Befragung der Bundesregierung

Paus kündigt weitere Verbesserungen beim Wohngeld an

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) hat in der Regierungsbefragung des Bundestages am Mittwoch, 28. September 2022, eine weitere Erhöhung und Verbreiterung des Wohngeldanspruchs verkündet. Das Bundeskabinett habe gerade beschlossen, dass zwei Millionen Haushalte bezugsberechtigt sein werden und auch der Heizkostenzuschuss deutlich erhöht werden solle.

Die Ministerin sprach von einem weiteren Baustein zur Armutsvermeidung in Deutschland. Außerdem befinde sich ein Demokratieförderungsgesetz in der Ressortabstimmung.

Kinderarmut in Deutschland

Die Linken-Abgeordnete Heidi Reichinnek sagte, die Schlangen vor den Tafeln würden immer länger, die Armutsquote von Kindern in Deutschland steige. Ob die Kindergelderhöhung und der Kindersofortzuschlag ausreichen, bis die im Koalitionsvertrag vereinbarte Kindergrundsicherung verabschiedet ist, wollte sie von Paus wissen. 

Die Ministerin erinnerte an die Gelder, die in den Entlastungspaketen, mit der Energiepreispauschale und durch die Wohngeldreform bereitgestellt würden. Die Regierung habe bereits „Etliches auf den Weg gebracht“. Zur Frage Reichinneks, ob die Kindergrundsicherung die Bedarfe der Kinder und Jugendlichen deckt, sagte sie, dies sei der Anspruch: „Wir sind in Beratungen.“

„Gesamtpaket für Kinder und Familien“

Die CDU-Abgeordnete Mareike Lotte Wulf wollte wissen, wie sichergestellt werden kann, dass das Geld für die Bedarfe der Kinder bei diesen auch ankommt und nicht im allgemeinen Haushalt „untergeht“. Kinderarmut sei eine Schande, entgegnete Paus: „Wir reden davon, dass die Kühlschränke leer sind.“ Auf die Nachfrage Wulfs nach der Zukunft des von einer unionsgeführten Bundesregierung eingeführten Bildungs- und Teilhabepakets antwortete die Ministerin, dieses solle in die Kindergrundsicherung überführt werden. Dieses „bürokratische Monster“ fortzuführen, halte sie nicht für sinnvoll. 

Gegenüber der CSU-Abgeordneten Dorothee Bär, die wissen wollte, was die Regierung für kinderreiche Familien tue, verwies Paus die Erhöhungen beim Kindergeld und beim Kinderzuschlag  und auf die Möglichkeit, Wohngeldanträge zu stellen: „Es gibt ein großes Gesamtpaket für Kinder und Familien.“ Bär erkundigte sich zudem nach Hilfen für Familien, die Wohneigentum anschaffen wollen. „Ich habe Verständnis für alle, die sich ein Nest bauen wollen“, sagte Paus, um hinzuzufügen, dass man sich jetzt auf die konzentrieren wolle, die „mit dem Rücken zur Wand stehen“ und ihre Miete nicht mehr bezahlen können. 

„Explosion der Energie- und Lebensmittelkosten“

Die „Explosion der Energie- und Lebensmittelkosten“ machte Mariana Iris Harder-Kühnel (AfD) zum Thema. Die „Mini-Erhöhungen“ der Ministerin würden durch diese Kosten um ein Mehrfaches aufgebraucht. 
Paus erwiderte, die Entwicklung bei den Energiepreisen werde durch zusätzliche Entwicklungen abgedeckt. Sie zeigte sich zuversichtlich, dass Familien mit weniger Geld gut über den Winter kommen. Anfang 2023 sollen Eckpunkte für die geplante Kindergrundsicherung vorliegen, zum vierten Quartal 2023 dann ein Gesetzentwurf, sodass sie ab 2025 ausgezahlt werden könnte.

Digitale Antragsverfahren

Nico Tippelt (FDP) erkundigte sich, ob für die Anträge auf Kindergeld, Mutterschaftsgeld oder die Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht ein digitales Antragsverfahren entwickelt werden könnte. 

Paus sagte, die Kindergrundsicherung werde solche Leistungen zusammenführen, die Auszahlung solle digital erfolgen, damit „alle die Leistung bekommen, die sie brauchen“. Die technische Umsetzung beginne nicht erst im Gesetzgebungsverfahren, sondern die Arbeiten dazu liefen parallel.

Speicherung von IP-Adressen

Die Unionsabgeordneten Christoph de Vries und Silvia Breher sowie die Grünen-Abgeordnete Dr. Irene Mihalic erkundigten sich nach der Speicherung von IP-Adressen nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs. De Vries sagte, man müsse den Ermittlungsbehörden diese Adressen verfügbar machen, um Fälle von Kindesmissbrauch aufzuklären. 

Es brauche eine Regelung auf europäischer Ebene, entgegnete die Ministerin. Sie betonte, der Kinderschutz habe absolute Priorität, und man befinde sich in Gesprächen. Eine „anlasslose Massenüberwachung“ könne es im Chat-Bereich aber nicht geben. Sie warb dafür, dass die Unternehmen Fälle nicht nur melden, sondern direkt löschen.

Handlungsbedarf bei „Gehsteig-Belästigungen“

Josephine Ortleb (SPD) fragte nach den sogenannten „Gehsteig-Belästigungen“, bei denen Frauen, die Schwangerschaftsberatungsstellen aufsuchen wollen, davor auf der Straße von Abtreibungsgegnern angesprochen und belästigt würden. 

Hier sieht die Ministerin nach eigenen Worten Handlungsbedarf. Es gehe darum, diese Vorfälle als Ordnungswidrigkeiten einzustufen und sie von der Ausübung der Demonstrationsfreiheit abzugrenzen. Noch in diesem Jahr sei mit einer gesetzlichen Regelung zu rechnen. Auf eine Frage von Katja Mast (SPD) sagte sie, im Gesetzgebungsverfahren werde es auch darum gehen, Mindestabstände zu klären, die von den Abtreibungsgegnern eingehalten werden müssen. 

Expertenkommission zum Paragrafen 218

Paus fügte hinzu, in der Frage des Paragrafen 218 des Strafgesetzbuches werde eine Expertenkommission eingesetzt. Aus Sicht der Ministerin sollte der Abtreibungsparagraf aus dem Strafgesetzbuch herausgenommen werden. Die Kommission werde sich auch mit Leihmutterschaft und Eizellenspende befassen. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas erteilte in diesem Zusammenhang der AfD-Abgeordneten Beatrix von Storch für den Zwischenruf „Kindermörder“ einen Ordnungsruf.

Die Grünen-Abgeordnete Ulle Schauws erkundigte sich nach geschlechtsspezifischer Gewalt und forderte, die Istanbul-Konvention müsse vorbehaltlos gelten. Diese sei entscheidend für den Schutz, bestätigte Paus und kündige eine bundesgesetzliche Regelung zur Absicherung des Schutzes gegen geschlechtsspezifische und häusliche Gewalt an. (vom/28.09.2022)

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