Parlament

Abschließende Beratungen ohne Aussprache

Ohne Debatte hat der Bundestag am Donnerstag, 9. Februar 2023, über eine Reihe von Vorlagen entschieden:

Apotheken: Mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen lehnte der Bundestag einen AfD-Antrag zur Stärkung der Apotheken-Botendienste (20/2590) ab. Botendienste böten den Patienten einen schnelleren Zugriff auf wichtige Arzneimittel als der Versandhandel, hieß es in dem Antrag. Um diese wichtige Versorgungsmöglichkeit zu erhalten, brauche der Botendienst eine wirtschaftliche Basis, die gleichzeitig dazu beitrage, die Präsenzapotheken in der Fläche zu erhalten. Die Abgeordneten forderten konkret, eine Verordnungsfähigkeit für Notfallbotendienste in der ambulanten Versorgung zu schaffen und die Anlieferung pauschal zu honorieren. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses (20/5565) zugrunde.

Künstliche Intelligenz: Ebenfalls gegen die Stimmen der Antragsteller wies das Parlament einen AfD-Antrag mit dem Titel „Die Chancen Künstlicher Intelligenz in Deutschland und in der EU erkennen und fördern – Für einen differenzierten Umgang mit der Risikoklassifizierung von Lösungen Künstlicher Intelligenz“ (20/3698) zurück. Darin forderte die Fraktion die Bundesregierung auf, sich bei den Verhandlungen über das „Gesetz über Künstliche Intelligenz“ auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass die im Titel Drei als Hochrisikosysteme klassifizierten KI-Systeme „nicht allein als sinn- und zweckfreie Technologie betrachtet“ werden. Stattdessen sollte ihr spezifischer Verwendungszweck durch konkrete Anwender im jeweiligen Zusammenhang mitgedacht werden, schrieben die Abgeordneten. Mögliche KI-Lösungen sollten zudem nicht nur defensiv in Risikoklassen eingeordnet werden, sondern „komplementär in Chancen- oder Wertigkeitsklassen“, hieß es im Antrag weiter. Der Artikel 5 der Verordnung über verbotene Praktiken sollte nach dem Willen der Fraktion zudem erweitert werden, um das Recht auf Anonymität „sowohl im öffentlichen Raum als auch im Internet“ zu gewährleisten. Zudem soll die Verordnung um einen eigenen Titel zu „KI-Kompetenzen“ erweitert werden. Es liege im Interesse der EU und ihrer Mitgliedstaaten, dass ihre Bevölkerungen über „klares Wissen über den Einsatz von KI-Lösungen verfügen und damit als Nutzer ebenso souverän umgehen können, wie es Unternehmen, Universitäten oder Verwaltungen tun“, hießt es in dem Antrag, zu dem der Digitalausschuss eine Beschlussempfehlung (20/5512) eingebracht hatte. 

Sicherheitsstrategie: In einem weiteren mit der Mehrheit der übrigen Fraktionen abgelehnten Antrag sprachen sich die AfD-Abgeordneten für „eine nationale sicherheitspolitische Gesamtstrategie für realpolitisches Handeln im deutschen Interesse, insbesondere vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine“ (20/1746) aus. Zur Abstimmung hatte der Auswärtige Ausschuss eine Beschlussempfehlung eingebracht (20/4923). Unter anderem forderten die Antragsteller die Bundesregierung dazu auf, einen Nationalen Sicherheitsrat im Bundeskanzleramt unter Leitung des Bundeskanzlers einzurichten sowie einen Nationalen Sicherheitsberater samt Expertenstab einzusetzen. Der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik mangelt es nach Auffassung der Antragsteller an „realpolitischem Gestaltungswillen und belastbarer Glaubwürdigkeit“. Den aktuellen Herausforderungen einer veränderten Weltordnung und einem immer weiter reichenden internationalen Systemwettbewerb sei Deutschland nicht gewachsen. „Eine maßgebliche Ursache hierfür ist der Mangel an einer langfristigen, realistischen, stringenten und ideologiefreien Strategie, welche die deutschen Interessen formuliert und deren Umsetzung operationalisiert.“ Vor diesem Hintergrund sei es die dringende Aufgabe der Bundesregierung, umgehend den Bundessicherheitsrat zu einem ständigen, ressortübergreifenden Nationalen Sicherheitsrat nach österreichischem, französischem oder japanischem Vorbild mit effizienten und schlanken Strukturen umzubauen. Weitere Forderungen der Abgeordneten zielten auf die Einrichtung eines Parlamentarischen Kontrollgremiums für den Nationalen Sicherheitsrat und die regelmäßige Unterrichtung des Bundestags über die sicherheitspolitische Gesamtstrategie durch die Bundesregierung. 

