Kinderkommission

Kinder und Jugendliche berichten von ihren Vor­haben und Erfahrungen

Zusammen programmieren, parlamentarische Erfahrung sammeln, seine Interessen in den politischen Prozess einbringen: Mädchen und Jungen, die sich in Deutschland für die Belange ihrer Generation und Zukunftsthemen stark machen wollen, können dem auf vielfältige Weise Ausdruck verleihen. Und tun dies auch. Diesen Eindruck vermittelten die Kinder-Sachverständigen im Alter zwischen 12 und 18 Jahren im öffentlichen Fachgespräch der Kommission zur Wahrnehmung der Belange der Kinder (Kinderkommission, Kiko) zum Thema „Beteiligung von Kindern“ am Mittwoch, 30. November 2022.

Sie haben in ihrer Stadt ein Jugendparlament geschaffen und nun im Stadtrat Antrags- und Rederecht, sie setzen sich bei der Kolpingjugend NRW für das Projekt „Landtag LIVE“ und die Absenkung des Wahlalters ein, sind beim Planspiel des Bundestages zur Parlamentarischen Demokratie in die Rolle von Abgeordneten geschlüpft und haben beim Projektwochenende von „Jugend hackt“ mit Gleichgesinnten ihr Web-Projekt „Wie viel Verschwörung steckt in dir?“ programmiert. In vier Teams berichteten junge Macherinnen und Macher den Mitgliedern der KiKo von ihren Vorhaben und Erfahrungen.

Aktuelle Fragen technisch-spielerisch erfahrbar machen

Sich als Informatik-Interessierte mit Gleichgesinnten zu vernetzen war für Noa der Grund, am Jugend hackt Event 2021 in Berlin teilzunehmen. Mit ihren Partnerinnen hat sie dort in professioneller Umgebung eine aktuelle Frage angepackt und technisch-spielerisch erfahrbar gemacht. Ein wichtiges Erfolgserlebnis sei das für sie gewesen. Das habe sie aber nur als Auftakt für mehr verstanden.

Seitdem trifft sie sich regelmäßig mit dem Programmiernachwuchs im Jugend hackt Lab, solche working spaces für die Community gebe es deutschlandweit in mittlerweile 22 Städten. Es gehe darum, „an einer Sache dran zu bleiben, sein Projekt am Laufen zu halten. Das ist das Spannende“, findet Noa.

Kinder schlüpfen in die Rolle von Abgeordneten

Von einem tiefen, beeindruckenden Einblick in die Parlamentsarbeit und den Weg der Gesetzgebung berichteten Philipp Caruana, Tabea Diederich und Louis Meilicke, die beim Planspiel des Bundestages in die Rolle von Abgeordneten geschlüpft waren, mit weiteren Mitspielern Fraktionen gebildet, und das Thema „Klarnamenpflicht oder Anonymität im Internet“ in Innenausschuss, Fraktionen und Plenardebatte, als Regierungs- und Oppositionsfraktionen, von der Vorlage des Gesetzentwurfs über Änderungsanträge bis zur Schlussabstimmung bearbeitet hatten.

Das Planspiel rege über den Schulalltag hinaus an, sich mit Politik zu beschäftigen, sagte Tabea. Ob die jugendlichen Teilnehmerinnen eine Begeisterung für Politik aus dem Bundestag hinaus trügen, wollte Matthias Seestern-Pauly (FDP) wissen. „Oder wart ihr enttäuscht von den langen Abläufen?“ Bei ihm habe das Interesse überwogen, sagte Louis, und lobte die Veranstaltung des Besucherdienstes als ein prima Lernangebot. „Man muss das alles wissen, bevor man wählen kann.“

Kommunales Jugendparlament in der Praxis

Die Interessen der jungen Generation in der lokalen Politik vertreten Marlen Hutzenlaub und Ben Philipp Ewering im Jugendparlament der Stadt Ochtrup  im Münsterland. Es gehe darum, Ideen zur Entwicklung des Ortes in den Rat der Stadt einzubringen, Vorhaben für Jugendliche voran zu bringen: von der Anpflanzung von Bäumen über Müllsammelaktionen oder die Beteiligung am Weltkindertag bis hin zum Bau eines neuen Fußballplatzes.

Nach einem schwierigen Anfang vor über zehn Jahren sei das „JPO“ mittlerweile eine feste Institution in Politik und Gesellschaft der Stadt, erklärten die beiden Jugendparlamentarier. Man habe ein Antrags- und Rederecht im Stadtrat, pflege einen regen Austausch mit Verwaltung und Parteien und habe in der Verwaltung einen festen Ansprechpartner bekommen. Das JPO funktioniere gut, „Wir werden gehört“. Einen Fuß in die Politikwelt der Erwachsenen zu bekommen sei das eine, andererseits wolle man bei der eigenen Altersgruppe Interesse für Politik wecken.

Beteiligung von Jugendlichen auf Landesebene

Das wollen auch Eva Schröter und Tonius Weiß vom Landesverband Nordrhein-Westfalen der Kolpingjugend, die sich in ihrem Verein für die Beteiligung von Jugendlichen auf Landesebene einsetzen und deren Interesse und Verständnis für Politik vertiefen wollen. So können Jugendliche im Projekt „Landtag LIVE“ sich das Parlament in Düsseldorf eine Woche lang ansehen und Abgeordnete bei Ihrer Arbeit begleiten. Man befasse sich auch mit Vorhaben der Landesregierung wie dem „Kinder- und Jugendförderplan NRW“ und übe mit dazu formulierten Forderungen direkt Einfluss auf den politischen Prozess aus.

Die Partizipation von Jugendlichen gedenke man vor allem durch eine Absenkung des Wahlalters bei Landtagswahlen und auch auf Bundesebene, „spätestens zur nächsten Bundestagswahl“, zu verbessern, statt mit Jugendparlamenten Parallelstrukturen zu fördern. Ob man sich auch um politikferne Jugendliche bemühe, wollte Emilia Fester (Bündnis90/Die Grünen) wissen. Die versuche man „da abzuholen, wo sie sind“. Es fange oft bereits damit an, wie man die Dinge benenne: „Wie können wir unser Dorf oder unseren Stadtteil schöner machen?“ höre sich ganz anders an als: „Wir befassen uns heute mit dem Flächennutzungsplan“, sagte Tonius.

KiKo will Beteiligung weiter voranbringen

Die Bundesebene und ihre Kompetenzen reichten meist nicht bis auf die lokale und regionale Ebene der Länder, gab die Vorsitzende, Sarah Lahrkamp (SPD), zu bedenken. Dennoch wolle die KiKo im Deutschen Bundestag Politik für Kinder und Jugendliche machen und deren Interessen in möglichst viele Politikfelder einfließen lassen.

Wie die Mitglieder der KiKo das Thema Beteiligung voranbringen könnten, dazu hatten die Jugendlichen einige Ideen: Das Wahlalter auch auf Bundesebene absenken, Jugendparlamente im eigenen Wahlkreis einrichten, ein Bundesjugendparlament einfach mal ausprobieren. (ll/30.11.2022)

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