Petitionen

Petitionen zu Sprach-Kitas und Auslands­adoptionen

Die Bundesregierung hält am Auslaufen des Bundesprogramms „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ zum Ende des Jahres fest. Das machte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Ekin Deligöz (Bündnis 90/Die Grünen), am Montag, 17. Oktober 2022, während einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses deutlich.

An der Wichtigkeit der sprachlichen Förderung von Kindern in den Kitas gebe es bei der Bundesregierung keinen Zweifel, sagte sie. Daher sei es das Ziel, die Förderung über das Kita-Qualitätsgesetz zu verstetigen. Den Ländern würden dafür in den kommenden zwei Jahren zusätzliche zwei Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. „Für die sechsmonatige Übergangszeit, bis diese Mittel auch in Anspruch genommen werden können, versuchen wir eine zusätzliche Finanzierung zu verhandeln“, sagte die Staatssekretärin.

Petition von 277.882 Personen mitgezeichnet

Für eine weitere Bundesförderung des Programms für zwei Jahre, ehe dann die Länder die Zuständigkeit übernehmen, plädiert Wenke Stadach, Leiterin einer Sprach-Kita in Neubrandenburg (Mecklenburg-Vorpommern). Ihre öffentliche Petition wurde von 277.882 Personen mitgezeichnet. Durch das Programm seien in vielen Kitas Strukturen und Kompetenzen geschaffen worden, damit Kinder bei ihrem Spracherwerb unterstützt und praktische Inklusionsarbeit ermöglicht wird. Konkret bedeute dies, „dass wir für Kinder und Familien, die es nicht so einfach haben, ein Angebot schaffen, das nicht nur zur Chancengleichheit beiträgt, sondern gerade denjenigen hilft, die diese Hilfe besonders benötigen“, schreibt die Petentin in der Eingabe. 

Vor den Abgeordneten erläuterte sie, als Kita-Leiterin erst Mitte des Jahres vom Auslaufen des Programms informiert worden zu sein. Diese Entscheidung habe für Wut und Frust sowie Verunsicherung bei vielen Kollegen gesorgt. „Einige von ihnen haben sich aufgrund der Unsicherheit neue Jobs gesucht“, sagte Wenke Stadach. Der Schaden sei also jetzt schon entstanden und werde mit jedem weiteren Tag, der ohne klare Zukunft für die Sprach-Kitas vergehe, größer. Für eine weitere Bundesförderung plädiere sie auch im Interesse einer bundesweiten Chancengleichheit, sagte Stadach. Künftig sei zu befürchten, dass einzelne Bundesländer die Sprachförderung unterstützen, andere aber nicht. 

„Jedes vierte Kind hat einen Sprachförderbedarf“

Die Projektleiterin der Evaluation des Bundesprogramms „Sprach-Kitas“, Prof. Yvonne Anders von der Universität Bamberg, verwies auf Studien, wonach ein großer Anteil der Kinder in den Grundschulen nicht die für eine weitere Bildungskarriere erforderlichen sprachlichen Kompetenzen erwirbt. 50 bis 80 Prozent der in der Grundschule zu beobachtenden sprachlichen Unterschiede seien auf den vorschulischen Bereich zurückzuführen, sagte Anders, die die Petentin begleitete. „Wir konnten in der Evaluation mehrfach zeigen, dass das, was in den Sprach-Kitas seit Jahren tagtäglich passiert, nachweislich die sprachpädagogische Prozessqualität steigert“, betonte sie. Jedes vierte Kind, so die Erziehungswissenschaftlerin, habe derzeit einen Sprachförderbedarf. „Aus wissenschaftlicher Sicht wäre es geboten, eine Lösung zu finden, die die über viele Jahre evidenzbasiert geschaffenen Strukturen nicht zerstört.“ 

Die Familien-Staatssekretärin sicherte zu, dass es von Seiten des Ministeriums eine ganz große Bereitschaft dazu gebe, die geschaffenen Servicestellen zu erhalten und den nötigen Übergang des Programms gemeinsam mit den Bundesländern zu gestalten. Bereits im April sei das Ministerium dazu mit den Ländern in die Gespräche gegangen und habe mehrere Möglichkeiten aufgezeigt, wie ein solcher Übergang gestaltet werden könne. „Wir machen Druck auf alle Seiten, damit wir zu einem Konsens kommen“, betonte sie. Noch sei dieser aber nicht erreicht. 

Die Petentin forderte eine schnelle Lösung. Am besten sei ein zweijähriger Übergang, so dass alles „ohne Wenn und Aber“ geklärt werden könne. Auf keinen Fall dürften die Sprach-Kitas aber bei dem politischen Hin- und Her-Geschiebe am Ende ganz hinten runterfallen, so Stadach. „Bis Ende Oktober sollten wir wissen, wie es weitergeht, um für das kommende Jahr planen zu können“, sagte die Kita-Leiterin. 

