Der Bundestag hat am Freitag, 27. September 2024, einen Antrag der Unionsfraktion dem Titel „Für Wachstum und mehr Wettbewerbsfähigkeit – Die deutsche Wirtschaft braucht jetzt ein Sofortprogramm“ (20/11950) mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und der Gruppen Die Linke und BSW gegen die Stimmen der CDU/CSU und AfD abgelehnt. Dazu hatte der Wirtschaftsausschuss eine Beschlussempfehlung (20/13023) abgegeben.
Ein weiterer Antrag der Unionsfraktion mit dem Titel „Unsere Automobilindustrie braucht eine Zukunft – Den Industriestandort Deutschland wettbewerbsfähig machen“ (20/12963) wurde nach erster Aussprache zur weiteren Beratung an den federführenden Wirtschaftsausschuss überwiesen.
Von der Tagesordnung abgesetzt wurde die Abstimmung über einen dritten Antrag der Unionsfraktion mit dem Titel „Wirtschaftswende jetzt – Sofortprogramm für die deutsche Wirtschaft“ (20/10371).
In der Debatte wurden tiefgreifende Meinungsunterschiede deutlich, wie der Automobilindustrie, dem wichtigsten Industriezweig in Deutschland, geholfen werden könnte. Koalitionsfraktionen und die Gruppe Die Linke wollen am geplanten Verbot des Verbrennermotors ab 2035 festhalten, CDU/CSU und AfD wollen es aufheben und setzen auf Technologieoffenheit.
CDU/CSU: Fatale Wirtschaftspolitik der Ampel
Julia Klöckner (CDU/CSU) kritisierte: „Die Wirtschaftspolitik der Ampel ist fatal.“ Außerdem seien die Bürger verunsichert. So habe die Ampel-Bundesregierung die Zuschüsse für E-Autos gestrichen. Folge sei ein Absatzeinbruch um 69 Prozent bei E-Autos.
Jens Spahn (CDU/CSU) ergänzte: „Keine Bundesregierung hat so viel Vertrauen verloren und für Frust gesorgt.“
SPD: Wirtschaft steht unter enormem Druck
Sabine Poschmann (SPD) erklärte, Populismus und blinder Aktionismus würden jetzt nicht weiterhelfen. Ein Teil der Wirtschaft stehe unter enormem Druck, die Konkurrenz aus China sei drückend. Die Regierung habe das erkannt und das Wachstumschancengesetz auf den Weg gebracht. Das habe die Union jedoch blockiert.
Gebraucht würden Investitionen in den klimagerechten Umbau der Wirtschaft und in die Infrastruktur. Dafür seien im Haushalt 81 Milliarden Euro vorgesehen.
AfD: Krise der Autoindustrie ist hausgemacht
Dr.-Ing. Dirk Spaniel (AfD) wies den Eindruck zurück, dass staatliche Hilfen die Autoindustrie retten könnten. Die Krise der Autoindustrie sei hausgemacht. Das Geschäftsmodell der Autobauer sei von der Politik „weggeschossen“ worden.
n Deutschland könnten keine konkurrenzfähigen E-Autos produziert werden. Spaniel forderte eine Abschaffung des geplanten Verbots von Verbrennungsmotoren. Die den Autoherstellern drohenden Strafzahlungen müssten entfallen.
Regierung: Verbrennerverbot gibt Planungssicherheit
Ab 2035 keine Verbrennermotoren mehr zuzulassen, gebe auch Planungssicherheit, sagte Michael Kellner (Bündnis 90/Die Grünen), Parlamentarischer. Staatssekretär beim Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Die E-Mobilität habe damit Zukunft.
In China zeige sich, dass die deutschen Unternehmen auf ihren Fahrzeugen mit Verbrennermotoren sitzen blieben. Das meistgebaute Auto der Welt sei ein E-Auto und das werde auch in Grünheide (bei Berlin) gebaut. Dort produziert der US-Hersteller Tesla.
Grüne: Zukunft des Autos ist elektrisch
Dr. Sandra Detzer (Bündnis 90/Die Grünen) sagte, Automobilindustrie und Zulieferer hätten es verdient, dass das Auto der Zukunft aus Deutschland komme. Dabei müsse die Industrie unterstützt werden.
