Aktuelle Stunde

CDU/CSU-Fraktion fordert Änderung des agrar­politischen Kurses

Auch auf die weltweiten Agrarmärkte schlägt der Ukraine-Krieg durch. Vor allem in Entwicklungsländern drohen Hungersnöte, in Europa steigen die Nahrungsmittelpreise stark an, ein Ende der Preisspirale ist laut Experten noch nicht erreicht. Müssten angesichts dieser Lage Landwirte in Deutschland nicht mehr Lebensmittel anbauen? Auf Verlangen der CDU/CSU-Fraktion hat der Bundestag am Mittwoch, 11. Mai 2022, in einer Aktuellen Stunde über das Thema „Hunger vermeiden - Mehr Lebensmittel produzieren statt Ackerflächen stilllegen“.

CDU/CSU: Mehr Nahrungsmittel produzieren

Steffen Bilger (CDU/CSU) forderte, angesichts der Lage den agrarpolitischen Kurs zu korrigieren. „Ihre grüne Agrarpolitik ist nicht mehrheitsfähig, nicht in Deutschland, nicht in Europa und auch nicht weltweit“, rief Bilger Bundesagrarminister Cem Özdemir (Bündnis 90 / Die Grünen) zu, der an der Aktuellen Stunde teilnahm.

Wenn Özdemir am Wochenende mit den G7-Agrarministern zusammenkomme, dann könne aus dem Treffen nur eine Botschaft hervorgehen: „Mehr Nahrungsmittel produzieren“, so Bilger. Außer bei der Bundesregierung sei in den EU-Ländern angekommen, dass es eine Neubewertung brauche.

Minister: Die GAP 2023 nicht in Frage stellen

Minister Cem Özdemir reagierte auf die Vorwürfe. „Beim G7-Treffen werden wir darüber beraten, wie wir die Ukraine unterstützen können und wie wir den weltweiten Hunger vermeiden können“, sagte Özdemir. Sein ukrainischer Amtskollege Mykola Solski werde in Stuttgart mit dabei sein. Mit Blick auf die Agrarpolitik betonte der Minister, „alte Sprechzettel bringen nichts, der Blick sollte nach vorne gerichtet werden“. Er gab an, dass er die GAP 2023 nicht in Frage stelle wolle, sondern „die neuen Regeln zum Fruchtwechsel lediglich auf 2024 geschoben habe“.

Der Bundesagrarminister hatte am Mittwoch eine Initiative zur Bekämpfung weltweiter Hungersnöte infolge des Kriegs in der Ukraine bekanntgegeben. Kern des Vorschlages sei, die EU-Regeln für den Anbau von Weizen auszusetzen. Konkret geht es dabei um die EU-Vorschriften für die sogenannte Fruchtfolge, die von 2023 an eigentlich einen regelmäßigen Wechsel im Anbau vorsehen. Ein Anbau, bei dem auf Weizen als Hauptkultur erneut Weizen folgt, wäre so schon bei der diesjährigen Herbstaussaat nicht mehr möglich gewesen. Die Bauern wären stattdessen gezwungen, Raps, Mais oder andere Fürchte anzubauen.

SPD: Landwirtschaft an den Klimawandel anpassen

Unterstützung bekam Minister Özdemir von Franziska Kersten (SPD), auch sie sprach sich dafür aus, die GAP nicht aufzuweichen. „Die Landwirtschaft muss sich an den Klimawandel anpassen, wir brauchen resilientere Ökosysteme“, sagte Kersten.

Ein kurzfristiges Produzieren um jeden Preis sei nicht der richtige Weg, zumal die nun zur Debatte stehenden Brachflächen nicht sonderlich ertragreich seien. Der Fruchtwechsel hingegen unterstütze die Bodenqualität.

FDP: Wir brauchen Technologie und Ökologie

Carina Konrad (FDP) sprach sich zwar für die Ausweitung der Produktion aus, jedoch mit „neuen Technologien, die Landwirte unabhängiger von Dünger, Klimawandel und Ereignissen wie derzeit der Krieg in der Ukraine machen“.

Die Debatten um ein „Entweder oder“ müsse aufhören, „wir brauchen Technologie und Ökologie“, sagte Konrad.

AfD: Bäuerliche Familienbetriebe stärker entlasten

Stephan Protschka (AfD) sieht die EU-Länder und Deutschland in Verantwortung, „ärmere Länder mit Getreidelieferungen zu unterstützen“, das könne nur realisiert werden, indem „mehr produziert wird“. Sollten die ökologischen Vorrangflächen für den Weizenanbau genutzt werden, könnten alleine in Deutschland damit zwei Millionen Tonnen Weizen zusätzlich produziert werden.

Die Preise für Nahrungsmittel seien nicht erst seit dem 24. Februar 2022 gestiegen, sondern bereits seit Mitte 2021 durch die Inflation. Auch in Deutschland könnten sich „breite Teile der Bevölkerung die Lebensmittelpreise nicht mehr leisten“, auch deshalb forderte Protschka, „bäuerliche Familienbetriebe stärker zu entlasten“.

Linke: Kein Mengen-, sondern ein Verteilungsproblem

Ina Latendorf (Die Linke) ist der Ansicht, dass es in Bezug auf Lebensmittel „kein Mengen-, sondern ein Verteilungsproblem gibt“, deshalb sei der Weg, immer mehr anzubauen, falsch. Die Ursachen für den Hunger in Entwicklungsländern seien bekannt, „sie liegen in der Art des Wirtschaftens, bei der Spekulation mit Nahrungsmitteln und bei der Exportpolitik“, kritisierte Latendorf.

Die Aktuelle Stunde zeige einmal mehr, dass die Unions-Fraktion und der Bauernverband die gleichen Forderungen hätten und dass beide auf dem Status Quo verharren würden, anstatt „eine umweltverträgliche und soziale Landwirtschaft anzustoßen“, so die Abgeordnete. (nki/11.05.2022)

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