Bürgerschaftliches Engagement

Unterausschuss will bei Aus­arbeitung der Engagement­strategie aktiv mitwirken

Zwei Männer mit schwarzen Trainingsanzügen stehen auf einem Fußballplatz und halten ein weißes Plakat mit schwarzer Aufschrift Danke ans Ehrenamt!.

In Deutschland engagieren sich etwa 29 Millionen Bürgerinnen und Bürger freiwillig für das Gemeinwohl. (© picture alliance/dpa | Swen Pförtner)

Der Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement will ein starker Mitspieler bei der Ausarbeitung der neuen „Nationalen Engagementstrategie“ der Bundesregierung sein. Das machten die Mitglieder des Gremiums im öffentlichen Fachgespräch am Mittwoch, 9. November 2022, unter dem Vorsitz von Ariane Fäscher (SPD) deutlich.

„Engagement ist systemrelevant“

Für die Bundesregierung erläuterte der Parlamentarische Staatssekretär Sven Lehmann (Bündnis 90/Die Grünen) den aktuellen Stand der Vorbereitungen seitens des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Gesellschaftliches Engagement sei systemrelevant, unterstrich er die hohe Bedeutung, die man dem Vorhaben beimesse. „Das Ehrenamt ist für die Demokratie unverzichtbar.“ Es mache Gesellschaften „resilienter“ gegenüber Herausforderungen wie dem Rechtsextremismus und lasse Transformationsprozesse wie die Anpassung an den Klimawandel, die Einführung neuer Energieträger oder die Digitalisierung besser gelingen.

Von Anfang an werde man daher in die Erarbeitung der neuen Engagamentstrategie all diejenigen Einzelnen, die sich einbringen wollten, sowie Organisationen der Zivilgesellschaft einbeziehen. Die Koalitionsvereinbarung gebe seinem Ministerium und den anderen beteiligten Häusern den Auftrag, die neue Strategie gemeinsam mit der Zivilgesellschaft in ihrer ganzen Breite sowie Wissenschaft und Wirtschaft zu erarbeiten. Dieser umfassende „partizipative Prozess“ erstrecke sich auch auf sämtliche staatlichen Akteure, „Länder, Kommunen, Ressorts“, sowie das Parlament.

„Bürgerschaftliches Engagement krisenfest machen“

Dabei müsse dieser Prozess aufgreifen, wie sehr sich Engagement durch Digitalisierung und die Pandemie gewandelt habe, über das Vereinswesen hinaus, hin zu neuen Formen und mehr „non-formalem Engagement“. Außerdem gelte es, an bestehende Strategien der Länder anzuknüpfen, von diesen zu lernen und eng mit Ländern und Kommunen zu kooperieren. Bei der Wahl der Themen und Handlungsfelder sei man sehr offen, diese müssten aus der Gesellschaft kommen, man werde lediglich einen Rahmen setzen.

Ziel der neuen Strategie müsse sein, „bürgerschaftliches Engagement krisenfest zu machen“ gegenüber Krieg, Inflation Energieknappheit, Klimawandel oder Corona-Pandemie. Es gelte zudem verloren gegangenes Vertrauen in die Politik zurückzugewinnen. Dabei sollten die Menschen die „Wirkmächtigkeit des eigenen Tuns erfahren“. Die Engagement-Strategie begreife die Bundesregierung als langfristig angelegtes Projekt, bei dem man über die aktuelle Wahlperiode hinaus denke. Um die engagierten Menschen möglichst bald zu erreichen, könnten bereits im Vorgriff auf die Verabschiedung der Strategie Dinge umgesetzt werden, die dem Engagement förderlich sind.

Engagement-Strategie kann nur gemeinsam gelingen

Dass die neue Engagement-Strategie nur gemeinsam gelingen könne, unterstrich auch Dr. Lilian Schwalb, Geschäftsführerin des Bundesnetzwerkes Bürgerschaftliches Engagement (BBE). Um angesichts der knappen Zeit, die innerhalb der laufenden Wahlperiode noch verbleibe, bereits engagementpolitische Vorhaben umzusetzen, müsse man sich im Vorfeld darauf verständigen, wer an der Ausarbeitung beteiligt werde und, „was bei der Strategie herauskommen soll“.

