Parlament

Abschließende Beratungen ohne Aussprache

Ohne Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 19. Oktober 2023, über einige Vorlagen abgestimmt:

Filmförderung: Die Abgeordneten des Bundestages haben auf Grundlage eines Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Änderung des Filmförderungsgesetzes (20/7309) für eine Verlängerung der Erhebung der Filmabgabe in unveränderter Form um ein weiteres Jahr bis Ende 2024 gestimmt. Dafür votierten SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linke bei Stimmenthaltung der AfD. Die Abstimmung erfolgte auf Grundlage einer Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kultur und Medien (20/8841). Die entsprechenden Regelungen zur Filmabgabe im Filmförderungsgesetzes (FFG) in der Fassung vom 16. Juli 2021 wären Ende 2023 ausgelaufen. Die Filmförderung durch die Filmförderungsanstalt (FFA) und ihre Finanzierung durch die Filmabgabe sei weiterhin „unverzichtbar“, um die Leistungsfähigkeit der deutschen Filmwirtschaft zu erhalten, und andere geeignete Finanzierungsmöglichkeiten stünden nicht zur Verfügung, heißt es in der Gesetzesvorlage. Angesichts der weiterhin nicht konkret absehbaren Folgen der Covid-19-Pandemie und des Ukraine-Krieges für die deutsche Filmwirtschaft könnten nach wie vor keine hinreichend zuverlässigen und langfristigen Prognosen über die weiteren Entwicklungen im Filmmarkt und den Strukturen der Filmwirtschaft getroffen werden, so dass eine zeitnahe erneute Überprüfung der Abgabetatbestände erforderlich sei. Die Bundesregierung verweist auf die pandemiebedingten Umsatzeinbrüche in der Film- und Kinowirtschaft und den damit verbundenen Rückgang des Abgabeaufkommens der FFA. So habe die FFA in den Jahren 2020 bis 2023 einen Einnahmerückgang von jeweils knapp 20 Millionen Euro zu verzeichnen gehabt. Dies entspreche rund einem Drittel des durchschnittlichen jährlichen Gesamtabgabeaufkommens der letzten zehn Jahre. 

Rauschgifthandel: Der Bundestag hat einem Gesetzentwurf der Bundesregierung über den Beitritt Deutschlands zum „Übereinkommen vom 30. September 2007 zur Gründung eines Maritimen Analyse- und Einsatzzentrums – Suchtstoffe“ (20/8297, 20/8648, 20/8819 Nr. 5) zugestimmt. SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und AfD haben die Vorlage befürwortet, die Fraktion Die Linke hat sich enthalten. Der Entscheidung lag eine Beschlussempfehlung des Innenausschusses (20/8889) zugrunde. Wie die Bundesregierung in der Vorlage ausführt, wurde das „Maritime Analyse- und Einsatzzentrum – Suchtstoffe“ (Maritime Analysis and Operations Centre  Narcotics (kurz: MAOC (N)) 2007 in Lissabon von Frankreich, Irland, Italien, Spanien, den Niederlanden, Portugal und dem Vereinigten Königreich gegründet und hat sich zum Ziel gesetzt, den illegalen Rauschgifthandel auf dem See- und Luftweg zu bekämpfen. Es sieht sich den Angaben zufolge „als Analyse- und Operationszentrum aller bedarfstragenden Strafverfolgungsbehörden der Europäischen Union sowie seinen weiteren Partnern“. Die Organisation habe sich zu einer festen Institution der europäischen Sicherheitsarchitektur entwickelt und allein im Jahr 2021 Rauschgifttransporte in einem Marktwert von 3,9 Milliarden Euro unterbinden und damit vom europäischen Straßenmarkt fernhalten können. Bislang hat Deutschland laut Vorlage einen sogenannten „Beobachterstatus“ bei MAOC (N) inne. Dieser gewähre aber nur eine eingeschränkte Kenntnisnahme von laufenden Auswertungen und Ermittlungen von MAOC (N) mit Bezügen nach Deutschland. Auch bietet MAOC (N) gegenüber vorhandenen Organisationsstrukturen laut Bundesregierung „den Vorteil eines schnellen, unmittelbaren und vertrauensvollen Informationsaustauschs“. Zudem verfüge MAOC (N) über viele Erfahrungswerte und gewährleiste eine schnelle und professionelle Umsetzung operativer Maßnahmen durch die Vertragsparteien. Durch den Beitritt Deutschlands zu MAOC (N) entstehen den Angaben zufolge Beitragskosten in Höhe von derzeit jährlich circa 48.000 Euro. Der Bundesrat befürwortet den Beitritt. Dies geht aus einer Unterrichtung durch die Bundesregierung (20/8648) hervor. Danach beschloss der Bundesrat in seiner Sitzung von 29. September, keine Einwendungen gegen den Gesetzentwurf zu erheben.

