Parlament

Abschließende Beratungen ohne Aussprache

Ohne vorangehende Debatte hat der Bundestag am Donnerstag, 13. Oktober 2022, über eine Reihe von Vorlagen abgestimmt:

Agrarstatistikgesetz: Die Abgeordneten haben den Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Agrarstatistikgesetzes (20/3445) der Bundesregierung einer einer durch den Landwirtschaftsausschuss geänderten Fassung beschlossen. Die Vorlage wurde mit den Stimmen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die Stimmen von CDU/CSU bei Stimmenthaltung der AfD und Die Linke angenommen. Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft hat dazu eine Beschlussempfehlung abgegeben (20/3766). Die Änderungen seien nötig geworden, weil auf EU-Ebene neue Anforderungen an das Agrarstatistikgesetz entstanden seien, heißt es in der Vorlage. Zur Anpassung an die neuen unionsrechtlichen Anforderungen sei die Erweiterung der Agrarstrukturerhebung um Merkmale in den Bereichen Bewässerung, Bodenbewirtschaftungspraktiken sowie Maschinen und technische Einrichtungen vorgesehen. Nationaler Datenbedarf, dem mit der Änderung des Agrarstatistikgesetzes entsprochen werden solle, ergebe sich in den Bereichen der Flächenerhebung, des Torfabsatzes sowie der Erhebung in forstlichen Erzeugerbetrieben. Zur Entlastung der Auskunftspflichtigen würden in der Agrarstrukturerhebung 2023 unter anderem die Merkmale zur Hofnachfolge, zur Art der Gewinnermittlung und zur Form der Umsatzbesteuerung, zu Tierhaltungsverfahren, zum Wirtschaftsdüngermanagement und zur Ausbringung von mineralischen und organischen Düngemitteln entfallen.

Abgesetzt Finanzausgleich: Abgesetzt wurde die Abstimmung über Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes, des Stabilitätsratsgesetzes sowie weiterer Gesetze (20/3446, 20/3711, 20/3785 Nr. 3), wozu der Haushaltsausschuss eine Beschlussempfehlung abgeben wird. Die Bundesregierung will mit dem Gesetzentwurf finanzielle Zusagen an die Bundesländer umsetzen. Der Entwurf sieht vor, im Rahmen des Paktes für den Rechtsstaat den Ländern durch den Bund über eine Verringerung des Umsatzsteueranteils des Bundes im Jahr 2022 weitere 110 Millionen Euro zukommen zu lassen. 2019 waren den Ländern bereits 110 Millionen Euro zur Verfügung gestellt worden, um rund 2.000 Stellen für Richter und Staatsanwälte zu schaffen. Inzwischen seien 2715,85 Stellen besetzt worden. Weitere 350 Millionen Euro werden über eine Verringerung des Bundesanteils an der Umsatzsteuer den Ländern im Rahmen des Pakts für öffentlichen Gesundheitsdienst zur Verfügung gestellt. Die vereinbarten Voraussetzungen seien durch die Länder geschaffen worden. Änderungen im Rahmen dieses Gesetzes betreffen außerdem flüchtlingsbezogene Kosten der Länder sowie eine Teilkompensation der Mindereinnahmen der Länder durch den Kinderbonus im Steuerentlastungsgesetz 2022. Änderungen erfolgen auch im Rahmen der sogenannten Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen. Der Bundesrat bittet in seiner Stellungnahme unter anderem um zügige Anschlussregelungen für die kommenden Jahre.

Düngerproduktion: Mit der breiten Mehrheit der Fraktionen des Parlaments gegen das Votum der AfD hat der Bundestag einen AfD-Antrag mit dem „Titel Düngemittelversorgung und Bezahlbarkeit gewährleisten – Ukrainekriegsfolgen abmildern“ (20/1865) abgelehnt. Darin fordern die Antragsteller, die Düngerproduktion in Deutschland zu gewährleisten, die Düngeverordnung zu verändern sowie bei der EU Beihilfen für Landwirte in Höhe von bis zu 35.000 Euro pro Betrieb zu beantragen. Wie die Fraktion schreibt, waren die „gewaltigen Kostenexplosionen bei landwirtschaftlichen Betriebsmitteln wie Düngemitteln, Futtermitteln, Treibstoff und Energie“ bereits vor Kriegsausbruch in der Ukraine „eine schwere Belastung für die heimische Landwirtschaft“. Der Ukrainekrieg und wegfallende Exporte trieben die Kosten nun „zusätzlich massiv nach oben“. Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft hat dazu eine Beschlussempfehlung vorgelegt (20/2447).

