Experte wirbt für neuen Ansatz bei der Sportstättenförderung
Zeit:
Mittwoch, 12. Oktober 2022,
14
bis 15 Uhr
Ort: Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal 4.300
Einen völlig neuen Ansatz bei der Sportstättenförderung fordert der Sportwissenschaftler Robin Kähler, Vorstandsvorsitzender von IAKS Deutschland (International Association for Sports and Leisure Facilities), einer Organisation die sich weltweit um die Sportstätten und Sporträume kümmert. Wesentlich stärker als bisher müssten dabei die Bedürfnisse der Menschen und die Bedürfnisse der einzelnen Kommunen einbezogen werden, sagte er am Mittwoch, 12. Oktober 2022, vor dem Sportausschuss.
Kähler verwies darauf, dass in den Kommunen hauptsächlich die Jugend in den „normierten Sportarten“ und den entsprechenden Vereinen aktiv sei. „Zwei Drittel der Bevölkerung in Deutschland treibt aber nicht in diesen Sportstätten Sport, sondern im öffentlichen Raum sowie in kommerziellen Einrichtungen“, sagte Kähler. Die vier wichtigsten durch die Bevölkerung betriebenen Sportarten seien schließlich Radfahren, Gymnastik, Joggen und Schwimmen. Daher müsse das Thema Sportstätten „genauso differenziert gesehen werden, wie sich das Sportverhalten darstellt“.
„Wir haben in Deutschland genug Sportstätten“
Auch bei dem oft besprochenen Sanierungstau der Sportstätten gelte es zu differenzieren, sagte Kähler. Es müsse herausgearbeitet werden, wie der tatsächliche Bedarf ist. Dabei – und schlussendlich auch bei der Mittelvergabe – müssten die Kommunen stärker als bisher einbezogen werden, regte er an. Hinterfragt werden müsse, welche Sanierung sinnvoll ist, wie sie bedarfsgerecht erfolgen kann, aber auch, ob darauf verzichtet werden kann.
„Wir haben in Deutschland genug Sportstätten“, so die Einschätzung des Experten. Es gebe aber Probleme, weil die Sanierung teilweise zu lange dauert. Das wiederum habe auch damit zu tun, dass in einigen Fällen zu groß gedacht werde. Wichtig sei es, frühzeitig Mängel zu reparieren, um den funktionalen Sportbetrieb aufrechtzuerhalten.
Quartiersnahe und schulortnahe Sporträume
Neue große Spezialsportstätten würden laut Kähler in Deutschland nicht mehr benötigt. „Wir brauchen Sporträume für die Bevölkerung. Und zwar quartiersnah und schulortnah, um die Bildung und die Gesundheit der Menschen in den Quarteiern zu stützen.“ Gerade in verdichteten Kommunen sei es wichtig, Freiräume zur Verfügung zu stellen, in denen sich die Menschen bewegen können. Offene Parks seien wichtiger als nicht am Bedarf orientierte oder am falschen Platz befindliche Sportstätten.
Experte wirbt für Nationalen Sportentwicklungsplans
Der Vorstandsvorsitzende von IAKS Deutschland sprach sich zugleich für die Auflage eines Nationalen Sportentwicklungsplans aus. Dieser müsse alle Themen aufgreifen. „Sport ist heute ein Thema der Verkehrsplanung, der Stadtplanung, der Gesundheitsplanung, der Wirtschaftsplanung, der Sportplanung und der Schul- und Bildungsplanung“, sagte Kähler. Daher müsse ein Sportentwicklungsplan interministeriell und interdisziplinär entwickelt werden.
Das Auslaufen des Investitionspaktes Sportstätten nannte Kähler bedauerlich. Darunter litten hauptsächlich die Vereinssportstätten. „Wir brauchen die Vereine dringend“, so der Experte. Sie leisteten Hervorragendes – insbesondere in der Jugendarbeit. Die Weiterentwicklung der Vereine hänge aber wesentlich von ihren Sportstätten ab. „Eine Modernisierung der Sportstätten der Vereine bedeutet auch gleichzeitig, die Existenz der Vereine zu sichern“, sagte Kähler. (hau/12.10.2022)