Befragung der Bundesregierung

Olaf Scholz nennt Prioritäten für den Haushalt 2024

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Sicherheit des Landes, das Fortbestehen als erfolgreiches Industrieland und die Stärkung des Zusammenhalts in der Gesellschaft als Prioritäten des Bundeshaushalts für das Jahr 2024 bezeichnet. Das Bundeskabinett hatte dem Haushaltsentwurf vor der Regierungsbefragung des Bundestages am Mittwoch, 5. Juli 2023, zugestimmt.

Stärkung der Bundeswehr und Industriestandortsicherung

Im Bundestag sagte Scholz, die Sicherheitsarchitektur Europas sei durch den russischen Angriffskrieg bedroht und die weitere Unterstützung der Ukraine müsse finanziert werden: „Wir müssen diese Aufgabe schultern.“ Daher sei es notwendig, die Bundeswehr zu stärken. Perspektivisch werde diese Aufgabe aus dem laufenden Bundeshaushalt finanziert werden müssen.

Zur Sicherung des Industriestandorts sagte der Kanzler, Deutschland solle bis 2045 klimaneutral gemacht werden. Dies geschehe durch eine Reihe von Maßnahmen, etwa durch die Entscheidung für neue Kraftwerke oder die Förderung der Elektromobilität, was sich im Haushalt widerspiegele. Scholz hob auf die Ansiedlung von Halbleiter-Unternehmen ab, die im Saarland, in Sachsen und in Sachsen-Anhalt entstünden.

Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts

Beim gesellschaftlichen Zusammenhalt wies Scholz auf Erleichterungen für kleine und mittlere Unternehmen bei Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen, auf das Bürgergeld und das Wohngeld, die Erhöhung von Kindergeld und Kinderzuschlag sowie auf das Deutschland-Ticket zur Förderung der Mobilität hin. Die Kindergrundsicherung wolle man vervollständigen, die Regierung werde entsprechende Entwürfe bis Ende August erarbeiten, damit sie Anfang 2025 in Kraft treten könnten.

Scholz fügte hinzu, viele hätten sich an die „großen Dimensionen“ der Haushalte während der Corona-Pandemie gewöhnt hätten. Klar sei, dass wieder Haushalte aufgestellt werden müssten, die nicht nur Krisen bekämpfen, sondern auch auf die Zukunft des Landes ausgerichtet sind.

Weiterentwicklung des Elterngeldes

Die CSU-Abgeordnete Dorothee Bär sprach geplante Einschränkungen beim Elterngeld zur Gegenfinanzierung der Kindergrundsicherung an. Die Entscheidung, das Elterngeld nur noch Eltern bis zum Einkommen von 150.000 Euro statt bisher 300.000 Euro zukommen zu lassen, treffe „die Mitte der Gesellschaft ins Mark“. Das Elterngeld sei eine der größten Errungenschaften der letzten Jahre und gleiche den Eltern Einkommensverluste durch die Geburt eines Kindes aus.

Auch der Bundeskanzler nannte das Elterngeld eine „große sozialpolitische Innovation“. Es sei jedoch vernünftig, über die „richtige Kalibrierung“ der Einkommensgrenzen zu diskutieren. Der Kerngedanke werde dabei nicht vergessen. Die Regierung habe sich vorgenommen, das Elterngeld dynamisch weiterzuentwickeln.

Kindergrundsicherung und Kindergeld

Die CDU-Abgeordnete Nadine Schön thematisierte die Kindergrundsicherung. Programme, die die Bildungschancen von Kindern verbessern sollen, würden gestrichen, wobei sie die Sprach-Kitas, den Digitalpakt Schule und die Lehrerbildung erwähnte. Scholz erwiderte, wichtig sei, dass Länder und Kommunen dazu beitragen, auf dem Weg zu einem flächendeckenden Kita-Angebot und der Ganztagsbetreuung in Grundschulen voranzukommen. Für die Entwicklung dieser Programme seien die Länder zuständig.