Infektionsschutzgesetz: Der Bundestag hat den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes (20/2297, 20/3066, 20/3369 Nr. 1.17) verabschiedet. Die in einer vom Gesundheitsausschuss geänderten Fassung wurde mit der Mehrheit von SPD, Grüne, FDP und Linke gegen die Stimmen von CDU/CSU bei Enthaltung der AfD angenommen. Der entsprechende Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen beinhaltet vor allem diverse Formalitäten und sprachliche Vereinfachungen. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit (20/3974) zugrunde. Mit der Änderung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) soll die am 12. Januar 2021 in Kraft getretene EU-Trinkwasserrichtlinie in deutsches Recht umgesetzt werden. Dazu werden die erforderlichen Rechtsverordnungsermächtigungen geschaffen, wie es im Entwurf heißt. Die EU-Trinkwasserrichtlinie muss bis zum 12. Januar 2023 in deutsches Recht umgesetzt werden, also innerhalb von zwei Jahren. Um in der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) die Vorgaben der Richtlinie umsetzen zu können, ist eine Anpassung der Ermächtigungsgrundlage in Paragraf 38 IfSG erforderlich. Zu den neuen Richtlinienvorgaben, für die es bisher keine ausreichende Verordnungsermächtigung gibt, gehören den Angaben zufolge die Erweiterung der Informationspflichten gegenüber der Öffentlichkeit sowie die Anwendung des risikobasierten Ansatzes für sicheres Trinkwasser. Ferner sollen Begriffe vereinfacht und harmonisiert sowie Unklarheiten beseitigt werden. Der Gesetzentwurf wurde in den Beratungen noch verändert. Der entsprechende Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen beinhaltet vor allem diverse Formalitäten und sprachliche Vereinfachungen.

Petitionen: Darüber hinaus hat das Parlament über 13 Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses zu Petitionen abgestimmt, die beim Bundestag eingegangen und vom Petitionsausschuss beraten worden sind. Es handelte sich um die Sammelübersichten 163 bis 175 (20/3723, 20/3724, 20/3725, 20/3726, 20/3727, 20/3728, 20/3729, 20/3730, 20/3731, 20/3732, 20/3733, 20/3734, 20/3735). 

Änderung der 9 / 10-Regelung im Rentenrecht

Darunter befindet sich auch eine Petition mit der Forderung nach Änderung der 9/10-Regelung in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR), sodass zukünftig die Pflege von Angehörigen auf die Vorversicherungszeit angerechnet wird. Aufgrund der 9/10-Regelung wird als Rentner in der Krankenversicherung nur pflichtversichert, wer in der zweiten Hälfte seines Erwerbslebens zu 9/10 Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gewesen ist. Nach Aussage der Petenten werden inzwischen zwar Rentner und Rentnerinnen, die aufgrund von Kindererziehungszeiten nicht ausreichend lang in der GKV versichert waren, bessergestellt. Die gelte aber nicht bei fehlenden GKV-Versicherungszeiten aufgrund der Pflege von Angehörigen.

Die vom Petitionsausschuss in der Sitzung am 28. September 2022 verabschiedete Beschlussempfehlung an den Bundestag sieht nun vor, die Petition dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) als Material zu überweisen und sie den Fraktionen des Bundestages zur Kenntnis zu geben, „soweit es um eine Prüfung der besseren Entlastung pflegender Angehöriger geht“. Den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses zu Folge bedeutet dies, dass die Bundesregierung die Petition mit der erwähnten Einschränkung „in die Vorbereitung von Gesetzentwürfen, Verordnungen oder anderen Initiativen oder Untersuchungen einbeziehen soll“.

Pauschale Anrechnung für Kindererziehung

In der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung schreibt der Petitionsausschuss unter Berücksichtigung mehrerer zu der Petition erbetenen Stellungnahmen des BMG: Der Gesetzgeber habe mit dem Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz vom 4. April 2017 beschlossen, dass für jedes Kind pauschal drei Jahre auf die Vorversicherungszeit zur Krankenversicherung der Rentner angerechnet werden. Die Vorschrift gehe in einer typisierenden Betrachtung davon aus, dass nach Unterbrechung der Berufstätigkeit wegen Kindererziehung die GKV-Mitgliedschaft fortgeführt wird.

Auch wenn die Unterbrechung weniger als drei Jahre beträgt, erfolge eine pauschale Anrechnung, schreiben die Abgeordneten. Im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit habe der Gesetzgeber sich damit im Sinne der Betroffenen für eine einfach umzusetzende, pauschale Regelung entschieden. „Dies kann jedoch nicht zu dem Umkehrschluss führen, dass für andere Sachverhaltskonstellationen entsprechende Lösungen anzuwenden sind“, heißt es in der Vorlage. Dennoch plädieren die Abgeordneten für eine Prüfung, wie pflegende Angehörige besser entlastet werden können. Die Beschlussempfehlung wurde im Petitionsausschuss einstimmig verabschiedet. (hau/ste/irs/pk/13.10.2022)

Marginalspalte