Petitionen

Petitionen zu Elterngeld und Psycho­therapeuten-Weiterbildung beraten

Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages hat sich in seiner öffentlichen Sitzung am Montag, 3. Juli 2023, mit der Forderung nach einer Erhöhung des Elterngeldes befasst. Später ging es um die Finanzierung der ambulanten und stationären Weiterbildung von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten.

Aktuell kein Fahrplan zur Dynamisierung des Elterngeldes

Zu der im Koalitionsvertrag geplanten Dynamisierung des Elterngeldes gibt es aktuell keinen Fahrplan. Das Vorhaben stehe unter dem Haushaltsvorbehalt, die Gespräche innerhalb der Bundesregierung dauerten an, sagte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Ekin Deligöz (Bündnis 90/Die Grünen). Grundlage der Sitzung war die in einer öffentlichen Petition erhobene Forderung nach einer Erhöhung des Elterngeldes (ID 148779). „Elternzeit und Elterngeldbezug dürfen kein Einfallstor in Familienarmut und Wohlstandverlust sein“, warnt die Petentin Daniela Weckmann in ihrer Eingabe, die 66.302-mal mitgezeichnet wurde. Seit der Einführung im Jahr 2007 seien die Elterngeldsätze nicht erhöht worden, wodurch sie aufgrund des Kaufkraftverlustes heute deutlich weniger wert seien. Die seit 16 Jahren nicht erfolgte Elterngeldanpassung komme aufgrund der Inflation einer Kürzung der Leistung gleich, insbesondere am unteren und oberen Ende des Elterngeldes, jedoch auch bei mittleren Einkommen, da diese seltener von den höheren Lohnersatzraten profitierten, heißt es in der Petition.

Vor den Abgeordneten sprach Weckmann von einem „strukturellen Problem, das dringend eine politische Antwort braucht“. Benötigt werde die Erhöhung des Mindestsatzes von 300 Euro „auf einen armutsfesten Satz“, die Erhöhung der 1.000-Euro Geringverdienergrenze, eine grundsätzliche Anhebung der Lohnersatzraten und die Erhöhung des Höchstsatzes von 1.800 Euro um 35 Prozent. „Zukünftig braucht es auch einen regelmäßigen Inflationsausgleich“, fügte sie hinzu.

Elterngeld als eine Lohnersatzleistung

Familien-Staatssekretärin Deligöz machte darauf aufmerksam, dass es sich beim Elterngeld um eine Lohnersatzleistung handle und nicht um eine existenzsichernde Leistung. „Es ist eine Lohnersatzleistung für zwölf plus zwei Monate“, so Deligöz. Ziel seiner Einführung sei es gewesen, die Erwerbstätigkeit zu fördern. Diesem Ziel komme es auch nach. Der Anteil der Mütter mit Kindern zwischen zwei und drei Jahren liege bei 43 Prozent.

Die existenzsichernden Leistungen hingegen, so Deligöz, fänden sich im Bürgergeld, Kindergeld und in Kinderfreibeträgen. „Diese familienpolitischen Leistungen, die wir in der Kindergrundsicherung zu einer armutsfesten Leistung ausbauen wollen, sind die Grundlage der Existenzsicherung, die beim Elterngeld nicht eingerechnet wird“, sagte sie. „Wir arbeiten sehr eng daran, die Kindergrundsicherung umzusetzen, um die Familien massiv zu entlasten - gerade in den unteren und mittleren Einkommensgruppen.“

Anteil von Vätern in Elternzeit

Auf den nach wie vor geringen Anteil von Vätern, die Elternzeit nehmen, verwies die die Petentin begleitende Rechtsanwältin Sandra Runge. 3,6 Monate würden Väter Elternzeit nehmen; Mütter 14,6 Monate. „Das ist seit Jahren eingefroren und da passiert auch nichts“, sagte sie. Daher müsse auch der Höchstsatz angepasst werden, weil aktuell bei den Vätern 33 Prozent den Höchstsatz beziehen würden. Bei den Müttern liege der Anteil bei 13,1 Prozent. Für knapp die Hälfte der Väter seien es finanzielle Gründe, nicht in Elternzeit zu gehen, sagte Runge.