Heidi Reichinnek (Die Linke) erkundigte sich, warum in der mittelfristigen Finanzplanung für 2025 nur zwei Milliarden Euro für die Kindergrundsicherung eingestellt seien. Scholz nannte die Kindergrundsicherung ein wichtiges Projekt aller drei Koalitionsparteien. Ein großer Schritt sei mit der Kindergelderhöhung, die sieben Milliarden Euro koste, bereits gemacht. Damit werde die Lage der Familien „dramatisch“ verbessert. Zur Vorbeugung von Kinderarmut sei es wichtig, dass die Eltern Arbeit haben und keine Situation entsteht, in der Kinder auf Bürgergeld angewiesen sind.

Mindestlohn und Tarifautonomie

Susanne Ferschl (Die Linke) missfiel, dass die Mindestlohn-Kommission nur eine Cent-Erhöhung des Mindestlohns vorgeschlagen habe. Sie wollte von Scholz wissen, was er unternehme, damit der Mindestlohn nicht zu einem „Armutslohn“ wird.

Scholz erinnerte daran, dass der Mindestlohn 2022 per Gesetz auf zwölf Euro pro Stunde angehoben worden sei und die weiteren Erhöhungen nun wieder von der Kommission ausgehandelt würden. Die „Cent-Erhöhung“ empfand er nicht als richtigen Schritt und trat dafür ein, dass die Kommission nur einvernehmliche Entscheidungen treffen sollte. Im Übrigen sei die Tarifautonomie „einer der großen Kraftquellen unseres Landes“.

Kinderpornografie und IP-Adressen-Speicherung

Prof. Dr. Günter Krings (CDU/CSU) wies darauf hin, dass in Deutschland jeden Tag 48 Kinder Opfer sexueller Gewalt würden. Bei Fällen von Kinderpornografie könnten die Täter nur über die IP-Adresse ermittelt werden. Wegen fehlender Speicherung der Adressen sei es nicht möglich, die Täter dingfest zu machen. Scholz sagte, man dürfe nicht wegsehen und müsse etwas tun, um die Kinder zu schützen und die Täter zu ergreifen. In der Regierung werde diskutiert, wie eine geeignete Lösung gefunden werden kann, ohne die rechtsstaatlichen Fragen zu missachten. Er hoffe, bald konkrete Details nennen zu können.

Dem CDU-Abgeordneten Michael Breilmann sicherte der Kanzler zu, dass an einer Speicherpflicht von IP-Adressen zur Täterbekämpfung „mit großem Nachdruck“ gearbeitet werde.

Wirtschaftsentwicklung und Industriestrompreis

Die wirtschaftliche Lage thematisierte die CDU-Abgeordnete Julia Klöckner. Rezession, steigende Inflation und Arbeitslosenzahlen sowie Kapitalabflüsse führten bei den Unternehmen dazu, dass es „um Existenzen“ gehe. Scholz habe einen Industriestrompreis von vier Cent pro Kilowattstunde versprochen. Die Regierung habe alle Voraussetzungen getroffen, dass Deutschland geringe Strompreise haben könne. Die Windenergie werde so umgebaut, dass es billigen Strom geben werde. Wenn der Windkraftumbau im Süden Deutschlands gelinge, könnten für Bürger und Industrie billige Preise angeboten werden. Die CDU habe jede Windkraftanlage in Deutschland bekämpft, sagte der Kanzler: „Darunter leiden wir heute.“

Ähnlich wie Klöckner sprach Leif-Erik Holm (AfD) die wirtschaftliche Situation an. Der Wohnungsbau rutsche in eine starke Rezession, der Konsum sei schwach, Deutschland werde zum „kranken Mann Europas“. Den Nachbarn gehe es besser, in Frankreich werde investiert. Scholz wies darauf hin, dass es im Wohnungsbau aufgrund der Zinssteigerungen zu Anpassungen gekommen sei. Die Regierung habe bereits zu großen Investitionen im Wohnungsbau beigetragen. Auch in Deutschland werde investiert: „Wir sorgen für gute Investitionsbedingungen.“

Heizungsumrüstung und Wärmeplanung

Steffen Kotré (AfD) sagte, der Kanzler verdonnere die Leute zum Einbau von Wärmepumpen. Bei der Hälfte aller Häuser sei die Umrüstung von Kosten von 100.000 Euro verbunden. Die Regierung bringen die Leute um die Früchte ihrer Arbeit und enteigne die Bürger. Scholz sagte, er unterstütze die Europäische Zentralbank bei ihrem Vorgehen gegen die Inflation. „Wir sorgen für billige Energie, machen uns nicht abhängig von teuren Importen.“ Bis 2030 sollen 80 Prozent der Energie nach den Worten des Kanzlers aus erneuerbaren Quellen gespeist werden. Man werde dann sehr billige Strompreise haben. Scholz wies auf die Möglichkeiten der Tiefengeothermie, der Fernwärme, der Sonnenenergie hin.

