Gesundheit

Schutz von Ärzten und medizinischen Einrichtungen

Deutschland muss als internationaler humanitärer Akteur profilierter auftreten und der Schutz von Ärzten und medizinischen Einrichtungen muss weltweit verbessert werden, forderten die Sachverständigen im Fachgespräch des Unterausschusses „Globale Gesundheit“  am Montag, 18. September 2023, zum Thema „Gesundheit in Konflikten und Krisensituationen“.

Ärzte und Hospitäler zwischen die Fronten

Wie Ärzte und Hospitäler weltweit in Konfliktsituationen und Gewaltsituationen immer wieder zwischen die Fronten geraten, schilderte Dr. Micaela Serafini vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK). Mediziner versuchten auch unter schwierigsten Bedingungen Leben zu retten, die Versorgung der Patienten aufrecht zu erhalten. Dabei würden sie selbst oft Ziel von Angriffen. In den Jahren 2021/22 habe es weltweit 1.200 Zwischenfälle gegeben, in denen Gesundheitseinrichtungen angegriffen wurden: Zugänge versperrt, Operationen gestört, Gewalt gegen Patienten ausgeübt, Personal behindert, Gebäude und Fahrzeuge beschädigt, Medikamentenvorräte geplündert wurden.

Serafini unterstrich, dass das humanitäre Völkerrecht den speziellen Schutz derjenigen gebiete, die sich in Konflikten um Verwundete kümmern. In einem Konflikt sollte zudem jedem Verletzten nach den Grundsätzen der Humanität unparteiische Hilfe zukommen, egal ob Freund oder Feind. Das Internationale Rote Kreuz versuche zusammen mit seinen Mitgliedern und Partnern die widrigen Bedingungen in Gewaltkonflikten zu mildern und Verbesserungen herbeizuführen, damit Hospitäler, Ärzte und Einsatzkräfte ihre Aufgaben wahrnehmen und die Gesundheitsversorgung auch in Gefahrenkontexten sichern können. Dazu habe das IKRK bereits vor zehn Jahren die Initiative „Health Care in Danger“ ins Leben gerufen. Diese umfasse Maßnahmen, um die Sicherheit von Personal, Patienten, Gebäuden und Fahrzeugen zu erhöhen. Außerdem unterstütze man Regierungen dabei, militärische Praktiken zu ändern, medizinisches Personal zu schützen und dazu die entsprechende lokale Gesetzgebung zu entwickeln. 

Man brauche jetzt aber dringend noch mehr politische Unterstützung, warb Serafini, um eine funktionierende Gesundheitsversorgung auch in Konflikten zu sichern. Staaten müssten die humanitären Grundsätze und internationale Standards der Gesundheitsversorgung in ihre nationale Gesetzgebung integrieren. Militärische Regeln und Verhaltensweisen seien zu ändern, um medizinischen Einrichtungen Schutz zu gewähren. „Gemeinsam können wir sichern, dass Gesundheitsversorgung auch in Konflikten keine Grenzen kennt.“

Angriffe auf Personal, Fahrzeuge und Einrichtungen

„Wir haben ein sehr relevantes Problem“, das nicht nur den Ukraine-Konflikt betreffe, sondern weltweit bestehe, unterstrich Ralf Südhoff, Direktor des Centre for Humanitarian Action, die Notwendigkeit zu handeln. Es gebe einen klaren Trend, medizinisches Personal, Einrichtungen und Fahrzeuge anzugreifen. Das reihe sich ein in das Phänomen des „shrinking humanitarian space“, also des schwindenden Raumes für ziviles, gesellschaftliches und humanitäres Handeln aufgrund rücksichtsloser Gewaltakteure und staatlicher Ignoranz. Die medizinische Versorgung komme längst nicht mehr nur in zwischenstaatlichen Auseinandersetzungen unter die Räder, sondern vor allem auch nichtstaatliche Akteure in asymmetrischen Konflikten machten es der Gesundheitsversorgung schwer. Die neutrale unparteiische Hilfe werde zudem immer häufiger hinterfragt und humanitäre Akteure würden als Konfliktpartei wahrgenommen - und angegriffen.

Die Mitglieder der Vereinten Nationen müssten das humanitäre Völkerrecht vor diesem Hintergrund weiterentwickeln. Dabei komme Deutschland eine entscheidende Rolle zu, seien doch sämtliche ständigen Mitglieder des Weltsicherheitsrates selbst in Konflikte verwickelt und begrenzten so die Handlungsfähigkeit der Weltorganisation. Deutschland müsse seine humanitäre Diplomatie ausbauen und seine humanitäre Strategie mit Leben füllen, forderte Südhoff. Momentan leide die Glaubwürdigkeit Deutschlands als humanitärer Spieler, da Berlin zwar hohe Mittel vergebe, die Mitarbeiterzahl im Auswärtigen damit allerdings nicht Schritt gehalten habe und die deutschen Botschaften in Krisenländern, dort wo es am nötigsten wäre, leider sehr klein seien.

Außerdem beabsichtige die Bundesregierung leider nicht, die Mittel für humanitäre Hilfe weiter zu steigern, sondern das Budget, trotz steigender Probleme, „auf 1,8 Milliarden Euro zurückfallen“ zu lassen. So könne man die Partner im globalen Süden nur schwer überzeugen, humanitäre Prinzipien einzuhalten. Um seine Glaubwürdigkeit als humanitärer Spieler zu wahren, brauche Deutschland eine Strategie und die entsprechenden Ressourcen. Er rief die Abgeordneten dazu auf, die humanitäre Diplomatie finanziell besser auszustatten und zu stärken. Dies sei angesichts zahlreicher lang anhaltender Konflikte weltweit dringend geboten. (ll/19.09.2023)

Marginalspalte