Parlament

Abschließende Beratungen ohne Aussprache

Ohne Debatte hat der Bundestag am Donnerstag, 2. März 2023, über eine Reihe von Vorlagen entschieden:

Telegram: Abgelehnt wurde ein Antrag der AfD mit dem Titel „Meinungsfreiheit schützen – Keine Zensur von Telegram“ (20/1029). Die Vorlage fand gegen die Stimmen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linke keine Mehrheit bei Zustimmung durch die Antragsteller. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (20/4471) zugrunde. Die AfD-Fraktion wendet sich in der Vorlage gegen eine Regulierung des Messenger-Dienstes Telegram. In einem Antrag unter dem Titel „Meinungsfreiheit schützen - Keine Zensur von Telegram“ (20/1029) fordert die Fraktion die Bundesregierung unter anderem dazu auf, „von jeglichen Aktivitäten Abstand zu nehmen, die das Ziel haben, den Messengerdienst Telegram in Deutschland zu verbieten beziehungsweise ihn im Zuge einer Netzsperre für deutsche Nutzer unerreichbar zu machen“. Weiter solle die Bundesregierung beispielsweise davon Abstand nehmen, den Dienst über das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) regulieren zu wollen und davon, „mit Drohungen einer wie auch immer durchzusetzenden Netzsperre des Dienstes Telegram ein politisch korrektes Verhalten erzwingen zu wollen“.

Verwaltungsdigitalisierung: Auch der Antrag der AfD mit dem Titel „Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung beschleunigen – Anforderungen an ein Onlinezugangsgesetz 2.0 berücksichtigen“ (20/2587) wurde mit der Mehrheit von SPD, CDU/CSU, Grüne, FDP und Linke gegen das Votum der Antragsteller abgelehnt. Der Entscheidung lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Heimat (20/5605) vor. Nach dem Willen der AfD-Fraktion soll die Bundesregierung eine Gesetzesnovelle zum Onlinezugangsgesetz (OZG) vorlegen, in der eine Neu-Priorisierung der umzusetzenden Verwaltungsdienstleistungen vorgenommen wird. Die Novelle solle einen beschleunigten Auf- und Ausbau einer leistungsfähigen föderalen IT-Infrastruktur mit elektronischen Registern und technischen Standards vorsehen, heißt es in dem Antrag. Dazu gehöre eine „vollständige Ende-zu-Ende-Digitalisierung“ vom Antrag bis zum Bescheid für diejenigen Verwaltungsdienstleistungen priorisiert, die zur Durchführung unmittelbar geltender EU-Rechtsakte oder der Ausführung von Bundesgesetzen notwendig seien, schreibt die Fraktion. Weiter heißt es, dass die noch nicht gebundenen Mittel für die OZG-Umsetzung aus dem Corona-Konjunkturpaket „ausschließlich in die Ertüchtigung elektronischer Register und föderaler IT-Infrastruktur zu investieren“ fließen sollen. Das Vergaberecht und die Vergabepraxis für IT-Dienstleistungen müsse angepasst werden, damit die Verwendung von quelloffener Software eine größere Verbreitung erfahre.

Mortalitätsregister: „Einführung, Aufbau und Betrieb eines nationalen Mortalitätsregisters für Forschungszwecke“ (20/4566) lautet der Titel eines weiteren AfD-Antrags, der mit der Mehrheit von SPD, CDU/CSU, Grüne, FDP und Linke gegen die Stimmen der AfD abgelehnt wurde. Die Entscheidung erfolgte auf Grundlage einer  Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit (20/5193). Die Todesfallerfassung und Erstellung einer Todesursachenstatistik liege in Deutschland sowohl hinsichtlich der Datenqualität als auch hinsichtlich der Datennutzungsmöglichkeiten hinter dem Standard anderer Länder zurück, heißt es. Für die epidemiologische Forschung und den damit verbundenen Gesundheitsschutz der Bevölkerung seien zuverlässige Daten zur Mortalität unerlässlich, heißt es in dem Antrag. Die Einrichtung eines nationalen Mortalitätsregisters würde eine zentrale Qualitätssicherung von Todesbescheinigungen und einen schnellen Datenzugriff ermöglichen, wodurch eine Intensivierung der epidemiologischen Forschung mit Mortalitätsdaten zu erwarten wäre, die auch zur Verbesserung der Datenqualität in der Todesursachenstatistik beitragen dürfte.

Medizinprodukte: Mit der breiten Mehrheit der Fraktionen des Bundestages wurde ein Antrag der AfD mit dem Titel „Verordnung zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit Produkten des medizinischen Bedarfs bei der durch das Coronavirus Sars-CoV-2 verursachten Epidemie sofort außer Kraft setzen“ (20/3271) gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt. Der Entscheidung lag eine Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses (20/4435) zugrunde. Die Verordnung ermöglicht die zentrale Beschaffung von Produkten des medizinischen Bedarfs durch die Bundesregierung zur Versorgung der Bevölkerung in der Corona-Pandemie. Zu den Produkten des medizinischen Bedarfs gehören beispielsweise Arzneimittel, Medizinprodukte, Labordiagnostika, persönliche Schutzausrüstung und Desinfektionsmittel. Nach Ansicht der AfD-Fraktion ist nicht nachvollziehbar, warum die Verordnung noch Bestand hat. Ihre Grundlage, die epidemische Lage von nationaler Tragweite, sei längst ausgelaufen.

