Befragung der Bundesregierung

Minister Karl Lauterbach will Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit

Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD) misst dem Vorhaben, ein Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit einzurichten, hohe Bedeutung bei. In der Regierungsbefragung des Bundestages am Mittwoch, 12. Oktober 2022, sagte der Minister auf eine Frage des Abgeordneten Johannes Wagner (Bündnis 90/Die Grünen), eine solche Einrichtung werde für das nächste Jahr geplant, ein erster Entwurf könnte noch in diesem Jahr vorliegen.

„Unabkömmlicher Baustein für die Prävention“

Für die Stärkung der Vorbeugemedizin wäre ein solches Institut ein Segen, ein unabkömmlicher Baustein für die Prävention, „die wir uns wünschen“,  so der Minister. Einen Stellenplan für dieses Institut, nach dem die Abgeordnete Emmi Zeulner (CDU/CSU) gefragt hatte, könne er noch nicht vortragen, sagte Lauterbach. Aus seiner Sicht ist es ein Problem, ein solches Institut noch nicht zu haben. Durch Vorsorgeleistungen könnte nach seiner Einschätzung sehr viel Geld eingespart werden.

Auf eine Nachfrage Zeulners räumte Lauterbach ein, dass die Studierenden in der akademischen Pflege auf ihren Kosten sitzen blieben. Man sei dabei, sich eine Lösung zu überlegen, bei der die Studierenden nicht schlechter gestellt werden als die Auszubildenden. Dem öffentlichen Gesundheitsdienst müsse geholfen werden bei der Vorbereitung von Lehre und Fortbildung und der Möglichkeit, „sich zu akademisieren“, sagte der Minister. Es gebe das Problem, dass die Gesundheitsämter wenig koordiniert seien. Es gebe keine einheitliche Software und keine einheitlichen Fortbildungsrichtlinien, was ihnen aber nicht vorzuwerfen sei.

Spritkosten der ambulanten Pflegedienste

Zeulner erkundigte sich auch nach den ambulanten Pflegediensten im ländlichen Raum, die unter hohen Spritpreisen litten. Lauterbach sagte, es sei geplant, die Verträge kurzfristiger anzupassen. Es müsse gewährleistet sein, dass die Mehrkosten an die Pflegekassen weitergegeben werden können. Bei der stationären Versorgung decke die Wohngeldreform die Pflegekosten mit ab. Für die ambulanten Pflegedienste seien ähnliche Regelung in Vorbereitung.

Eine Verkürzung von Pflegeleistungen durch den Pflegedienst sei einseitig nicht erlaubt und ihm auch nicht bekannt, teilte der Minister dem AfD-Abgeordneten Martin Reichardt auf dessen Frage mit. Er gehe weder im stationären noch im ambulanten Bereich von einem Absinken der Pflegequalität aus, betonte der Minister.

Minister appelliert an die Bundesländer

Lauterbach sagte eingangs, auf die bevorstehende Herbst-Winter-Coronawelle sei man sehr gut vorbereitet, es seien Impfstoffe für alle Varianten beschafft worden. Anhand eines „Pandemie-Radars“ könnten die Länder erkennen, wie die Situation ist, um dann entsprechend reagieren zu können. Der Minister appellierte an die Bundesländer, ihre Verantwortung angesichts stark steigender Fallzahlen wahrzunehmen.

Die Krankenhäuser seien mit stark steigenden Energiekosten konfrontiert. Darauf reagiere die Bundesregierung mit ihrem 200-Milliarden-Euro-Paket, um die Länder in die Lage zu versetzen, die Krankenhäuser zu unterstützen. Die Finanzlücke in der gesetzlichen Krankenversicherung von 17 Milliarden Euro werde ausgeglichen. Lauterbach wies zudem auf zwölf Gesetzesprojekte aus seinem Ministerium hin, etwa zur Legalisierung von Cannabis und zur Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung.

„System der Fallpauschalen überwinden“

Der Abgeordnete Tino Sorge (CDU/CSU) hielt dem Minister vor, nichts dagegen zu unternehmen, dass Kliniken und Arztpraxen in ihrer Existenz gefährdet seien. Lauterbach kündigte an, in allen drei Bereichen Gas, Strom und Inflation würden die Kosten nach einem Fahrplan gebremst, davon profitierten auch die Krankenhäuser. Der Abgeordnete Erich Irlstorfer (CDU/CSU) wollte wissen, wie Lauterbachs Rettungsschirm aussieht und wann er kommt. Der Minister berichtete, die Gespräche mit den Ländern hätten begonnen.

Dem Abgeordneten Ates Gürpinar (Die Linke) antwortete Lauterbach, in der Kinderheilkunde, aber auch insgesamt wolle er das System der Fallpauschalen überwinden. Künftig solle es Vorhaltepauschalen geben. Saskia Weishaupt (Bündnis 90/Die Grünen) fragte nach der Verbesserung der Geburtsvorsorge. Der Minister erklärte, man arbeite an Modellen mit auskömmlichen Zuschlägen. Die Geburtshilfe solle unabhängig von der Zahl der Geburten gewährleistet sein.

„Corona-Impfstoffe sind sicher“

Die Corona-Impfstoffe seien sicher, erwiderte Lauterbach den AfD-Abgeordneten Martin Sichert und Beatrix von Storch, weil sie, nachdem sie getestet wurden, an sehr vielen Menschen eingesetzt worden seien. Ob die einrichtungsbezogene Impfpflicht verlängert wird oder ausläuft, mache man vom Verlauf der Herbst-Winter-Welle abhängig, so der Minister auf eine Frage der AfD-Abgeordneten Dr. Christina  Baum. Baum verlangte vom Minister eine Entschuldigung, weil darauf vertraut worden sei, dass Impfstoffe keine gesundheitlichen Schäden nach sich ziehen. Der Minister verlangte seinerseits von der Abgeordneten eine Entschuldigung, denn die Menschen stürben, weil sie nicht geimpft gewesen seien.

Der SPD-Abgeordneten Heike Baehrens entgegnete der Minister, die Länder machten zum Teil schwer nachvollziehbare Vorschläge öffentlich. Manche würden „mit dem Maßkrug in der Hand“ vorgetragen. Die Länder sollten prüfen, wann der optimale Zeitpunkt für Maßnahmen sei. Er hoffe auf gute Zusammenarbeit mit den Ländern beim besseren Schließen von Impflücken in den Pflegeeinrichtungen. 

Expertenkommission zur Pflege-Finanzreform

Der FDP-Abgeordneten Nicole Westig, die nach der Reform der gesetzlichen Pflegeversicherung gefragt hatte, teilte Lauterbach mit, man werde sich im nächsten Jahr mit der Finanzierung der Pflegeversicherung auseinandersetzen. Während sich das Defizit der gesetzlichen Krankenversicherung auf rund 17 Milliarden Euro belaufe, liege das der gesetzlichen Pflegeversicherung bei etwas weniger als drei Milliarden Euro.

Lauterbach kündigte an, in Kürze einen Vorschlag zur Beseitigung des Defizits, das er von der Vorgängerregierung „geerbt“ habe, vorzulegen. Bei der anschließenden Finanzierungsreform werde er auf „gutachterliche Begleitung“ durch eine Expertenkommission zurückgreifen. (vom/17.10.2022)

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