Geschichte

Vor 175 Jahren: Ausbruch der bürgerlichen Revolution in Berlin

Bild einer gezeichneten Szene einer Barrikade mit jubelnden Menschen, die einen vom Kampf zerfetzte aber wehende schwarz-rot-goldene Fahne

Kolorierte zeitgenössische Kreidelithographie der Barrikade in der Breiten Straße in Berlin mit dem Titel „Erinnerung an den Befreiungskampf in der verhängnisvollen Nacht vom 18 bis 19 März 1848“. (picture-alliance / akg-images)

Keinen friedlichen, sondern einen gewalttätigen Schritt auf dem Weg zur Demokratie in Deutschland markierte der Ausbruch der bürgerlichen Revolution in Berlin vor 175 Jahren am 18. März 1848. Die schweren Kämpfe zwischen preußischen Regierungstruppen und oppositionellen Bürgern mit Hunderten von Toten und mehr als tausend Verletzten waren der blutige Höhepunkt einer langen revolutionären Entwicklung. 183 tote Revolutionäre wurden am 22. März vor dem Deutschen Dom am Gendarmenmarkt aufgebahrt. Als der anschließende Trauerzug am Stadtschloss vorbeizog, verneigte sich König Friedrich Wilhelm IV. vor den Toten. In seinem Aufruf „An Mein Volk und die deutsche Nation“ versprach er das Aufgehen Preußens in Deutschland. Die Revolution hatte gesiegt. Ende März wurde die alte preußische Regierung durch ein liberales Ministerium abgelöst und Vorbereitungen für Wahlen zur preußischen und zur deutschen Nationalversammlung getroffen.

Krisen, Massenarmut und wachsende Unzufriedenheit

Nachdem infolge tiefgreifender wirtschaftlicher Krisen, Massenarmut und wachsender politischer Unzufriedenheit die Destabilisierung der sozialen und politischen Ordnung im Verlauf der 1840er-Jahre in weiten Teilen Europas bereits weit fortgeschritten war, spitzte sich die Situation Anfang 1848 zu. Ihren Ausgang nahm die revolutionäre Entwicklung in der französischen Hauptstadt Paris. Dort war im Februar 1848 der Bürgerkönig Louis Philippe gestürzt und die Zweite Republik ausgerufen worden. Der revolutionäre Funke sprang rasch nach Deutschland über und gab der schon lange schwelenden Protestbewegung gegen die alte Ordnung den entscheidenden Schub. Bei Demonstrationen und auf Protestversammlungen erhoben die liberalen und demokratischen Organisationen nun in allen deutschen Einzelstaaten gegenüber der Obrigkeit nachdrücklich ihre Forderungen nach Einhaltung der Menschenrechte und Gewährung bürgerlicher Freiheiten, vor allem von Presse-, Rede-, Vereins- und Versammlungsfreiheit.

Außerdem forderten sie politische Teilhabe durch freie Volkswahl eines Parlaments, Volksbewaffnung und das Überwinden der nationalstaatlichen Zersplitterung. Trotz gewisser Zugeständnisse der Obrigkeit – so sagten die Staatsführungen zahlreicher deutscher Einzelstaaten eine Beendigung der Zensur, die Ernennung liberaler Regierungen und Wahlen zu verfassunggebenden Versammlungen zu – radikalisierte sich die Bewegung zunehmend.

Ausbruch heftiger Straßen- und Barrikadenkämpfe

Nach kleineren gewaltsamen Zusammenstößen in den ersten Märztagen erreichten die revolutionären Unruhen in Berlin am 18. März 1848 ihren Höhepunkt. Obwohl der preußische König Friedrich Wilhelm IV. den Forderungen der aufständischen Bürger bereits nachgegeben und zugesagt hatte, den preußischen Landtag einzuberufen, Pressefreiheit einzuführen, Zollschranken zu beseitigen und den Deutschen Bund zu reformieren, gingen preußische Truppen gewaltsam gegen Demonstranten vor, die sich vor dem Schloss versammelt hatten, um den Abzug der Truppen aus der Hauptstadt zu fordern, nachdem sie kurz zuvor dem König für seine politischen Zugeständnisse mit Ovationen gedankt hatten. Daraufhin brachen heftige Straßen- und Barrikadenkämpfe mit Hunderten von Toten und über tausend Verletzten aus. Schließlich kapitulierte der König und zog seine Truppen am 19. März aus der Stadt zurück.

Wenige Wochen später, am 18. Mai 1848, begannen in der Frankfurter Paulskirche die Beratungen über eine Verfassung für ein geeintes und freiheitliches Deutschland, wenige Tage später nahm auch die preußische Nationalversammlung ihre Arbeit auf. Zwar gelang es beiden Versammlungen, trotz zahlreicher Widrigkeiten eine Verfassung zu erarbeiten und wichtige Schritte in Richtung eines föderalen deutschen Einheitsstaates auf parlamentarischer Grundlage zu unternehmen, letztendlich blieb aber beiden Parlamenten der Erfolg versagt. Die mit großen Hoffnungen angetretene liberale und demokratische Bewegung von 1848/49 musste sich am Ende den wieder erstarkten monarchistisch-restaurativen Kräften geschlagen geben. (wd/eis/13.03.2023)

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