Antrag für Mietenstopp sorgt für viel Ärger im Bundestag
Vor dem Hintergrund stark gestiegener Mieten und Wohnraummangel hat der Bundestag über einen Antrag der Fraktion Die Linke für einen bundesweiten Mietenstopp (20/8569) beraten. In der teilweise hitzig, teilweise polemisch geführten Debatte gerieten am Donnerstag, 12. Oktober 2023, vor allem Redner von CDU/CSU, Die Linke, SPD und AfD mit gegenseitigen Vorwürfen immer wieder aneinander.
Im Koalitionsvertrag hat die Bundesregierung nicht nur den „Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 öffentlich geförderte Wohnungen“ festgehalten, sondern auch „die Verlängerung der Mietpreisbremse“. Um dafür zu sorgen, „dass jede und jeder eine bezahlbare Wohnung findet“, solle die finanzielle Unterstützung des Bundes für den sozialen Wohnungsbau inklusive sozialer Eigenheimförderung fortgeführt und die Mittel dafür sollten erhöht werden. Doch zwei Jahre nach Amtsantritt der Bundesregierung fehlen deutschlandweit fast eine Million Wohnungen.
Antrag für „starken Mieterschutz“
Die Fraktion Die Linke fordert die Bundesregierung in ihrem Antrag dazu auf, diesen Entwicklungen mit einem Gesetzentwurf für ein „wirksames, soziales Mietrecht und einen starken Mieterschutz“ entgegenzutreten und den Mietwucherparagrafen im Wirtschaftsstrafgesetz zu verschärfen. Der Bundestag debattierte am Donnerstag in erster Lesung über den Vorschlag. Um mehr Stabilität in den Mietmarkt zu bekommen, fordert Die Linke einen bundesweiten Mietenstopp für sechs Jahre.
Parallel dazu solle es Moratorien zu bestehenden Mietverhältnissen geben sowie bei Neuvermietungen. Bei Kleinvermietern und für die gemeinnützige Wohnungswirtschaft solle es dazu Härtefallregelungen geben. Bei neuen Verträgen sollten Indexmieten verboten werden, bestehende Indexmietverträge sollten in normale Mietverträge mit ortsüblichen Vergleichsmieten umgewandelt werden können. Außerdem verlangt Die Linke eine Reform der Mietspiegelberechnung sowie eine Verschärfung der Mietpreisbremse. Das Vermieten von möbliertem Wohnraum solle reguliert werden, mit der Pflicht einer Auflistung des Zuschlags für die Möbel. Während Kettenmietverhältnisse zu verbieten seien, sollten Mieter ein Recht auf Wohnungstausch bekommen.
Schließlich solle der Kündigungsschutz für Mieter verstärkt werden. Dabei sind Beschränkungen bei Eigenbedarfskündigung auf Selbstnutzung und Überlassung an Verwandte ersten Grades vorgesehen sowie das Verbot von Kündigungen aufgrund von Mietminderungen durch den Mieter bei Mängeln. Umlegbare Betriebskosten sollten begrenzt werden, unter anderem durch Wegfall der Umlage für die Grundsteuer, fordert Die Linke.
Linke: Mieten schießen ungebremst durch die Decke
Caren Lay (Die Linke) kritisierte in der Debatte die Wohnungskonzerne Vonovia und LED. Diese Vermieter würden alles dafür tun, damit Mieten immer teurer würden. „Erst vor wenigen Tagen hat die LED angekündigt, die Mieten in ihren 170.000 Wohnungen deutlich anzuheben“, sagte Lay.
Nicht nur in Großstädten, sondern auch in kleineren Städten wie Weiden in der Oberpfalz und/oder Worms seien Mietsteigerungen von zwölf Prozent zu verzeichnen, in Hof und Flensburg eine Mietsteigerung von zehn Prozent in nur einem Jahr, „die Mieten schießen ungebremst durch die Decke“. Die Ampelregierung habe seit dem Gewinn der Bundestagswahl vor zwei Jahren „nichts getan“. Es gebe weder den von der SPD geforderten Mietenstopp und auch nicht die deutliche Mietenreduzierung, die die Grünen versprochen hätten. „Das Bisschen, das zum Thema Mieterschutz im Koalitionsvertrag steht, ist bis heute nicht umgesetzt“, beklagte Lay.
