Kinderkommission

Kinder-Sachverständige fordern mehr Beachtung ihrer Interessen

Getreu dem Motto „Kinder sind die besten Expertinnen und Experten in eigener Sache“ trugen im Fachgespräch der Kinderkommission (Kiko) am Weltkindertag, Mittwoch, 20. September 2023, Grundschülerinnen und Grundschüler aus Friesland und Rostock ihre Forderungen an die Politik vor. Die jungen Sachverständigen vom Rostocker Freizeitzentrum „Kinderstadt Rostock“ sowie von der Freien Schule Friesland vom Verein „Freies Lernen in Friesland e.V.“ hatten auf dem vom Deutschen Kinderhilfswerk im Frühjahr ausgerichteten Kinder- und Jugendgipfel in Berlin Probleme und Lösungen zu dem Themenfeld Umwelt- und Klimaschutz gesammelt. 

„Wie wir euch eine umweltfreundliche Gesellschaft schaffen können“, darüber diskutierten die aktuelle Vorsitzende der Kiko, Emilia Fester (Bündnis 90/Die Grünen) sowie die anderen Mitglieder des Gremiums mehr als eine Stunde lang mit den Sechs- bis Zwölfjährigen. Dabei sprachen die Kinder ganz konkrete Probleme aus ihrem Umfeld an und richteten entsprechende Forderungen an die Politik, warteten aber auch mit einigen Lösungsvorschlägen auf. Ein Top-Thema für die Kinder war die Vermüllung ihrer Wohnorte –die Lösung: mehr Müllbehälter und eine Müllsammelaktion der Schüler.

Zu viel Verpackungsmüll, zu wenige Tablets

Leonard aus Friesland forderte gesetzgeberische Maßnahmen gegen zu viel Verpackung. Spielzeuge seien oft viel zu dick eingepackt. Dem schloss sich Fiona an: Mehr Läden sollten daran teilnehmen, auf Verpackungen zu verzichten. 

Sophie prangerte an, dass in ihrer Schule Tablets fehlen. Darüber hinaus wünschten sich die Kinder mehr Fahrradstraßen.

Kinder-Sachverständige fordern mehr Beteiligung

Fiona und Kimberly aus Rostock mahnten an, dass Kinder stärker eingebunden werden müssten, beispielsweise durch eine Senkung des Wahlalters, Wilma und Leonard forderten Unterstützung für ihre Idee eines Kinderbundestages. Einmal im Jahr wolle man zudem künftig die Bürgermeisterin treffen, um aktuelle Fragen und Probleme zu besprechen. 

Darüber hinaus sprachen die Kinder allgemeine Themen wie den Klimawandel an. Sowohl durch die Medien als auch beim Gespräch am Abendbrottisch in der Familie kämen sie mit dem Problem der Klimakrise in Berührung, sagte Fiona. Das letzte Mal vor fünf Jahren habe es genug Schnee zum Rodeln gegeben. 

Konkrete Lösungsansätze zur Bewältigung der Umwelt- und Klimakrise forderte Amelie aus Rostock von den Politikern ein und ihre Mitstreiterin Emma Sophie sprach die Luftverschmutzung durch Kraftwerke und Verkehr an. Über all dies müsse zudem die Schule besser informieren. Das Mädchen hatte sich auch mit dem Thema Landwirtschaft beschäftigt. Es stimme sie traurig, dass durch den Einsatz von Pestiziden das sommerliche Konzert von Fröschen und Libellen verstummt sei.

Und Wilma Jean und Piet Lowik aus Friesland machten sich Gedanken um die Verletzung der Kinderrechte im Krieg in der Ukraine. Es habe Tote und Verletzte gegeben, als ein Markt unter Beschuss geraten sei. 16-jährige Jugendliche würden zum Wehrdienst einberufen. Und die kleine Käte Magdalene sagte, man habe sich beim Kindergipfel damit beschäftigt, wie man Dinge verändern könne, damit es anders laufe als jetzt. 

„Kinder können auch bestimmen“

Die vorgetragenen Punkte zeigten, was die Politik, wie sie im Parlament gemacht werde, für Auswirkungen auf die Lebenswelt der Kinder habe, sagte Fester. Und fragte ihre jungen Gäste: Wie würdet ihr als Bundestagsabgeordnete entscheiden? Da wurde noch einmal eindringlich die Achtung der Kinderrechte eingefordert, das Recht auf körperliche Unversehrtheit. 

Als nächstes Projekt nehmen sich die Kinder die Abhaltung eines Kinderbundestages vor, war zu hören. „Kinder können auch bestimmen“, sagte Amelie. „Wir müssen die Kinder ermutigen mitzumachen.“ Man wolle die eigenen Forderungen weiter tragen und an die Politik überreichen, so wie es gerade geschehe.

„Junge Leute sollen auf allen Ebenen mitreden dürfen“

Die Kinder wiederum konnten bei der Sitzung etwas über Politik und die Zuständigkeiten im föderalen Deutschland lernen. An wen muss man sich mit einer bestimmten Frage überhaupt wenden? Wer was für sie tun kann, dafür hatten die Kinder aber bereits einen guten Riecher. So wollen sie die Bürgermeisterin treffen, um Schulangelegenheiten zu besprechen oder für das Aufstellen neuer Mülleimer zu kämpfen. 

„Die stellt nicht der Bundeskanzler auf“, erklärte Paul Lehrieder (CDU/CSU). Viel werde nicht hier Berlin entschieden, „sondern bei Euch in der Gemeinde. Viele Entscheidungen werden dort getroffen, wo ihr wohnt.“ Und forderte die Kinder auf, den Kontakt mit Gemeinderäten und Bürgermeistern zu suchen. Der Kinderschutz wiederum sei ein Thema, das der Bundestag reguliere.

Kommune, Bundesländer, Bundesebene, Europa: Sie hätten mit ihren Forderungen und Ideen alle Ebenen angesprochen, auf denen Politik gemacht werde, erklärte Fester den jungen Sachverständigen. Über Pestizide werde in Europa gesprochen, das Thema Gewalt könne auf der Bundesebene besprochen werden, Fragen von Schule und Bildung gehörten auf die Landesebene und mit der Müllentsorgung beschäftige sich die Kommune. „Ihr habt damit einmal mehr untermauert: Junge Leute sollen auf allen Ebenen mitreden dürfen.“

Fester: Kinder sind extrem politisch

Schließlich kamen die Mitglieder der Kiko und ihre Gäste immer mehr ins Gespräch. „Was macht ihr eigentlich sonst in den Sitzungen“, wollte Amelie wissen. Man lade gerade viele junge Leute ein, um deren Lebenswelt besser zu verstehen, sagte Fester.

Mehr Schnelligkeit, mehr Modernisierung, mehr Sauberkeit, mehr Mülleimer, in die auch Zigaretten hineinpassen, und für Partys Blumensamen-Konfetti statt solche aus Papier – die Ideen und Forderungen in der Schlussrunde waren so bunt, und so ernst gemeint,  wie die Welt der Kinder sich darstellt und Kinder sie verstanden wissen wollen. „Alle Themen, die ihr angesprochen habt, greifen wir auf und tragen sie an die Fachausschüsse weiter, um daraus gute Politik für euch zu machen“, versicherte die Kiko-Vorsitzende. „Ihr habt bewiesen, dass Kinder extrem politisch sind und ganz viel aus ihrer Lebenswelt erzählen können, womit wir als Bundestagsabgeordnete arbeiten sollten.“ (ll/20.12.2023)

Marginalspalte