Steuerabkommen I: Das Parlament hat dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens mit Luxemburg (20/8666) zugestimmt. Der Entwurf wurde mit der Mehrheit von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und AfD bei Enthaltung der Fraktion Die Linke angenommen. Mit dem Vertragsgesetz soll das Protokoll vom 6. Juli 2023 ratifiziert werden, mit dem beide Staaten Empfehlungen der Industrieländerorganisation OECD und der G20-Staaten zu steuerlichen Mindeststandards umsetzen wollen. Dabei geht es insbesondere darum, den Missbrauch von Doppelbesteuerungsabkommen zu vermeiden. Der Bundesrat hat laut Entwurf keine Einwände erhoben. Der Finanzausschuss hatte dazu eine Beschlussempfehlung (20/8886) vorgelegt.

Steuerabkommen II: Die Abgeordneten des Bundestages haben des Weiteren einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) mit der Republik Österreich (20/8665) zu steuerlichen Anpassungen zum mobilen Arbeiten für Grenzgänger beschlossen. Der Entwurf wurde mit der Mehrheit von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und AfD bei Enthaltung der Fraktion Die Linke angenommen. Änderungen in dem DBA beziehen sich vor allem darauf, internationale Standards umzusetzen, die den Missbrauch von Abkommen vermeiden sollen. Der Bundesrat hat laut Entwurf keine Änderungen an dem Gesetzentwurf verlangt. Der Finanzausschuss hatte dazu eine Beschlussempfehlung (20/8886) vorgelegt.

Polizeivertrag: Gegen das Votum der Linksfraktion bei Zustimmung der übrigen Fraktionen des Bundestages wurde der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum „Deutsch-Schweizerischen Polizeivertrag“ vom 5. April 2022 (20/8671) beschlossen. Mit dem Vertrag wird das Ziel verfolgt, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Polizei- und Zollbereich fortzuentwickeln und zu erweitern, wie die Bundesregierung in der Vorlage ausführt. Der Vertrag stelle eine Vertiefung der Zusammenarbeit beider Staaten im Rahmen der bestehenden bi- und multilateralen Verträge dar. Der Gesetzentwurf sieht die Zustimmung von Bundestag und Bundesrat zu dem Polizeivertrag vor. Die Entscheidung wurde auf Grundlage einer Beschlussempfehlung des Innenausschusses (20/8887) gefällt.

Breitbandnetz: Abgelehnt wurde ein von der AfD-Fraktion vorgelegter Antrag (20/6719) zur Gigabitstrategie der Bundesregierung. Die Vorlage fand gegen Stimmen von SPD, CDU/CSU, Grüne, FDP und Linksfraktion bei Zustimmung durch die Antragsteller keine ausreichende Mehrheit. Demnach sollte die im Sommer vergangenen Jahres vorgelegte Gigabitstrategie der Bundesregierung überarbeitet und ergänzt werden. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Digitalausschusses (20/8451) zugrunde. Die Abgeordneten fordern unter anderem ein Sicherheitskonzept zum Schutz der entstehenden Glasfaser- und Mobilfunkinfrastruktur, das Teil der Gigabitstrategie werden soll. Elemente des Sicherheitskonzeptes sollen laut Antrag verbaute Leitungen, auf oberirdischen Masten verlaufende Kabel, oberirdische Verteilerkästen und Mobilfunkmasten sowie zugehörige dezentrale Steuerungs- und Stellwerke sein. Weiter soll die Bundesregierung prüfen, ob das entstehende Glasfasernetz als Teil der besonders schutzbedürftigen Kritischen Infrastruktur eingestuft werden kann. Gefordert wird auch, ein festes Investitionsvolumen des Bundes für einen definierten Zeitraum in der Gigabitstrategie festzuschreiben. Auch möchte die Fraktion, dass sowohl in Metropolen wie in dünn besiedelten Kommunen sowie in Zügen und Gebäuden eine flächendeckende Mobilfunkanbindung mit 5G gewährleistet wird. 

Data Act: Der Bundestag hat einen von der AfD-Fraktion vorgelegten Antrag (20/6191) abgelehnt, der eine Reihe von Präzisierungen in einzelnen Artikeln des Verordnungsvorschlags für den Data Act vorsah. Die Vorlage wurde bei Zustimmung der Antragsteller mit der Mehrheit der übrigen Fraktionen zurückgewiesen. So sollte die Bundesregierung bei den Verhandlungen über das geplante Datengesetz im Europäischen Rat darauf hinweisen, dass „bei nicht näher definierten öffentlichen Notlagen Daten missbräuchlich erlangt werden können“, schreibt die Fraktion. Auf das im Koalitionsvertrag angekündigte Datengesetz solle zudem verzichtet werden: Die Ausarbeitung eines solchen nationalen Gesetzes binde „nur unnötig Ressourcen“ und trage nichts zur Modernisierung von Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft bei, schreiben die Abgeordneten. Im Hinblick auf die ePrivacy-Verordnung fordert die Fraktion, dass Verbraucherinteressen hinsichtlich eines „handhabbaren Datenschutzes“ Vorrang vor den Interessen der digitalen Werbewirtschaft haben sollen. Die Abstimmung erfolgte auf Grundlage einer Beschlussempfehlung des Ausschuss für Digitales (20/7388).