Grüne: Abarbeiten, was im Koalitionsvertrag steht
Dafür bekam sie Unterstützung von Canan Bayram (Bündnis 90/Die Grünen). Sie forderte ihre Ampel-Kollegen von der FDP auf, endlich die Gesetze für mehr Mieterschutz in den Bundestag einzubringen. Längst lägen Referentenentwürfe beim Bundesjustizministerium und bräuchten nur diskutiert und beschlossen werden.
An die Adresse der SPD-Fraktion gewandt, bemängelte Bayram, es sei nicht hilfreich, wenn die Fraktion „immer neue Vorschläge wie der bundesweite Mietenstopp einbringt“, anstatt das abzuarbeiten, was im Koalitionsvertrag vereinbart sei. An Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), der die Debatte verfolgte, gewandt, forderte Canan Bayram die schnelle Einbringung des Entwurfs für ein überarbeitetes Mietrecht: „Sie haben es letztes Jahr bis Weihnachten versprochen, bescheren Sie uns dieses Geschenk zu Weihnachten 2023.“
SPD verteidigt Wohngipfel-Ergebnisse
Sonja Eichwede (SPD) verteidigte hingegen die Ergebnisse des Wohngipfels. Sie verwies darauf, dass die Mieten nicht weiter steigen dürften und es ein starkes Mietrecht dafür brauche. Jedoch reiche eine Verschärfung des Mietrechts nicht aus, „wir müssen bauen, um eine weitere Verschärfung der Lage auf dem Wohnungsmarkt zu verhindern“, sagte Eichwede.
Sie sei sicher, dass die im Koalitionsvertrag vereinbarte Mietrechtsreform „sehr bald“ kommen werde. Die Kappungsgrenzen in Mietverträgen müssten heruntergesetzt werden und der Mietspiegelbetrachtungszeitraum müsse ausgeweitet werden. Zudem sei auf Indexmieten zu reagieren, die SPD-Fraktion schlage dazu eine Kopplung an den Nettokaltmietenindex vor. Damit würde eine Verlässlichkeit für Mieter wie für Vermieter geschaffen.
Union: Es gibt schlicht zu wenig Wohnraum
„Mit dem Antrag der Linken entsteht keine einzige neue Wohnung“, sagte Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU). Derzeit würden sich über 40.000 Menschen auf rund 280 Wohnungen bewerben, das sei ein Beispiel dafür, dass es in diesem Land nicht zu wenig Regulierung auf dem Wohnungsmarkt gebe, „sondern schlicht zu wenige Wohnungen“.
Würden die Vorschläge der Linken umgesetzt, zögen sich weitere Investoren zurück, weil die Befürchtung zu Enteignungen und zu weiteren Mietendeckeln drohten. Die Folgen des Mietendeckels auf dem Berliner Mietmarkt seien bis heute sichtbar, etliche Vermieter würden ihre Wohnungen nicht mehr vermieten. „Die Folge sind immer mehr Wohnungssuchende“, sagte Luczak.
FDP stellt sich gegen „Enteignungen“ und „Entwertungen“
Auch Dr. Thorsten Lieb (FDP) kritisierte den Linken-Antrag scharf und sprach von „einer Geisterfahrt und noch mehr Wohnungsmangel in diesem Land“. Das Vorhaben der Linken hätte „Enteignungen“ und „Entwertungen“ zur Folge. Die Vertragsfreiheit im Mietrecht würde „abgeschafft, und das macht meine Fraktion definitiv nicht mit“, betonte der Liberale.
Der Preisanstieg beim Wohnen sei nicht den gestiegenen Nettokaltmieten geschuldet, sondern den hohen Kosten für Haushaltsenergie sowie für Instandhaltung und Reparaturkosten. Somit würde eine Änderung des Mietrechtes bei den Kostensteigerungen „gar nichts helfen“, sagte Lieb.
AfD: Vorschläge würden zu weiteren Nachteilen führen
Thomas Seitz (AfD) warf den Linken vor, den Wohnraummangel „auf eine Mietenkrise“ zu reduzieren. Die Vorschläge führten jedoch nur zu „weiteren Nachteilen für Vermieter“, weder das Wort „Vertragsfreiheit“ noch „Privatautonomie“ tauche einmal auf, stattdessen fordere die Linksfraktion die komplette Verstaatlichung des Wohnungssektors.
Mit solchen Vorschlägen unterstreiche die Linksfraktion, „dass die SED bei Ihnen weiterlebt“, sagte Seitz. Der Antrag wurde mit Mehrheit gegen die Stimmen der Linken zur weiteren Beratung in den federführenden Rechtsausschuss überwiesen. (nki/12.10.2023)