Eine Verknüpfung mit bestehenden Instrumenten wie der Demokratieförderung sei sinnvoll. Das BBE verstehe sich als Mittler der unterschiedlichen beteiligten Gruppen und wolle, gemeinsam mit der Stiftung und dem Parlament, eine „zentrale Rolle in der fachlichen Koordination“ spielen.

„Gestaltungswillen der Gesellschaft aufgreifen“

Jan Holze, Vorstand der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt, sagte, zweieinhalb Jahre nach Gründung der Stiftung freue man sich nun auf einen Prozess, der Verbesserungen für das Ehrenamt mit sich bringe. Dass die Regierung dies in enger Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft tun wolle, bedeute „das Scharnier für die Arbeit der Stiftung“ an dem Vorhaben.

Man sehe sich in der Rolle des „Ermöglichers von Input“ aus der Gesellschaft, und werde den „vorhandenen Gestaltungswillen der Gesellschaft aufgreifen“, nicht jedoch als Treiber. Es müsse sich um einen „niedrigschwelligen und transparenten Prozess, auf Augenhöhe mit der Zivilgesellschaft“ handeln, bei dem sich die 30 Millionen Engagierten im Land und die Organisationen einbezogen fühlten. Man werde mit eigenen Veranstaltungen und Formaten zivilgesellschaftliches Engagement aufgreifen und dabei auch auf diejenigen 20 Millionen Menschen zugehen, die noch nicht engagiert sind, dies aber laut einer Umfrage gerne wollten.

„Krisen sind Existenzbedrohung für Zivilgesellschaft“

„Eigentlicher Ort“ zivilgesellschaftlichen Engagements seien Länder und Kommunen, sagte Ursula Krickl vom Deutschen Städte- und Gemeindebund. Über die Hälfte der Bevölkerung lebe in ländlichen Regionen. Denen fühle sich ihr Verband „besonders verpflichtet“. Man begrüße, dass nun mit einer neuen Strategie auf Herausforderungen wie Pandemie, Inflation und Energieknappheit reagiert werden soll. Die vielen Krisen seien eine Existenzbedrohung für die Zivilgesellschaft.

Sie plädierte dafür, einen echten, offenen Prozess zu organisieren, und nicht seitens der Politik fertige Produkte zu produzieren. Dabei dürfe sich die Erfahrung von 2009/10 nicht nicht wiederholen, als man falsche Erwartungen geweckt habe, und eine Fülle von Ideen aus der Gesellschaft in der damaligen Strategie nicht aufgegriffen wurden. Das Bürgerschaftliche Engagement sei ein besonderes Politikfeld, bei dem man „nicht von oben herab schreiben“ dürfe. Es betreffe die Zivilgesellschaft in ihrem Kern, die daher auch mitwirken müsse.

Ausschuss will aktiv mitwirken

Bei dem durch die Bundesregierung angestoßenen Prozess sehe man sich „als Begleitgremium“ und wolle „aktiv mitwirken“, statt nur einmal pro Halbjahr einen Bericht entgegenzunehmen, unterstrich die stellvertretende Vorsitzende Fäscher das Selbstverständnis des Unterausschusses Bürgerschaftliches Engagement.

Ebenso wie man davon ausgehe, dass sich die beteiligten Ministerien bei der Erarbeitung der Strategie verzahnen, könne sie sich vorstellen, für die Zusammenarbeit mit der Regierung vom Beginn des Prozesses an einen Ansprechpartner des Unterausschusses für den kurzen Arbeitsweg zu benennen. Man gehe davon aus, einbezogen zu werden, wenn Weichenstellungen bei der Ausgestaltung der Strategie anstünden. (ll/10.11.2022)

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