Anträge zur Wahl des Europäischen Parlaments überwiesen
Der Bundestag hat am Donnerstag, 30. März 2023, erstmals über Anträge von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP (20/5990) und der AfD (20/6005) zur Wahl des Europäischen Parlaments beraten. Im Anschluss an die Aussprache überwiesen die Abgeordneten beide Anträge zur weiteren Beratung in den Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union.
Antrag der Koalitionsfraktionen
Die Koalitionsfraktionen fordern die Bundesregierung in ihrem Antrag (20/5990) auf, bei den Verhandlungen in Brüssel eine legislative Entschließung des Europaparlaments zum Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die allgemeine unmittelbare Wahl der Mitglieder des Europaparlaments sowie zur Aufhebung des Ratsbeschlusses 76/787/EGKS, EWG, Euratom und des „diesem Beschluss beigefügten Akts zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments“ zu unterstützen.
Auch wenn die Fraktionen in Einzelfragen noch politischen und juristischen Klärungsbedarf sähen, etwa bei der grundsätzlich vorgesehenen Geschlechterparität oder bei der Ausgestaltung eines gemeinsamen europäischen Wahltages, würden sie die Vorschläge des Parlaments vom 3. Mai 2022 grundsätzlich begrüßen, schreiben die Abgeordneten.
Positiv sei, dass viele Neuerungen die EU-weite Dimension der Wahl zum Europäischen Parlament deutlich stärken würden, „insbesondere die Schaffung eines unionsweiten Wahlkreises, in dem an der Spitze der Listen Kandidaten jeder politischen Gruppierung für das Amt der/des EU-Kommissionspräsidentin/en stehen“.
„Weitreichende Neuerung der rechtlichen Grundlagen“
Die Initiative des Europäischen Parlaments beinhalte eine weitreichende Neuerung der rechtlichen Grundlagen für die Wahl zum Europäischen Parlament, betonen die Abgeordneten. Sie bedeute „eine vollständige Ablösung des aus dem Jahr 1976 stammenden und zuletzt 2002 geänderten Direktwahlaktes durch eine Verordnung“. Die Implikationen dieses beabsichtigten Wechsels der Rechtsaktform seien im weiteren Verfahren zu prüfen.
Die Koalitionsfraktionen machen mit dem Antrag von der Möglichkeit einer Stellungnahme des Bundestages gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes Gebrauch.
Antrag der AfD
Auch der Antrag der AfD-Fraktion (20/6005) bezieht sich auf die legislative Entschließung und den Verordnungsvorschlag des Europaparlaments (Ratsdokument 9333/22). Die Fraktion sieht die Mitwirkungsrechte der nationalen Parlamente durch den Verordnungsvorschlag verletzt und fordert die Bundesregierung daher auf, dies „gegenüber dem verbliebenen Präsidium des Europäischen Parlaments zu thematisieren“. Außerdem solle sie dem Bundestag schildern, welche Auswirkungen sie durch die „wiederholte Missachtung der nationalen Parlamente“ erwartet.
In der Anlage zur legislativen Entschließung habe das Europäische Parlament den Verordnungsvorschlag bekanntgemacht, der den bisherigen rechtlichen Rahmen „durch qualitativ neue, weitgreifende Regelungen zu ersetzen sucht“, schreiben die Abgeordneten. Gleichzeitig habe das Europaparlament offenbar versucht, den nationalen Parlamenten ihre Mitwirkungsrechte in der Causa vorzuenthalten, indem es mit Blick auf die Anwendung des Subsidiaritätsgrundsatzes beziehungsweise der Subsidiaritätsfrist „Verwirrung gestreut hat“.
Der Verordnungsvorschlag tangiere zahlreiche wesentliche Belange der Mitgliedstaaten, daher dürften die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit entsprechend gelten, betont die AfD-Fraktion. Die Verfahrensweise des Europäischen Parlaments sei „inakzeptabel“. Sie zeuge von einem verzerrten Verständnis des Integrationsprozesses und der Rolle der nationalen Parlamente. (vom/joh/30.03.2023)