Menschenrechte

Julian Pahlke hilft vietnamesischem Umwelt­aktivisten

Julian Pahlke, Bündnis 90/Die Grünen, aufgenommen im Rahmen des Programms 'Parlamentarier schützen Parlamentarier’ in Berlin.

Der Grünen-Abgeordnete Julian Pahlke macht sich für einen Umweltaktivisten und Menschenrechtsverteidiger aus Vietnam stark. (DBT/photothek/Florian Gaertner)

Julian Pahlke, 30, (Bündnis 90/Die Grünen) ist eines der neuen Gesichter im Deutschen Bundestag. Sich weltweit für den Klimaschutz und die Menschenrechte einzusetzen sowie für diejenigen, die diese auch unter schwierigen persönlichen Bedingungen verteidigen, gehört zu seinem Selbstverständnis als Abgeordneter. Bei Antritt seines Mandats war für ihn klar, sich im Patenschaftsprogramm des Bundestages „Parlamentarier schützen Parlamentarier“  (PsP) zu engagieren. Er übernahm eine Patenschaft für den vietnamesischen Umweltaktivisten und Menschenrechtsverteidiger Hoàng Đức Bình.

Wegen seiner Berichterstattung über eine von einer Stahlfirma ausgelöste Umweltkatastrophe an der vietnamesischen Küste war Hoàng Đức Bình im Mai 2017 verhaftet und angeklagt worden. Die offizielle Begründung: „Widerstand gegen Personen in Ausübung eines öffentlichen Amtes“ und „Missbrauch demokratischer Rechte zur Schädigung staatlicher Interessen“. Im August desselben Jahres wurde die Anklage um „Zerstörung oder absichtliche Beschädigung von Eigentum“ erweitert und Bình zu 14 Jahren Haft verurteilt, allem voran weil er einen Protestmarsch gegen die taiwanesische Stahlfirma Formosa im Internet gestreamt hatte. Menschenrechtsorganisationen berichteten darüber. Hoàng Đức Bình war in der vergangenen Wahlperiode auf Initiative der damaligen Abgeordneten Margarete Bause (Bündnis 90/Die Grünen) in das Patenschaftsprogramm aufgenommen worden.

„Umweltschutz ist kein Verbrechen“

Mit der Patenschaft hat Pahlke von seiner Parteikollegin auch die Ziele dieses Engagements übernommen: „Als Pate werde ich Bình bis zu seiner Freilassung und Rehabilitierung unterstützen“, so der Abgeordnete. Er fordert die vietnamesische Regierung auf, Hoàng Đức Bình „sofort und bedingungslos freizulassen“. Der Umweltaktivist verbringe mittlerweile das fünfte Jahr im Gefängnis, gibt Pahlke zu bedenken, „eine lange Zeit, die an niemandem spurlos vorbeigeht“.

„Umweltschutz ist kein Verbrechen“ unterstreicht Pahlke das Credo seiner Vorgängerin. Er verspüre viel Sympathie für das Engagement von Bình. Aktivistinnen und Aktivisten, die sich für Umweltthemen einsetzten, seien von großer Relevanz. Auch wenn es um eine Umweltkatastrophe in Vietnam, weit weg von Deutschland gehe. „Am Ende hängt es alles zusammen und es gibt eine Kette der Verantwortlichkeit. Die Klimakrise und Umweltprobleme machen nicht an Landesgrenzen halt.“

„Wenn wir daran etwas ändern wollen, müssen wir das Engagement solcher Leute überall auf der Welt unterstützen und eine mündige Zivilgesellschaft in allen Ländern fördern, die sich für den Erhalt guter Lebensbedingungen für alle einsetzt“, stellt Pahlke seine Hilfe für Bình in einen größeren Zusammenhang. „Ich sehe mich in der Pflicht, so einen Fall im Auge zu behalten und zu unterstützen.“

Inhaftierte Aktivisten nicht vergessen

Bình sei einer von zahlreichen politischen Häftlingen in Vietnam, die unter vorgeschobener Begründung angeklagt und unter unmenschlichen Bedingungen inhaftiert worden seien. Wie im Fall von Bình gehe es auch darum, dass inhaftierte Aktivistinnen und Aktivisten, die sich für Menschenrechte und Umweltschutz einsetzen, und dafür hart und unnachgiebig verfolgt würden, nicht in Vergessenheit gerieten.

