Disput über die Weiterentwicklung der nationalen Datenstrategie
Der Bundestag hat am Donnerstag, 28. September 2023, erstmals über die Weiterentwicklung der nationalen Datenstrategie der Bundesregierung mit dem Titel „Fortschritt durch Datennutzung – Strategie für mehr und bessere Daten für neue, effektive und zukunftsweisende Datennutzung“ (20/8260) beraten. Im Anschluss an die Aussprache wurde die Unterrichtung zur weiteren Beratung in den federführenden Ausschuss für Digitales überwiesen.
Ministerium: Boden bereiten für Aufholjagd
Staatssekretärin Daniela Kluckert (FDP) vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr betonte in der Debatte, dass die Strategie auf mehr Fortschritt durch bessere Daten abziele. Sie bereite den Boden für die Aufholjagd beim Thema Daten, bei der die Mitarbeit aller nötig sei. Lang habe sich die Bundesrepublik schwer damit getan, Daten bereitzustellen und sicher zu teilen. Mit Blick auf den Staat, aber auch auf Unternehmen, Wissenschaft und Zivilgesellschaft sagte Kluckert: „Die Datenqualität ist von entscheidender Bedeutung.“
Das Nutzen und Teilen von Daten müsse der Normalfall werden, Bedenken dabei dürften nur greifen, wenn diese begründet seien, erklärte Kluckert den Kulturwandel der Strategie. Teil der Weiterentwicklung seien auch offene Schnittstellen und Standards. Datengetrieben Innovationen und Schutzrechte müssten dabei zusammengebracht und das Vertrauen von Bürgern und Unternehmen für den Austausch von Daten gestärkt werden, „statt auf diesen zu sitzen“, so Kluckert. Unterstützung bekam sie von FDP-Fraktionskollegen Volker Redder, der betonte, dass die meisten Datensammlungen mithilfe von Steuergeldern entstanden seien. Es sei nur „fair und gerecht“, diese als neue Möglichkeiten der Wertschöpfung den Bürgern und der Wirtschaft zur Verfügung zu stellen.
CDU/CSU: Die Strategie kommt zu spät
Für die Unionsfraktion kritisierte Nadine Schön (CDU/CSU), dass die Strategie zu spät komme und keine konkreten Maßnahmen enthalte. Sie verwies auf die Datenstrategie der Vorgängerregierung von CDU/CSU und SPD, die diesbezüglich vorgelegt habe. Die Überschrift der Strategie der Ampel biete zwar einen positiven Zugang zum Thema Daten, allerdings sei die Frage, ob auch die Maßnahmen diesen „optimistischen Geist“ tragen.
Der Zugang zu Daten in allen Bereichen sei essenziell sagte Schön in Bezug auf Forscher, die oftmals Daten aus dem Ausland nutzen müssten oder die direkt ins Ausland gingen, um forschen zu können. Mit Blick auf das für 2024 angekündigte Forschungsdatengesetz sagte sie: „Deutschlandtempo ist das nicht.“
Innenministerium: Mehr Datennutzung wagen
Auch Staatsekretär Johann Saathoff (SPD) vom Innenministerium betonte, es brauche eine optimistischere Haltung. Man müsse „mehr Datennutzung wagen“, sagte er in Anspielung auf die Worte Willy Brandts. Eine Kultur des Teilens von Daten, nicht der Datensparsamkeit sei wichtig, denn „gute Daten führen zu guten Entscheidungen“, so Saathoff.
Der Zugang zu Daten sei auch eine Gerechtigkeits- und Machtfrage und eine Frage der Daseinsvorsorge, denn offene Daten böten neue Möglichkeiten für bessere Bildung und soziale Teilhabe. Neben der intelligenten Datennutzung sei auch mehr Datenkompetenz in der Verwaltung und bei den Bürgern entscheidend.
AfD begrüßt Rechtsanspruch auf Open Data
Es sei bemerkenswert, dass die Bundesregierung in Bezug auf die Digitalisierung nur einmal von der Stärkung der Souveränität Deutschlands und Europas spreche, sagte Steffen Janich für die AfD-Fraktion. Das solle die Bundesregierung zum Maßstab all ihres politischen Handelns machen – Souveränität sei notwendiger denn je, betonte Janich.
