Auswärtiges

Experten blicken auf 50 Jahre UN-Mitgliedschaft Deutschlands – und auf weiterhin viel Arbeit

Am 15. Juni 1973 reichte Deutschland seinen Antrag auf Aufnahme in die Vereinten Nationen ein. Die bald 50-jährige Mitgliedschaft solle im September, dem Monat der Aufnahme Deutschlands in die Weltorganisation, gebührend gewürdigt werden, waren sich die Sachverständigen in der öffentliche Anhörung des Unterausschusses Vereinte Nationen zum Thema „50 Jahre Deutschland in den Vereinten Nationen“ am Mittwoch, 14. Juni 2023, einig. Vor allem aber liege weiter viel Arbeit vor den Verantwortlichen angesichts der globalen Herausforderungen, die die regelbasierte Weltordnung bedrohten, für deren Erhalt sich Deutschland weiterhin einsetzen müsse. 

Beigetreten am 18. September 1973, habe die Bundesrepublik Deutschland am 15. Juni desselben Jahres ihren Antrag um Aufnahme in die Vereinten Nationen gestellt, rief Ministerialdirektor Dr. Günter Sautter in Erinnerung. Heute müsse sich die Staatengemeinschaft anderen Herausforderungen stellen als vor 50 Jahren: dem Klimawandel, der Pandemie, oder dem systemischen Gegensatz zwischen neuen Autokratien und dem Westen. An keinem Ort werde die regelbasierte internationale Ordnung, für die die Vereinten Nationen stünden, momentan so sehr herausgefordert wie in der Ukraine durch den russischen Angriffskrieg.

Die besondere Verantwortung Deutschlands

Deutschland müsse in der Weltorganisation in Zukunft weiter Verantwortung übernehmen und für die Charta und die Menschenrechte einstehen. „Wenn es Deutschland nicht tut, wird es keiner tun. Es kommt auf unsere Prinzipienfestigkeit an.“ Über seine Partnerschaften in Europa und mit den USA hinaus müsse Deutschland zudem neue, globale Partnerschaften eingehen. Auf der Grundlage der Charta und ihrer Prinzipien wolle man mit gleichgesinnten Ländern die internationale Ordnung und die Vereinten Nationen modernisieren, wozu auch eine Reform des Sicherheitsrates gehöre. 

„Es sind nicht die allerbesten Zeiten für eine Weltgemeinschaft zum Feiern“, sagte Tim Richter, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen, und mahnte die besondere Verantwortung Deutschlands für die Vereinten Nationen an. Sei doch Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg ein Grund gewesen, „warum die Vereinten Nationen überhaupt gegründet werden mussten und konnten“. Aus dieser historischen Verantwortung erwachse eine besondere politische Verantwortung. 

Gleichstellung von Frauen

Elke Ferner, Vorsitzende von UN Women Deutschland, stellte die Arbeit dieser jüngsten Organisation der Vereinten Nationen vor, die das Thema der Gleichstellung von Frauen und Mädchen in Deutschland vertrete und als deutsches Komitee Spenden für die weltweiten Projekte, aber auch die Notfallhilfe von UN Women sammele, die die besonderen Bedürfnisse von Frauen und Mädchen im Blick habe. Dank des Engagements von UN Women sei zudem beispielsweise die Gleichstellung von Männern und Frauen als eigenständiges Ziel in den Social Development Goals der Vereinten Nationen verankert worden. 

Dass die Vereinten Nationen als internationaler Orientierungsrahmen Eingang in die neue deutsche Sicherheitsstrategie gefunden hätten, sei ein wichtiges Signal, sagte Dr. Christoph Heusgen, Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz und ehemaliger Ständiger Vertreter Deutschlands bei den Vereinten Nationen. Nicht zuletzt, da der Westen zuletzt weltweit stark in Misskredit geraten sei, solle Deutschland betonen, dass es uns in der Welt um universale Werte und den Erhalt der regelbasierten Ordnung gehe. Deutschland habe einen guten Ruf und könne eine stolze Bilanz vorweisen durch seine Außen- und Sicherheitspolitik und seine Arbeit in den Vereinten Nationen. Heusgen appellierte an die Parlamentarier als Haushälter, dass Deutschland seine Glaubwürdigkeit als Verteidiger der internationalen regelbasierten Ordnung auch weiterhin mit den beträchtlichen finanziellen Mitteln untermauere, die das Land zum zweitgrößten Beitragszahler gemacht hätten.

Rolle der Generalversammlung

Eine bedeutendere Rolle müsse künftig die Generalversammlung spielen als das Organ, in dem alle Mitgliedstaaten vertreten seien. „Wir sollten daran arbeiten, die Generalversammlung zu stärken.“ Sei doch von dieser ein starkes Signal ausgegangen mit der Verurteilung Russlands durch 141 Stimmen. Über die Generalversammlung solle man auch ein Sondergericht auf die Beine stellen, das über die Kriegsverbrechen der Präsidentschaft Wladimir Putins richte. Das schulde man den Opfern und es werde Nachahmer abhalten. 

Die Bundesregierung müsse schließlich auch die Reform des Sicherheitsrates weiter aktiv betreiben, der in seiner Zusammensetzung längst nicht mehr den heutigen Realitäten entspreche. Man müsse in dieser Frage etwas tun und auch mit diesem Thema die Generalversammlung befassen. Ein Textentwurf solle dabei möglichst die afrikanische Position abbilden. (ll/15.06.2023)

Zeit: Mittwoch, 14. Juni 2023, 14.30 Uhr bis 16.30 Uhr
Ort: Berlin, Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, Sitzungssaal 3.101

Marginalspalte