Konstantin Kuhle (FDP) erkundigte sich nach dem angekündigten Wärmeplanungsgesetz. Die kommunale Wärmeplanung sei von größter Bedeutung, betont der Kanzler. Man arbeite mit Hochdruck daran, dass das Gesetz schnell komme. Kleinen Kommunen werde es möglich sein, ihre Entscheidung auch ohne Wärmeplanung treffen zu können. Das Gebäudeenergiegesetz sei der Maßstab für das deutsche Abstimmungsverhalten im Zuge der geplanten EU-Gebäuderichtlinie in Brüssel.

Industrieansiedlung und Rentenentwicklung

Die SPD-Abgeordnete Lena Werner erkundigte sich nach dem Deal mit dem US-Investor Intel für den Bau einer Chipfabrik in Magdeburg. 30 Milliarden Euro würden investiert, 9,9 Milliarden Euro gebe die öffentliche Hand dazu. Scholz nannte es ein „beeindruckendes Zeichen“, dass sich so viele internationale Unternehmen für den Standort Deutschland entschieden. Damit mache man sich weniger abhängig von Halbleiter-Lieferungen aus anderen Regionen. „Alle schlechten Rufe werden Lügen gestraft“, sagte Scholz. Eine große Rolle spiele dabei, dass man perspektivisch Strom aus erneuerbaren Energien haben werden.

Nach der Entwicklung der Renten frage Dr. Tanja Machalet (SPD). Scholz sagte zu, dass es keine weitere Anhebung des Renteneintrittsalters geben werde: „Das wäre unverantwortlich.“ Das müssten alle wissen, die im Altern von 17 Jahren ins Arbeitsleben eintreten. Die Regierung wolle für ein stabiles Rentenniveau in der Zukunft garantieren. Die „Rente mit 63“ nannte der Kanzler „ein Stück Generationengerechtigkeit“.

Fachkräfte-Zuwanderung und Kampf gegen Rechtsextremismus

Das Fachkräfte-Einwanderungsgesetz sichere den „Wohlstand von morgen“, erwiderte Scholz auf eine Frage der FDP-Abgeordneten Dr. Ann-Veruschka Jurisch. Er sei zuversichtlich im Hinblick auf den Asylkompromiss in der EU. Was die Einstufung von Georgien und Moldau als sichere Herkunftsstaaten angeht, werde an einem Gesetzentwurf gearbeitet, so der Kanzler.

Lamya Kaddor (Bündnis 90/Die Grünen) fragte, was die Regierung unternehme, um Bedrohungen entgegenzuwirken, die entstehen, wenn Politiker, die als rechtsextrem gelten, an die Spitze von kommunalen Verwaltungen kommen. Wer zur Bedrohung aufruft, sollte die „ganze Härte des Rechtsstaats“ zu spüren bekommen. Es sei Aufgabe aller, denen entgegenzutreten, die ein „Klima der Verängstigung“ schüren wollten: „Wir müssen als Gesellschaft zusammenstehen.“ Jeder müsse seine Möglichkeiten unabhängig vom Elternhaus nutzen können. Auch sollte die Leistung derjenigen wertgeschätzt werden, die ins Land gekommen sind und ohne die „unser Wohlstand kleiner“ wäre.

Der Grünen-Abgeordneten Schahina Gambir teilte der Kanzler mit, dass eine starke Zivilgesellschaft ein Bollwerk gegen Rechtsextremismus sei. Zur Umsetzung der Strategie „Gemeinsam für Demokratie und gegen Rechtsextremismus“ habe die Regierung einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht. Antidiskriminierung und Antirassismus würden vorangebracht. (vom/05.07.2023)

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