Petitionen: Darüber hinaus hat der Bundestag zehn Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses zu Petitionen beschlossen, die beim Bundestag eingegangen und vom Petitionsausschuss beraten wurden. Es handelte sich um die Sammelübersichten 435 bis 444 (20/877520/877620/877720/877820/877920/878020/878120/878220/878320/8784).

Rentenzahlungen für Pflegepersonen bei Sachleistungsbezug

Darunter befindet sich auch eine Petition mit der Forderung, Pflegepersonen bei Sachleistungsbezug nicht die Beiträge zur Rentenversicherung zu kürzen. Zur Begründung heißt es, pflegende Angehörige müssten sich auch bei Sachleistungsbezug in großem Umfang an der Pflege beteiligen und den ambulanten Pflegediensten assistieren. Die Kürzung der Rentenzahlungen durch die Pflegeversicherung sei daher unverhältnismäßig. Sie sei nur für diejenigen Pflegepersonen zu rechtfertigen, die neben der Pflege des Angehörigen – abhängig von dessen Pflegegrad und der Unterstützung durch ambulante Pflegedienste – einer Erwerbstätigkeit nachgehen könnten. Allen anderen drohe bei Kürzung ihrer Rentenzahlungen die Altersarmut.

Die in der Sitzung des Petitionsausschusses am 11. Oktober 2023 verabschiedete Beschlussempfehlung an den Bundestag sieht nun vor, die Petition dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) „als Material“ zu überweisen, „soweit es darum geht, die Rechte von pflegenden Angehörigen zu stärken“, und das Petitionsverfahren „im Übrigen abzuschließen“. Den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses zu Folge bedeutet dies, dass die Bundesregierung die Petition mit der erwähnten Einschränkung „in die Vorbereitung von Gesetzentwürfen, Verordnungen oder anderen Initiativen oder Untersuchungen einbeziehen soll“.

In der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung verweist der Petitionsausschuss auf eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG), wonach Pflegepersonen gemäß Paragraf 44 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) Anspruch auf die Übernahme ihrer Rentenbeiträge durch die Pflegeversicherung hätten. Bei ausschließlichem Bezug von Pflegegeld würden – je nach Pflegegrad – bis zu 100 Prozent der Bezugsgröße angerechnet, bei ausschließlichem Sachleistungsbezug bis zu 70 Prozent. Die teilweise Entlastung durch professionelle Leistungserbringer rechtfertigt aus Sicht des BMG eine entsprechende Differenzierung im Vergleich zu Pflegesituationen ohne Sachleistungsbezug.

Anreize für den Ausbau der Kurzzeitpflege gesetzt

Der Petitionsausschuss macht zudem auf das Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz aufmerksam, mit dem die ambulanten Sachleistungsbeiträge zum 1. Januar 2022 um fünf Prozent erhöht worden seien. Des Weiteren seien Anreize für den Ausbau der Kurzzeitpflege gesetzt sowie der Leistungsbetrag zur Kurzzeitpflege um zehn Prozent zum 1. Januar 2022 angehoben worden.

Außerdem, so heißt es weiter, sei ein neuer Anspruch auf eine bis zu zehntägige Übergangspflege im Krankenhaus eingeführt worden. Sie könne genutzt werden, falls im Anschluss an eine Krankenhausversorgung eine Pflege im eigenen Haushalt oder einer Kurzzeitpflege nicht sichergestellt werden kann. Am 26. Mai 2023 habe der Bundestag schließlich das Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz (PUEG) verabschiedet, welches unter anderem vorsehe, das Pflegegeld zum 1. Januar 2024 um fünf Prozent zu erhöhen. Auch die ambulanten Sachleistungsbeträge würden zum 1. Januar 2024 um fünf Prozent angehoben.

Des Weiteren soll das Pflegeunterstützungsgeld von Angehörigen künftig pro Kalenderjahr für bis zu zehn Arbeitstage je pflegebedürftiger Person in Anspruch genommen werden können und nicht mehr beschränkt sein auf einmalig insgesamt zehn Arbeitstage je pflegebedürftiger Person. Die Verbesserungen würden zum 1. Januar 2024 in Kraft treten, schreibt der Ausschuss. Diese und weitere beschlossene Maßnahmen würden dazu beitragen, dass die Pflege zu Hause gestärkt, Leistungen verbessert und finanzielle Belastungen begrenzt werden.

(hau/eis/19.10.2023)

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