Die Staatssekretärin wies wiederum auf den gestiegenen Anteil von Vätern in Elternzeit hin. Habe dieser 2007 bei drei Prozent gelegen, liege er in diesem Jahr bei 43,7 Prozent. Die unterschiedliche Länge bei der Inanspruchnahme sei auch durch Löhne und Gehälter begründet. „Frauen verdienen bedauerlicherweise weniger als Männer. Das bildet sich auch im Elterngeld ab“, sagte Deligöz.

Sorge um Nachwuchsmangel bei Psychotherapeuten

Auch wenn derzeit laut dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium (BMG), Edgar Franke (SPD), ein „Run auf das Psychologiestudium“ zu verzeichnen ist, drohen Nachwuchsprobleme im Bereich der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Das machten Felix Kiunke, Psychologie-Student aus Kassel und Initiator einer Petition an den Bundestag, sowie die Leiterin der Ausbildungsambulanz für psychologische Psychotherapie an der Universität Mainz, Andrea Benecke, im weiteren Verlauf während der Sitzung des Petitionsausschusses deutlich.

Kiunke sieht die Zukunft des psychotherapeutischen Nachwuchses in Gefahr. Die unzureichende Finanzierung der ambulanten und stationären Weiterbildung gefährde die Qualifizierung von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Es sei deshalb dringend erforderlich, jetzt gesetzliche Grundlagen für die notwendige Finanzierung zu schaffen, fordert er in seiner öffentlichen Petition (ID 148151), die neben 54.097 Online-Mitzeichnungen auch noch 18.009 „analoge“ Unterschriften verbuchen konnte.

Reform des Psychotherapeutengesetzes von 2019

Für die benötigte fünfjährige Weiterbildung gebe es bislang praktisch keine Plätze, sagte Kiunke vor den Abgeordneten. „Ohne eine gesetzlich geregelte Finanzierung wird das auch so bleiben“, fügte er hinzu. Dabei sei eines der Ziele der Reform des Psychotherapeutengesetzes von 2019 gewesen, die prekären Ausbildungsbedingungen für angehende Psychotherapeuten (PiA) zu beseitigen, die die Kosten für ihre Ausbildung hätten selber tragen müssen und zugleich in Kliniken mit geringer oder gar keiner Bezahlung beschäftigt gewesen seien.

Die neue Weiterbildung finde nun in hauptamtlicher Anstellung mit, laut Gesetzen der Heilberufe-Kammer, „angemessener Bezahlung“ statt. Diese könne aber im ambulanten Teil für die Psychotherapeuten in Weiterbildung (PtW) nicht durch die Vergütung der Behandlungsstunden gedeckt werden, sagte der Petent. „Die Finanzierung des Zusatzbedarfes ist also zwingend erforderlich“, betonte er. Ohne diesen werde es keine flächendeckenden Weiterbildungsplätze geben. Im stationären Bereich wiederum gebe es für die PtW aktuell nicht genug Personalplanstellen, da diese während der Übergangszeit bis 2032 noch von PiA benötigt würden. „Wenn aber der Nachwuchs wegfällt, führt das zu einer dramatischen Versorgungslücke“, warnte Kiunke.

Sicherstellung der bedarfsgerechten Versorgung

„Für die Bundesregierung ist die Sicherstellung der bedarfsgerechten psychotherapeutischen Versorgung ein sehr wichtiges Anliegen“, sagte BMG-Staatssekretär Franke und sicherte zu, die Petition hausintern intensiv zu prüfen. Im stationären Bereich, so sagte er weiter, seien die Kosten für die PtW aktuell schon zu berücksichtigen und grundsätzlich zu refinanzieren. Für genaue Aussagen fehlten im BMG aber die benötigten Zahlen. Durch die hohe Anzahl der Absolventen gebe es das Problem, „diese Stellen bereit zu halten“. Das Ganze ist aus seiner Sicht „weniger ein finanzielles als ein organisatorisches Problem“. Aktuell, so konstatierte Franke, gebe es aber keinen akuten Mangel an Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten.

Aus Sicht der Leiterin der Ausbildungsambulanz an der Universität Mainz, Andrea Benecke, wird es jedoch bald einen Nachwuchsmangel geben. Dann nämlich, „wenn die Stellen nicht zur Verfügung stehen und der Nachwuchs die Weiterbildung nicht absolvieren kann“. Es müsse also gesetzgeberisch gehandelt werden. „Wir würden sonst viele Menschen nicht versorgen können, die es dringend nötig hätten“, sagte sie. (hau/03.07.2023)

Marginalspalte