Parlament

Abschließende Beratungen ohne Aussprache

Ohne Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 9. November 2023, über eine Reihe von Vorlagen abgestimmt:

Statistik: Mit den Stimmen aller Fraktionen außer der AfD nahm der Bundestag einen Gesetzentwurf über die Statistik zu globalen Wertschöpfungsketten (20/8659) an. Die Initiative soll eine Rechtsgrundlage für die Erstellung einer Bundesstatistik über globale Wertschöpfungsketten schaffen. Der Wirtschaftsausschuss hatte dazu eine Beschlussempfehlung (20/8956) vorgelegt. Diese Statistik soll Daten von Unternehmen in Deutschland, die beispielsweise Vorprodukte aus dem Ausland einkaufen und in Deutschland zu einem Endprodukt verarbeiten, erheben und verarbeiten. Mit Artikel 2 des Gesetzes soll eine rechtliche Präzisierung im Handels- und Dienstleistungsstatistikgesetz vorgenommen werden, um den dortigen Wortlaut an die EU-Verordnung anzugleichen. Mit dem Gesetz würden europäische statistikrechtliche Anforderungen in einer bundesgesetzlichen Regelung umgesetzt, erläutert die Bundesregierung im Entwurf. Bisher lägen keine Quellen für international vergleichbaren Daten zur Einbindung von Unternehmen in Deutschland in globale Wertschöpfungsketten vor. Grundlage für die Aufsetzung des Gesetzes ist die im Zuge der europäischen Vereinheitlichung der Unternehmensstatistiken erlassene Verordnung (EU) 2019 / 2152 des Europäischen Parlaments und des Rates über europäische Unternehmensstatistiken. Die Erhebung der Daten soll als Stichprobenerhebung dreijährlich durchgeführt werden; der erste Berichtszeitraum umfasst die Kalenderjahre 2021, 2022 und 2023. Durch die Einführung einer dauerhaften Statistik wird beim Statistischen Bundesamt mit einem jährlichen Mehraufwand in Höhe von 348.494 Euro zu rechnen sein. Für die Wirtschaft erhöht sich nach Angaben der Bundesregierung der jährliche Erfüllungsaufwand der Bürokratiekosten aus Informationspflichten um rund 85.000 Euro. Der Bundesrat hat gegen den Gesetzentwurf keine Einwände erhoben.

EU-Amtsblatt: Ebenfalls gegen das Votum der AfD-Fraktion stimmte das Parlament einem Gesetzentwurf der Bundesregierung  zur Anpassung diverser Regelungen zur elektronischen Veröffentlichung des Amtsblatts der Europäischen Union (20/8646) zu. Unter anderem sind Regelungen zum Umgang mit personenbezogenen Informationen vorgesehen. Damit Deutschland der entsprechenden EU-Verordnung (Nr. 216 / 2013) im Rat zustimmen kann, ist auf Grundlage von Artikel 23 Absatz 1 Grundgesetz ein Gesetz erforderlich. Der Rechtsausschuss hatte dazu eine Beschlussempfehlung (20/8919) vorgelegt.

Mess- und Eichgesetz: Bei Enthaltung der Linksfraktion nahm der Bundestag einen Gesetzentwurf zur Änderung des Mess- und Eichgesetzes (20/8656) an. Dazu hatte der Wirtschaftsausschuss den Parlamentariern eine Beschlussempfehlung (20/8949) vorgelegt. Smart-Meter-Gateways können eine oder mehrere moderne Messeinrichtungen und andere technische Geräte wie zum Beispiel Erneuerbare-Stromerzeugungsanlagen, Gas-Messeinrichtungen, Wärmepumpen, sicher in ein Kommunikationsnetz einbinden. Smart-Meter-Gateways unterliegen dem Mess- und Eichrecht. Bislang gelten damit unterschiedslos alle Anforderungen des Mess- und Eichrechts auch für Smart-Meter-Gateways. Nun muss eine Änderung des Mess- und Eichgesetzeserfolgen, um die Regelungen über ein vorzeitiges Ende der Eichfrist anzupassen. Andernfalls würde die Änderung der Eichfrist für Smart-Meter-Gateways (künftig unbefristet) in der Mess- und Eichverordnung leerlaufen. „Der daraus zu ziehende Nutzen ist, die Digitalisierung der Energiewende weiter zu unterstützen“, heißt es in dem Gesetzentwurf. Der Bundesrat hat laut Entwurf keine Einwendungen gegen den Gesetzentwurf vorgebracht.

