten psychotherapeutischen Behandlung erfährt, da die familiäre Situation ohnehin angespannt ist. 

Die Gewährleistung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung ist aus Sicht der Abgeordneten ein sehr wichtiges Anliegen. Der Petitionsausschuss hält vor diesem Hintergrund die derzeit geltende Rechtslage für nicht angemessen und sieht gesetzgeberischen Handlungsbedarf im Hinblick auf die Vereinfachung des eigenständigen Antragsrechts von Angehörigen der beihilfeberechtigten Person im Rahmen des Paragrafen 51 Absatz 7 BBhV.

(hau/irs/07.04.2022)

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