Seine Fraktion begrüße die Erweiterung des Zugangs und den Rechtsanspruch auf Open Data. Mit Blick auf die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) plädiere er für eine Überarbeitung zugunsten von Bürgernähe und Transparenz.
Grüne: EU-Data Act soll Leitlinie für Datenpolitik sein
Tobias B. Bacherle (Bündnis 90/Die Grünen) verwies darauf, dass die Europäische Union mit dem Data Act bereits eine sehr gute Linie vorgebe, bei der Selbstbestimmung und Datensouveränität im Mittelpunkt stehen. „Das sollte auch die Leitlinie für unsere Datenpolitik sein“, plädierte er.
Datenbasierte Innovationen könnten nicht nur zu guter Künstlicher Intelligenz (KI) führen, sie könnten auch faktenbasierte Entscheidungen erleichtern und damit den Fortschritt für alle, sagte Bacherle weiter. Entscheidend sei eine gute Datenqualität mit einheitlich aufbereiteten Daten, sodass zum Beispiel Verzerrungen erkannt werden könnten, um gegensteuern zu können.
Linke: Priorisierung, Konkretion und Festlegungen fehlen
Deutliche Kritik kam von der Linksfraktion: Anke Domscheit-Berg (Die Linke) sagte, die Datenstrategie sei noch schlechter als die der Großen Koalition: Es fehle an Priorisierung, Konkretion und Festlegungen bei der Zuständigkeit. „Der Bundesrechnungshof würde sich ein zweites Mal die Haare raufen“, so die Digitalpolitikerin.
Auch dazu, wie teuer die Vorhaben werden und welches Monitoring stattfinde fehlten Angaben. „Der Zeitplan ist ein schlechter Witz“, wurde sie mit Blick auf das für 2024 angekündigte Transparenzgesetz und das Recht auf Open Data noch deutlicher. Zudem vermisse sie in der Strategie ein KI-Register.
Effektivere Datennutzung als Ziel
Daten sollen künftig effektiver genutzt werden können. Damit diese in größerem Umfang und besserer Qualität zur Verfügung stehen, will die Bundesregierung ihre Datenstrategie von 2021 weiterentwickeln zu einer „effektiven und zukunftsfähigen Datennutzung“. Viele Daten blieben bislang ungenutzt, seien von unzureichender Qualität, nicht zugänglich, nicht auffindbar, nicht interoperabel oder aufgrund fehlender Lizenzbestimmungen nicht nachnutzbar, heißt es in dem 17-seitigen Dokument. Dabei seien Daten zentral für die digitale und ökologische Transformation.
Verbessert werden sollen vor allem die Innovations-, Transformations- und Wettbewerbsfähigkeit von Wirtschaft, Wissenschaft, öffentlicher Hand und Gesellschaft, schreibt die Bundesregierung. Dies bedeute auch, Kenntnisse über die Bedeutung, Nutzung und Zugänglichkeit von Daten in der Bevölkerung zu steigern. Das Vertrauen in Bezug auf die Nutzung von Daten müsse weiter gestärkt werden. Ziel müsse es sein, dass Bürgerinnen und Bürger „einfach entscheiden können, wem sie welche personenbezogenen Daten zu welchen Zwecken zur Verfügung stellen“, schreibt die Regierung weiter.
Roadmap bis Ende 2024
Definiert wird in der Strategie unter anderem eine Roadmap mit Bundesgesetzgebung, begleitender EU-Gesetzgebung sowie Strukturen und Datenräumen bis Ende 2024. Danach soll im dritten Quartal 2023 neben der Datenstrategie auch ein Gesundheitsdatennutzungsgesetz vorgelegt werden. Für das vierte Quartal 2023 ist eine Änderung im Bundesdatenschutzgesetz angedacht, und auch das Beschäftigtendatengesetz ist dort aufgeführt. Für 2024 sind in der Roadmap das Mobilitätsdatengesetz, das Forschungsdatengesetz, der Rechtsanspruch auf Open Data und das Bundestransparenzgesetz als Vorhaben verzeichnet.
Den Rahmen der Strategie bildeten das europäische und nationale Recht sowie die im Jahr 2022 vorgelegte Digitalstrategie der Bundesregierung, die die relevanten Vorhaben der einzelnen Ressorts enthalte. (lbr/28.09.2023)