Petitionen: Darüber hinaus stimmte das Parlament zwölf Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses zu Petitionen zu, die beim Bundestag eingegangen und vom Petitionsausschuss beraten worden sind. Konkret betrifft dies die Sammelübersichten 271 bis 282 (20/5571, 20/5572, 20/5573, 20/5574, 20/5575, 20/5576, 20/5577, 20/5578, 20/5579, 20/5580, 20/5581, 20/5582).

Elektronische Beantragung von Sozialleistungen

Darunter befindet sich auch eine öffentliche Petition (ID 75538) mit der Forderung, eine elektronische Beantragung von Sozialleistungen – einschließlich der Beratungshilfe und der Prozesskostenhilfe – zu ermöglichen. Analog zum elektronischen Verfahren in der Steuerverwaltung sollten nach Ansicht des Petenten auch im Sozialleistungsbereich Nachweise nicht eingereicht werden müssen, sondern nur noch für etwaige Beleganforderungen seitens der Behörden oder Gerichte vorgehalten werden müssen. Die Ersetzung der generellen Belegvorlagepflichten durch Vorlagepflichten solle dabei zeitlich vorgezogen werden, da dadurch schnell eine erste Entlastung für Bürger und Behörden von überflüssigem Aufwand erreicht werden könne, heißt es in der Eingabe. 

Die vom Petitionsausschuss in seiner Sitzung am 8. Februar 2023 verabschiedete Beschlussempfehlung an den Bundestag sieht nun vor, die Petition dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales, dem Bundesministerium des Innern und für Heimat und dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr „als Material“ zu überweisen, „soweit es um die Umsetzung und Weiterentwicklung des Online-Zugangs-Gesetzes geht“ und das Petitionsverfahren „im Übrigen abzuschließen“. Den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses zu Folge bedeutet dies, dass die Bundesregierung die Petition – mit der erwähnten Einschränkung – „in die Vorbereitung von Gesetzentwürfen, Verordnungen oder anderen Initiativen oder Untersuchungen einbeziehen soll“. 

Keine Formerfordernisse für eine Antragstellung

In der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung weist der Petitionsausschuss daraufhin, dass Antragstellungen in Sozialverwaltungsverfahren bereits nach bestehender Rechtslage elektronisch erfolgen könnten. Aufgrund der „grundsätzlichen Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens“ bestünden grundsätzlich keine Formerfordernisse für eine Antragstellung. Elektronisch – per E-Mail – gestellte Anträge reichten aus, soweit nicht durch Rechtsvorschriften eine besondere Form für den Antrag vorgesehen ist, heißt es in der Vorlage. Auch wenn für einen Antrag eine Schriftform vorgeschrieben ist, bestehe die Möglichkeit, diesen auf elektronischem Wege zu übermitteln.
Online-Zugangs-Gesetz wird derzeit umgesetzt 

Die Abgeordneten machen zudem darauf aufmerksam, dass die Behörden des Bundes und der Länder daran arbeiten, die Vorgaben des „Online-Zugangs-Gesetzes“ (OZG), das am 18. August 2017 in Kraft getreten ist, umzusetzen. Das OZG verpflichte Bund, Länder und Kommunen, ihre Verwaltungsleistungen für Bürger und Unternehmen auch digital über Verwaltungsportale anzubieten. Mit einem flächendeckenden elektronischen Angebot der Verwaltungsleistungen über OZG würden auch Nutzerkonten mit elektronischem Postfach eingeführt, über das die Bürger und Unternehmen mit den Behörden kommunizieren könnten und dass eine zusätzliche Option zur elektronischen Einreichung von Unterlagen und Anträgen an die Verwaltung eröffne, heißt es in der Beschlussempfehlung. 

Postfach auf Elster-Basis nutzbar

Dabei seien bundesweit im Rahmen der OZG-Umsetzung in verschiedenen Bundesländern schon elektronische Postfächer in den Nutzerkonten im Einsatz. Bundesseitig sei das Nutzerkonto Bund seit Anfang 2020 mit den entsprechenden Funktionalitäten online für alle Bürgerinnen und Bürger verfügbar.

Um die Flächendeckung schnellstmöglich zu erreichen, habe der IT-Planungsrat zudem im Frühjahr 2022 den Ausbau des Postfachs des Nutzerkontos Bund zu einem zentralen Postfach zur Nachnutzung durch die Länder beschlossen. Für Unternehmen sei seit Ende Juli 2021 das Postfach des einheitlichen Unternehmenskontos auf Elster-Basis für die Kommunikation nutzbar. (hau/ste/02.03.2023)

Marginalspalte