Öffentlich-rechtliche Körperschaften: Der Bundestag billigte das zweite Gesetz zur Umsetzung der Verhältnismäßigkeitsrichtlinie (Richtlinie (EU) 2018 / 958) im Bereich öffentlich-rechtlicher Körperschaften. Für den entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (20/8679) votierten auf Grundlage einer Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschuss (20/8959) die Fraktionen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP bei Enthaltung der Fraktion Die Linke. Durch die Änderung sollen die Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO), die Patentanwaltsordnung (PAO), das Steuerberatungsgesetz (StBerG), die Wirtschaftsprüferordnung (WPO), die Gewerbeordnung (GewO) und die Handwerksordnung (HwO) um eine Anlage ergänzt werden. Mit der zu ergänzenden Anlage soll die in den Artikeln 5 bis 7 der Richtlinie (EU) 2018/958 enthaltenen Kriterien für die Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen wiedergeben werden. Weiterhin soll sie die relevanten Begriffsbestimmungen aus Artikel 3 der EU-Richtlinie umfassen. Wie die Bundesregierung in dem Entwurf schreibt, zielen die Regelungen darauf ab, die Vorgaben der Richtlinie (EU) 2018/958 umzusetzen. Dies gilt soweit öffentlich-rechtliche Körperschaften (Kammern) auf Grund von Bundesrecht über die Befugnis zur Rechtsetzung verfügen. Der Bundesrat hat keine Einwände gegen den Gesetzentwurf erhoben.

Digitale Identitäten: Einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion (20/5354) mit der Forderung, eine Strategie für digitale Identitäten zu entwickeln, in der die Einführung dieser in öffentlichen Verwaltungen und in der Wirtschaft festgelegt wird, lehnte das Parlament gegen das Votum der Antragsteller ab. Laut Vorlage soll ab dem 1. Januar 2025 auch ein Rechtsanspruch der Bürgerinnen und Bürger auf Authentifizierung mit staatlichen Stellen durch eine digitale Identität eingeführt werden. Der Antrag steht am Freitagnachmittag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums. Unter anderem fordert die Fraktion, bis Ende des 1. Quartals 2023 eine eigenständige Strategie für digitale Identitäten zusammen mit Vertretern von Ländern, Kommunen und der Wirtschaft zu entwickeln. In dieser sollen die Schritte für die Einführung und das Ausrollen in öffentlichen Verwaltungen und Wirtschaft festgelegt werden. Mit der Umsetzung solle noch im zweiten Quartal 2023 begonnen werden. Um weitere App-Insellösungen zu vermeiden, soll die Strategie aufzeigen, wie eine Standardisierung für einen nutzerfreundlichen Gebrauch der drei Säulen eID, eIDAS und ID-Wallet gewährleistet werden kann. Die Zuständigkeit für das Thema soll zudem klar einem federführenden Bundesministerium zugeordnet werden, heißt es in dem Antrag weiter. Der Ausschuss für Digitales hatte dazu eine Beschlussempfehlung vorgelegt (20/8970).

Agrarmarketingagentur: Ebenfalls gegen die Stimmen der Antragsteller zurückgewiesen wurde die Vorlage der Unionsfraktion zu einer nationalen Agrarmarketingagentur (20/206). Darin forderten die Abgeordneten die Bundesregierung auf, bis zur Mitte dieser Legislaturperiode in Abstimmung mit den Bundesländern und den Wirtschaftsbeteiligten Vorschläge für eine Finanzierung einer nationalen Agrarmarketingagentur zu entwickeln. Die Abstimmung erfolgte auf Grundlage einer Beschlussempfehlung des Landwirtschaftsausschusses (20/9193). Dabei sei zu prüfen, inwiefern Restmittel aus der Liquidation des Absatzfonds beziehungsweise der Centralen Marketinggesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA), die derzeit von der Landwirtschaftlichen Rentenbank verwaltet werden, genutzt werden können. Außerdem sollen bestehende Verbraucherinformations-Kampagnen so ausgerichtet werden, dass eine verbrauchernahe Information über eine moderne und sich wandelnde Landwirtschaft erfolgt und dadurch mehr Wertschätzung für Lebensmittel und Landwirtschaft erreicht werde. Des Weiteren wird auf die Bedeutung der Land- und Ernährungswirtschaft als „unverzichtbarer Wirtschaftszweig“ Deutschlands hingewiesen. Rund fünf Millionen Menschen seien in dem Sektor tätig und erzeugten dabei eine Bruttowertschöpfung von rund 194 Milliarden Euro im Jahr. Allein ein Drittel der Gesamtproduktion der deutschen Landwirtschaft werde exportiert. Agrarprodukte aus Deutschland seien wegen ihrer Qualität und hohen Standards im In- und Ausland hochgeschätzt und stark nachgefragt. Deshalb fordert die CDU/CSU-Fraktion anzuerkennen, dass der Agrarexport und ein regelbasierter Agrarhandel in einer globalisierten Welt dazu beitragen, Ernährungsunsicherheit, Mangelernährung, Armut und Fluchtursachen zu bekämpfen. Zudem soll die Bundesregierung gegenüber der Europäischen Union einfordern, dass der Abschluss von Handelsabkommen nicht zu Wettbewerbsnachteilen für die Land- und Ernährungswirtschaft in Deutschland führt, indem beispielsweise hohe europäische und nationale Standards unterlaufen werden. Um den grenzüberschreitenden Handel mit Produkten der Agrar- und Ernährungswirtschaft zu erleichtern, soll unter anderem auch die Abstimmung mit den Bundesländern über notwendige Ressourcen in der öffentlichen Verwaltung im In- und Ausland ausgebaut werden. Darüber hinaus ist gemeinsam mit den Bundesländern sicherzustellen, dass notwendige nationale und internationale Zertifikate und Anforderungen zusätzlich in elektronischer Form zur Verfügung stehen und international anerkannt werden, so dass Grenzkontrollen und Wartezeiten deutlich verkürzt werden. Abschließend wird gefordert, dass dem Deutschen Bundestag einmal pro Legislaturperiode ein Bericht zum Agrarexport vorgelegt wird.