Das PsP-Programm versuche daher nicht nur den Betroffenen Mut zu machen, sondern sei auch ein Instrument, um Aufmerksamkeit zu erzeugen und ein Druckmittel auf die Verantwortlichen vor Ort, das den Betroffenen einen gewissen Schutz vor ihren Verfolgern biete. „Ich versuche auch in der vietnamesischen Öffentlichkeit über das Schicksal von Bình zu reden und Medien zu gewinnen, darüber zu berichten“, erzählt Pahlke, „um den Fall dort sichtbar zu machen“. Dabei stoße er auf eine rege Presseresonanz. „Es gibt eine Öffentlichkeit für diesen Fall und ähnliche in Vietnam.“

UN rügt Richterspruch als willkürlich

Um die Regierung in Hanoi zum Einlenken zu bewegen und diese von seiner Übernahme der Patenschaft zu informieren, hat Pahlke an die vietnamesische Botschaft geschrieben. „Ich habe die vietnamesische Regierung aufgefordert, Hoàng Đức Bình unverzüglich und bedingungslos freizulassen und die Mindestgrundsätze der Vereinten Nationen für die Behandlung der Gefangenen, die sogenannten Nelson-Mandela-Regeln, zu achten.“ Nicht nur Pahlke findet, dass der Richterspruch gegen Bình rein politisch motiviert ist. Menschenrechtsorganisationen hätten bereits angeprangert, dass das gesamte Verfahren, von der Anklage über das Urteil bis zu den Haftbedingungen, gegen UN-Konventionen verstößt. Und auch seitens der Vereinten Nationen selbst, durch die Arbeitsgruppe gegen willkürliche Inhaftierungen (Working Group on Arbitrary Detention), war die Inhaftierung Bìnhs als willkürlich gerügt worden.

Vietnam müsse seinen menschenrechtlichen Verpflichtungen nachkommen, fordert Pahlke. Das gelte auch für die Achtung des Rechts auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit, das im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte verankert ist. Die Verurteilung Binhs sei damit nicht vereinbar, unterstreicht Pahlke, der als ordentliches Mitglied dem Europa- und dem Innenausschuss, sowie als stellvertretendes Mitglied dem Menschenrechtsausschuss angehört.

Pahlke fordert bessere Haftbedingungen

Abgesehen von der grundsätzlichen Forderung einer bedingungslosen Freilassung gehe es ihm vor allem um bessere Haftbedingungen. Bình sei, wie viele politische Häftlinge in Vietnam, in einer Haftanstalt weit entfernt von seiner Familie untergebracht. Kontakt zu den Angehörigen sei nur sehr eingeschränkt möglich. Weil er sich geweigert habe, die vorgeschriebene Häftlingskleidung zu tragen, seien weitere Repressionen gegen ihn verhängt worden. Bính klage seit langem über gesundheitliche Probleme und erhalte offenbar keine angemessene medizinische Behandlung. Die Haftsituation komme einer vollständigen Isolation gleich.

Für dessen Familie sei all das schwer erträglich. „Der Umgang mit Bình verletzt zutiefst rechtsstaatliche Grundsätze“, stellt Pahlke fest. Er kritisiere mit aller Deutlichkeit, dass das staatliche System Vietnams Oppositionelle und Menschenrechtsverteidiger wie Bình mit Repressionen überziehe und über Jahre im Gefängnis verschwinden lasse.

Schwierige Kommunikation

Zu dem vietnamesischen Aktivisten bestünden nur ganz wenige Kontaktmöglichkeiten, erzählt Pahlke. „Der Austausch mit Bình ist äußerst schwierig. Es tun sich lediglich indirekte Kanäle zu ihm auf.“ Telefonate seien nur selten möglich und dann zeitlich extrem begrenzt. Briefe würden offenbar regelmäßig abgefangen. Über die Menschenrechtsorganisation Veto! stehe er mit dessen Familie in Kontakt. Unter anderem auf diesem Weg erhalte er regelmäßig Informationen über den Zustand Bìnhs. Bình wisse mittlerweile, dass er als deutscher Parlamentarier die Patenschaft übernommen habe, erzählt Pahlke. Aktuelle Informationen bekomme er außerdem über das Auswärtige Amt und die deutsche Botschaft vor Ort.

Er werde hartnäckig an der Sache dran bleiben, gibt sich der norddeutsche Abgeordnete von der Küste kämpferisch, der in den vergangenen Jahren auch in der zivilen Seenotrettung auf dem Mittelmeer aktiv war. In solchen Fällen gelte es, ganz dicke Bretter zu bohren. Es gehöre für ihn zum Selbstverständnis des Mandats, seine „privilegierte Position als Bundestagsabgeordneter, mit dieser Freiheit und diesem Schutz“, zu nutzen, solche Themen und Fälle anzusprechen, und Menschenrechtsverteidiger wie Bình zu unterstützen. (ll/27.07.2022)

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