Parlament

Abschließende Beratungen ohne Aussprache

Ohne Debatte hat der Bundestag am Donnerstag, 26. Januar 2023, über eine Reihe von Vorlagen abgestimmt. 

NS-Vergangenheit: Nach dem Willen der AfD-Fraktion sollten etwaige personelle und strukturelle Kontinuitäten zwischen Staat und Verwaltung des NS-Regimes, der NSDAP und anderen nationalsozialistischen Organisationen einerseits und dem Deutschen Bundestag, seinen Abgeordneten und seinen Verwaltungsmitarbeitern andererseits untersucht und dokumentiert werden. In ihrem Antrag (20/4896), den die Abgeordneten auf Grundlage einer Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kultur und Medien (20/5384) mit allen übrigen Stimmen zurückgewiesen hatten, forderte die Fraktion den Bundestag auf, eine Kommission aus ausgewiesenen und anerkannten Historikern mit der Untersuchung zu beauftragen und die Finanzierung für zunächst zwei Jahre im Bundeshaushalt zu verankern. Die Ergebnisse der Untersuchung sollten in geeigneter Form veröffentlicht werden. Zahlreiche Abgeordnete des Deutschen Bundestages zwischen 1949 und den 1990er Jahren seien Mitglieder der NSDAP gewesen oder hätten das Regime in sonstiger Weise unterstützt, hieß es in dem Antrag. Prominente Beispiele seien der spätere Bundespräsident Walter Scheel, der spätere Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger, der spätere Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher und der spätere Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte Theodor Oberländer gewesen. Eine wissenschaftliche Aufarbeitung dieser personellen Kontinuitäten stehe jedoch bislang aus. 

Entwicklungspolitik: Ein Antrag der CDU/CDU-Fraktion mit dem Titel „Entwicklungspolitische Ziele durch Zusammenarbeit mit der Wirtschaft nachhaltiger erreichen“ (20/4043) fand keine Mehrheit. Koalition und Linke stimmten gegen die Vorlage, die AfD enthielt sich. Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hatte eine entsprechende Beschlussempfehlung vorgelegt (20/5347). Im Einzelnen verlangte die Fraktion, die im diesjährigen Haushaltstitel „Entwicklungspartnerschaft mit der Wirtschaft“ vorgenommenen Kürzungen zurückzunehmen und die geplanten Ausgaben wenigstens wieder auf das Niveau von 2021 anzuheben. Auch sollte die Regierung prüfen, ob und wie die Förderinstrumente zum Engagement der deutschen Privatwirtschaft in Entwicklungsländern besser aufeinander abgestimmt und gegebenenfalls reduziert werden können. 

Petitionen: Die Abgeordneten votierten für 17 Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses zu Petitionen, die beim Bundestag eingegangen und vom Petitionsausschuss beraten worden waren. Es handelte sich um die Sammelübersichten 240 bis 256 (20/5260, 20/5261, 20/5262, 20/5263, 20/5264, 20/5265, 20/5266, 20/5267, 20/5268, 20/5269, 20/5270, 20/5271, 20/5272, 20/5273, 20/5274, 20/5275, 20/5276). Zu den Sammelübersichten 20/5266 und 29/5267 hatten Mitglieder des Ausschusses im Plenum Bericht erstattet. 

Erhöhung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs auf 30 Werktage 

Abgestimmt wurde unter anderem über eine Petition mit der Forderung nach einer Erhöhung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs auf mindestens 30 Werktage. Zur Begründung der öffentlichen Eingabe (ID 83023) hieß es unter anderem, der Urlaubsanspruch von Beamten und vielen Tarifbeschäftigten betrage bei einer Fünf-Tage-Woche 30 Werktage. Das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) sehe bei einer Fünf-Tage-Woche dagegen nur einen Anspruch auf 20 Tage Erholungsurlaub vor. Es gehe zudem im Grundsatz von einer Sechs-Tage-Woche aus, was nicht mehr üblich und zeitgemäß sei. Eine Anpassung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs war daher aus Sicht der Petenten notwendig. 

Die vom Petitionsausschuss verabschiedete Beschlussempfehlung an den Bundestag sah vor, die Eingabe dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales als Material zu überweisen, „soweit der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch nach Paragraf 3 Bundesurlaubsgesetz im Hinblick auf eine zeitgemäße Anpassung geprüft werden soll“, und das Petitionsverfahren „im Übrigen abzuschließen“. Den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses zu Folge bedeutet dies, dass die Bundesregierung die Petition – mit der erwähnten Einschränkung –„in die Vorbereitung von Gesetzentwürfen, Verordnungen oder anderen Initiativen oder Untersuchungen einbeziehen soll“. 

Derzeit Anspruch auf 24 Werktage bezahlten Erholungsurlaub 

Nach dem Bundesurlaubsgesetz habe jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf 24 Werktage bezahlten Erholungsurlaub, schrieb der Petitionsausschuss in der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung. Als Werktage würden alle Kalendertage gelten, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind, „also die Tage von Montag bis einschließlich Samstag“. Jeder Arbeitnehmer habe nach dem BUrlG damit einen Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen im Kalenderjahr. Diese Festlegung auf vier Wochen Mindesturlaub entspräche den Vorgaben des europäischen Rechts.

Tatsächlich hätten aber die meisten Arbeitnehmer in Deutschland über den nach dem BUrlG garantierten gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehende Urlaubsansprüche, schrieben die Abgeordneten. Deren konkrete Dauer ergebe sich aus dem Arbeitsvertrag beziehungsweise einem anwendbaren Tarifvertrag. Darüber hinaus seien für besonders schutzbedürftige Arbeitnehmer, wie beispielsweise Menschen mit Behinderung oder Jugendliche, in den jeweiligen Spezialgesetzen Zusatzurlaube vorgesehen. 

Vielzahl von Arbeitszeitmodellen 

Auf den Hinweis eingehend, dass die Sechs-Arbeitstage-Woche „nicht mehr üblich und nicht mehr zeitgemäß“ sei, merkte der Petitionsausschuss an, „dass es im Arbeitsleben eine Vielzahl von Arbeitszeitmodellen gibt“. In der Praxis arbeiteten viele Arbeitnehmer in einer Fünf-Arbeitstage-Woche, andere jedoch auch an Sonn- und Feiertagen. 

Vor dem Hintergrund der vielfältigen Arbeitszeitmodelle konnte sich der Petitionsausschuss der Vorlage zufolge einer Forderung nach pauschaler Anhebung auf mindestens 30 Werktage nicht anschließen. Gleichwohl sei dem Ausschuss bewusst gewesen, „dass die Arbeitsbelastung in einigen Bereichen in den letzten Jahren deutlich gewachsen ist und eine Anhebung des gesetzlichen Urlaubsanspruches daher in Betracht gezogen werden kann“. Die Petition sei daher geeignet, auf diese Problematik besonders aufmerksam zu machen und in die diesbezüglichen Überlegungen und Diskussionen einbezogen zu werden. (hau/vom/26.01.2023)

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