Petitionen: Darüber hinaus stimmte das Parlament 14 Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses zu Petitionen zu, die beim Bundestag eingegangen und vom Petitionsausschuss beraten worden waren. Es handelte sich um die Sammelübersichten 257 bis 270 (20/5407, 20/5408, 20/5409, 20/5410, 20/5411, 20/5412, 20/5413, 20/5414, 20/5415, 20/5416, 20/5417, 20/5418, 20/5419, 20/5420).

Unterstützung afghanischer Ortskräfte

Darunter befand sich auch eine Petition mit der Forderung, afghanische Ortskräfte der Bundeswehr bei ihrer Ausreise aus Afghanistan zu unterstützen und dabei auch Beschäftigte von Vertragsnehmern zu berücksichtigen. Hierbei sei „höchste Eile geboten“, betont der Petent.

Die zurückgelassenen afghanischen Ortskräfte und ihre Familie fürchteten zu Recht die „blutige Rache“ der Taliban, da sie aus deren Sicht „mit dem Feind“ zusammengearbeitet hätten. Es gelte daher, diesen eine sichere Ausreise zu ermöglichen, heißt es in der öffentlichen Eingabe (ID 124611). 

Zweithöchsten Votum „zur Erwägung“

Die vom Petitionsausschuss in seiner Sitzung am Mittwoch, 25. Januar 2023, verabschiedete Beschlussempfehlung an den Bundestag sieht vor, die Petition dem Auswärtigen Amt, dem Bundesministerium der Verteidigung und dem Bundesministerium des Innern und für Heimat mit dem zweithöchsten Votum „zur Erwägung“ zu überweisen, sowie sie den Fraktionen des Bundestages zur Kenntnis zu geben.

Den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses zu Folge bedeutet die Erwägungsüberweisung, dass die Petition „Anlass zu einem Ersuchen an die Bundesregierung gibt, das Anliegen noch einmal zu überprüfen und nach Möglichkeiten der Abhilfe zu suchen“. 

Der Fürsorgepflicht nachgekommen

In der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung schreibt der Ausschuss, die Bundesregierung habe mit Einführung des Ortskräfteverfahrens im Jahr 2013 entschieden, grundsätzlich nur die Personen in das Verfahren einzubeziehen, die auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages für ein Ressort beziehungsweise mittelbar für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung bei einer Institution der deutschen bilateralen Entwicklungszusammenarbeit tätig waren oder sind. Ein solches Beschäftigungsverhältnis bedinge eine besondere Fürsorgepflicht des Arbeitsgebers. Dieser Fürsorgepflicht kämen die in Afghanistan engagierten Ressorts mit den etablierten Mechanismen des Ortskräfteverfahrens nach. 

Die beteiligten Ressorts hätten darüber hinaus vereinbart, dass in einzelnen, ganz besonders hervorgehobenen, begründeten Ausnahmefällen eine Aufnahme auch von Personal mit Werkvertrag in das ressortgemeinsame Ortskräfteverfahren erfolgen kann, wenn die individuelle Gefährdung explizit auf das Vertragsverhältnis zurückzuführen sei.

Bezüglich der Unterstützung der Ausreise von deutschen Staatsbürgern, Schutzbefohlenen und Ortskräften aus Afghanistan habe die Bundesregierung versichert, dass sie sich auch nach Beendigung der militärischen Evakuierungsoperation am 27. August 2021 ihrer Verantwortung für diese Personen in besonderem Maße bewusst sei und derzeit alle Möglichkeiten ausschöpfe, um eine schnellstmögliche und sichere Ausreise zu gewährleisten, heißt es in der Vorlage. (hau/eis/09.02.2023)

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