Bürgerschaftliches Engagement

Bund und Länder tauschen Erfahrungen für Engagement-Strategien aus

Bund und Länder können bei der Schaffung von Engagementstrategien voneinander lernen. Über ihre unterschiedlichen Erfahrungen und Schwerpunktsetzungen bei der Erarbeitung und Umsetzung von Landesengagementstrategien haben sich Vertreter der Länder und des Bundes in einem öffentlichen Fachgespräch des Unterausschusses Bürgerschaftliches Engagement am Mittwoch, 18. Januar 2023, ausgetauscht.

Als Handlungsempfehlung für andere Länder und die Bundesebene nannte Gundel Berger, Referatsleiterin Demokratie- und Engagementförderung im Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt, das seine Engagementstrategie im September 2022 vorgelegt habe: Man müsse sich genau überlegen, welche Arbeitsschritte die Beteiligten brauchen und ausreichend Haushaltsmittel zur Verfügung stellen. Die zivilgesellschaftlichen Akteure arbeiteten nun, nachdem sie gemeinsam die Engagementstrategie erarbeitet hätten, viel besser zusammen. 

Beginn mit einer Großen Anfrage

Der Prozess, eine Engagementstrategie zu erarbeiten, habe in Sachsen-Anhalt mit einer Großen Anfrage und einem Beschluss des Landtages begonnen, mit dem die Regierung aufgefordert wurde, eine solche Strategie unter Beteiligung der Zivilgesellschaft und Wirtschaft auszuarbeiten. In einer Steuerungsgruppe hätten Mitglieder aller Ressorts mit den Akteuren aus Zivilgesellschaft und Wirtschaft zusammengearbeitet. 

Zu ihren Wünschen an den Bund gehöre, dass auf dieser Ebene bei allen Gesetzesvorhaben eine Engagementfreundlichkeitsprüfung eingeführt werden – vom Arbeits-, Steuer- und Zivilrecht, bis hin zu Fragen der Inklusion.

„Wir haben im Land viel Aufmerksamkeit erzeugt“

Über die Erfahrungen einer Ehrenamts-Road-Tour in über 100 Städten mit einem Info-Mobil berichtete Andreas Kersting, Referatsleiter Bürgerschaftliches Engagement bei der Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen. Man sei vor Ort auf die Leute zugegangen und habe in Interviews nach deren Erfahrungen mit dem Thema Ehrenamt gefragt. Dies sei Teil der Strategie gewesen, die Rahmenbedingungen des ehrenamtlichen Engagements gemeinschaftlich zu verbessern. Vereine, Verbände, die Kommunen, die Zivilgesellschaft und Wirtschaft seien ebenso wie der Einzelne vor Ort eingebunden worden. Eine Landesservicestelle sei eingerichtet worden. 

Eine Steuerungsgruppe habe die zentralen Fragen erarbeitet und daraus Handlungsfelder und Empfehlungen abgeleitet, die dann im Fokus der Engagementstrategie standen. Ziele für die Landesregierung seien formuliert worden. „Wir haben im Land viel Aufmerksamkeit erzeugt.“ Als Anregung für die Bundesebene nannte Kersting, dass sein Land im Rahmen der Engagementstrategie eine interministerielle Arbeitsgruppe und eine gemeinsame Datenbank eingerichtet habe. „Jeder weiß nun, was in anderen Häusern passiert. Es passieren keine Doppelungen.“

Rahmenbedingungen klären, Ergebnisse auswerten

„Wir waren 2014 das erste Bundesland, das sich eine Engagementstrategie gegeben hat“, sagte Alexandra Ziegler, Referatsleiterin Förderung des Freiwilligen Engagements bei der Sozialbehörde – Amt für Arbeit und Integration, ESF-Verwaltungsbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg. Diese sei mit Vertretern der Zivilgesellschaft in einem breiten Beteiligungsprozess erarbeitet worden. Vor drei Jahren hätten die daran beteiligten Akteure dann von der Bürgerschaft den Auftrag erhalten, diese Strategie fortzuschreiben.

Der Entstehungsprozess einer Engagementstrategie benötige Zeit, mahnte Ziegler. Man müsse Experten hinzuziehen, um Themen zu vertiefen, und Zwischenbilanz ziehen, auf der man dann aufbauen könne. Man habe die Haltung der Behörden abgefragt sowie in einer Onlinebefragung ein breites Meinungsbild der Menschen erhalten. Zu den Hamburger Erkenntnissen gehöre, dass man einen solchen Beteiligungsprozess von unabhängigen Akteuren auswerten lassen und den Menschen klar die Grenzen von Beteiligungsmöglichkeiten aufzeigen solle. Wichtig sei zudem, transparent zu arbeiten, das bedeute: die Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit zu klären, die Ergebnisse zu veröffentlichen, von der Umsetzung zu berichten sowie Umsetzungsschritte zu überprüfen. 

„Haus des Engagements“

Der Bundesgesetzgeber solle dafür Sorge tragen, dass ehrenamtliches Engagement Berücksichtigung bei der Berechnung von Renten und Steuern und bei der Studienplatzvergabe finde. Als wesentlich für die Engagementförderung habe sich in Hamburg zudem erwiesen, den Beteiligten Räume zu geben für Beratung, Vernetzung und Veranstaltungen. Man baue in Hamburg ein „Haus des Engagements“ mit einer Anlaufstelle und Coworking Spaces. Und schließlich gelte es, Beratungsangebote etwa für die Beantragung von Fördergeldern zu schaffen, Unterstützung bei Verwaltungsaufgaben zu gewähren sowie Vergünstigungen für die Engagierten zu schaffen. 

Über die Fortschritte bei der Erarbeitung der Bundesengagementstrategie berichtete Unterabteilungsleiter Dr. Christoph Steegmans vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Bund und Länder sollten jeweils im Rahmen ihrer Zuständigkeiten handeln. Man wolle auch den Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement in die geplante Steuerungsrunde einbinden. Bis zum Sommer 2024 wolle man die neue Strategie vorlegen.

„Jedem die Teilnahme ermöglichen“

Dr. Lilian Schwalb vom Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE) betonte, ihr Verband wolle einen bedeutenden Beitrag zur Bundesengagementsstrategie vorlegen. „Wir wollen aktiv und begleitend eingreifen.“

Im November habe man eine Beteiligungsprozess dazu angeschoben, sagte Jan Holze von der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt. Der Beteiligungsprozess solle jedem die Teilnahme ermöglichen und zudem fachlich fundiert sein. Mit Vor-Ort-Veranstaltungen, aber auch über eine Onlinebeteiligung werde man die Menschen einbinden und in ergänzenden Fachgesprächen Experten zu bestimmten Themen zusammenholen. Über eine neue zentrale Webseite könne sich jeder einbringen. (ll/20.01.2023)

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