In Indien vollzogene Adoptionen anerkennen

Die Bundesregierung sieht derzeit keine Möglichkeiten, durch gesetzliche Regelungen den Verlauf von Auslandsadoptionen zu beschleunigen. Die Regelungen seien angemessen und passend, sagte Ministerialdirigentin Ruth Schröder vom Bundesministerium der Justiz (BMJ) im zweiten Teil der öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses. Es gebe bilaterale Zustimmungserfordernisse, die dem Schutz des Kindes dienen. Deren Prüfung könne eine relativ lange Zeit in Anspruch nehmen, räumte sie ein.

Sowohl in Deutschland als auch in dem Staat, aus dem das zu adoptierende Kind komme, gebe es Prüfungen der Eignung der potenziellen Adoptiveltern. Geprüft würden auch weitere Schutzstandards des Haager Adoptionsübereinkommens, sagte Schröder. Die setzten unter anderem voraus, dass Adoptionen nur unter Beteiligung einer sogenannten Fachstelle stattfinden sollen. Des Weiteren müsse eine Adoptionsbedürftigkeit des Kindes und die Einwilligung der Herkunftseltern sowie deren Aufklärung über die Rechtsfolgen der Adoption vorliegen.

Verlangt werde zudem eine Erklärung der Unmöglichkeit der Unterbringung des Kindes im Heimatland im Sinne der Subsidiarität. Zustanden komme die Adoption dann durch Prüfung seitens der Heimatbehörde und der Behörde des Aufnahmestaates „und Zustimmung der zentralen Behörde des Heimatstaates des Kindes und der zentralen Behörde des Aufnahmestaates“, sagte die Ministeriumsvertreterin.

Auslandsadoptionen scheitern an behördlichen Hürden

Hintergrund der Sitzung war eine mehr als 50.000-mal mitgezeichnete Eingabe der Petentin Monika Nakhlestani-Hagh. Darin wird gefordert, in Indien vollzogene und dort staatlich und richterlich anerkannte Adoptionen in Deutschland ebenfalls als vollwertige Adoptionen anzuerkennen, „wenn die rechtlichen Voraussetzungen wie das Einschalten deutscher Fachstellen wie die GZA (Gemeinsame Zentrale Adoptionsstelle) im Vorfeld des Adoptionsvorgangs eingehalten wurden“.

Deutsche Eltern verzichteten trotz des Haager Adoptionsübereinkommens immer öfter auf eine Auslandsadoption, da die behördlichen Hürden oft unüberwindbar hoch gelegt seien, schreibt sie in der Eingabe. Vom Adoptionsbegehren bis zur Übersiedlung des angenommenen Kindes vergingen oft Jahre, in denen wertvolle Zeit für den Beziehungsaufbau zwischen annehmenden Eltern und Adoptivkind verstreicht „und die Eltern oft ihre Ersparnisse für zusätzliche Aufenthalte in den Geburtsorten der Kinder und für Anwaltskosten aufbrauchen“, heißt es in der Petition.

Beispielfall aus Oldenburg

Nakhlestani-Hagh schilderte vor den Abgeordneten den Fall des in Oldenburg lebenden Jasbir Singh Dhot und seiner Frau Charanjit. Das unfreiwillig kinderlose Paar habe in Indien das neugeborene Kind des Neffen von Jasbir Singh Dhot adoptiert, da dieser sich um ein weiteres Kind nicht habe kümmern können. Diese Adoption sei in Indien zweimal rechtlich bestätigt worden, so die Petentin. Die GZA in Hamburg habe dennoch die Anerkennung der Adoption zweimal abgelehnt. Das Amtsgericht Oldenburg und das Oberlandesgericht hätten die Anerkennung der Adoption ebenfalls abgelehnt. Seit acht Jahren lebe nun die vor Ort als Adoptivmutter des inzwischen achtjährigen Kindes anerkannte Ehefrau von Jasbir Singh Dhot in Indien, während ihr Mann sie höchstens zweimal im Jahr besuchen könne.

BMJ-Vertreterin Schröder sagte mit Blick auf den geschilderten Fall, die GZA habe das Adoptionsverfahren abgebrochen, weil sie davon ausgegangen sei, dass es in Indien eine private Adoptionsvereinbarung gegeben habe, die nicht den Regeln des Haager Adoptionsübereinkommens entspräche. Dem indischen Adoptionsverfahren habe zudem die Kindeswohlprüfung gefehlt, so die Ministeriumsvertreterin, was auch ein Grund für die Ablehnung durch das Amtsgericht Oldenburg gewesen sei. „Das können wir von hier aus natürlich nicht ersetzen, auch wenn der Fall als solcher gefühlt dramatische Formen hat“, sagte Schröder.

Abschließendes Votum in späterer Sitzung

Im Verlauf der öffentlichen Sitzung erhielten die Petentinnen die Möglichkeit, ihr Anliegen nochmals kurz darzustellen, um dann konkrete Fragen der Ausschussmitglieder zu beantworten. Ein abschließendes Votum wird der Ausschuss in einer seiner späteren Sitzungen fällen. (hau/18.10.2022)

Marginalspalte