Man erlebe derzeit die „zweite Geburt des Automobils“. Die Zukunft des Autos sei elektrisch. Wer an der alten Technik festhalte, gefährde die Zukunft, sagte die Grünen-Abgeordnete.
FDP: Von der Leyen kann Verbrennerverbot aufheben
Dr. Lukas Köhler (FDP) forderte: „Wir müssen dafür sorgen, dass wir eine brummende Wirtschaft haben.“ Nur so könne man sich den Sozialstaat leisten.
Das Verbrennerverbot und die drohenden Strafzahlungen für die Autoindustrie könne EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen aufheben, sagte Köhler an die Adresse der Union. Von der Leyen gehört der CDU an.
Linke gegen Aufhebung der Flottengrenzwerte
Jörg Cezanne (Gruppe Die Linke) kritisierte die Unfähigkeit deutscher und europäischer Hersteller, ein preisgünstiges E-Auto anzubieten: „Hier gilt es einzugreifen“.
Eine Aufhebung der Flottengrenzwerte lehnte Cezanne ab.
Abgelehnter Antrag der CDU/CSU
Die Unionsfraktion hatte in ihrem abgelehnten Antrag (20/11950) eine Begrenzung der Sozialabgaben bei 40 Prozent des Bruttoarbeitslohns gefordert, „um die Arbeitskosten in Deutschland wieder wettbewerbsfähiger zu machen“. Zudem sollten Überstunden für Vollzeitbeschäftigte steuerlich begünstigt werden und die ersten 2.000 Euro Arbeitseinkommen im Monat für Rentner steuerfrei sein. Das von der Bundesregierung eingeführte Bürgergeld wollte die Unionsfraktion abschaffen und stattdessen eine neue Grundsicherung einführen.
Gefordert wurde außerdem, steuerliche Entlastungen für Unternehmen umzusetzen, etwa über eine schrittweise Senkung der Steuern für im Unternehmen verbleibende Gewinne auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau von 25 Prozent. Die laut Union „von der Regierungskoalition deutlich erhöhte steuerliche Belastung der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe“ müsse auf ein Niveau abgesenkt werden, „das dem europäischen Durchschnitt entspricht“. Das deutsche Lieferkettengesetz gesetzlich aufzuheben, lautete eine weitere Forderung in dem Antrag.
Überwiesener Antrag der CDU/CSU
Die CDU/CSU-Fraktion hat in ihrem überwiesenen Antrag (20/12963) ein Bündel vom Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der Automobilindustrie und zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Deutschlands vorgeschlagen. Darin wird gefordert, auf die zum 1. Januar 2025 auf EU-Ebene vorgesehene Senkung des CO2-Flottengrenzwertes zu verzichten und die vor Jahren festgelegten ambitionierten Ziele den aktuellen Erkenntnissen und der Realität anzupassen. Es sei dringend nötig, die CO2-Flottenziele bis 2035 neu auszurichten. Die den Autoherstellern drohenden Strafzahlungen bei Nichteinhaltung der bisherigen Flottengrenzwerte sollten ausgesetzt werden.
Außerdem solle sich die Bundesregierung für Technologieoffenheit einsetzen und die Zukunft des Verbrennermotors durch klimafreundliche CO2-neutrale Kraftstoffe dauerhaft und ohne Enddatum sichern, fordert die CDU/CSU-Fraktion. Auf nationaler Ebene wird verlangt, mit den Einnahmen aus der CO2-Bepreisung die Stromsteuer dauerhaft und für alle auf das europäische Minimum zu senken. Außerdem sollten die Netzentgelte gesenkt werden.
Die Automobilindustrie sei der bedeutendste Industriezweig in Deutschland, schreibt die Unionsfraktion. Überregulierung, unflexible Arbeitsregelungen, hohe Energiepreise und Lohnkosten würden den deutschen Automobilstandort jedoch schwächen. Eine zentrale Ursache für die Krise der Automobilindustrie liege in dem „ideologisch verengten wirtschafts- und industriepolitischen Kurs der Ampel-Bundesregierung“ und der damit verbundenen Fokussierung auf einzelne, politisch definierte Technologien. Welche nachhaltige Antriebstechnologie sich durchsetzen werde, müsse aber den Marktkräften überlassen werden. (hle/hau/nki/27.09.2024)