Griechenland: Einen Antrag des Bundesfinanzministeriums mit dem Titel „Griechenland: Vorzeitige Teilrückzahlung bilateraler europäischer Kredite des ersten Hilfsprogramms“ (20/9060) nahm das Parlament einstimmig an. Darin bittet das Bundesfinanzministerium (BMF) den Bundestag um Zustimmung, damit Griechenland Kredite aus den europäischen Hilfsprogrammen für den Staat vorzeitig zurückzahlen kann. Es gehe um die vorzeitige Teilrückzahlung von rund 5,3 Milliarden Euro, schreibt das BMF. Bei den Darlehen, die Griechenland tilgen möchte, handelt es sich um bilaterale Kredite aus dem erstem Hilfsprogramm. Hierfür ist die Zustimmung der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) sowie des Europäischen Stabilisierungsmechanismus (ESM) nötig. Damit Deutschland diese mittragen kann, muss das Plenum des Bundestags mit Blick auf die EFSF zustimmen, der Haushaltsausschuss mit Blick auf den ESM.

Guantánamo: Auf Grundlage einer Beschlussempfehlung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe (20/4824) entschieden die Abgeordneten über zwei parlamentarische Initiativen zur Schließung des US-Gefangenenlagers Guantánamo auf Kuba. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Enthaltung der Linksfraktion nahm der Bundestag einen von SPD, Bündnis/Die Grünen und FDP eingebrachten Antrag (20/4059) an, der sich für die Unterstützung der USA bei einer schnellstmöglichen Schließung des Lagers einsetzt. Ein Antrag der Fraktion Die Linke (20/485), mit dem sie die „umgehende Schließung“ des vier Monate nach den Anschlägen des 11. September 2001 eröffneten Gefangenenlagers forderte, wurde hingegen mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen abgelehnt. 

Mindestlohn: Die AfD drang in ihrem abgelehnten Antrag auf eine Änderung im Mindestlohngesetz (20/5811), damit Zulagen und Sonderzahlungen nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden. In ihrer Vorlage, die gegen das Votum der Antragsteller zurückgewiesen wurde, führt die Fraktion aus, dass in vielen Arbeitsverhältnissen die Mindestlohngrenze von zwölf Euro pro Stunde nur bei einer rechnerischen Einbeziehung von Zulagen beziehungsweise Zuschlägen erreicht werde. Das führe dazu, dass trotz erhöhtem Mindestlohn effektiv keine höhere Gesamtvergütung ausgezahlt werde. Zudem werde der Leistungsgedanke konterkariert, heißt es weiter. Als Grund benennen die Abgeordneten, dass der Gesetzgeber seinerzeit „keine Klarstellung zur Definition des Mindestlohnes und zur Anrechenbarkeit von Zulagen, Zuschlägen und Sonderzahlungen auf den Mindestlohn vorgenommen“ habe. Damit sei die Frage der Anrechenbarkeit der Rechtsprechung überlassen worden. Von der Bundesregierung fordert die Fraktion daher einen Gesetzentwurf, der entsprechende Klarstellungen im Mindestlohngesetz vorsieht, und verweist auf die Regelung zu Nachtzuschlägen, die bereits jetzt nicht angerechnet würden. Zur Abstimmung über die Vorlage im Parlament lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales (20/9194) vor. 

Streitverfahren: Einstimmig nahm das Parlament eine Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zu zwei Streitverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BvE 9 / 23 und 2 BvE 10 / 23 (20/9178) an. Die beiden Verfahren richten sich gegen die jüngste Novellierung des Bundeswahlgesetzes. Antragstellerin ist Die Linke, die sich insofern in ihrem verfassungsrechtlichen Status als Fraktion verletzt sieht, als die sogenannte Grundmandatsklausel gestrichen worden und nicht mehr als Gegenausnahme zur dort geregelten Fünf-Prozent-Sperrklausel vorgesehen ist.

Energieversorgung: Gegen das Votum der Antragsteller lehnte das Parlament einen Antrag der Unionsfraktion mit der Forderung nach einer sicheren und verlässlichen Energieversorgung ab (20/5543). Dazu hatte der Ausschuss für Klimaschutz und Energie eine Beschlussempfehlung (20/6072) vorgelegt. Die Abgeordneten von CDU und CSU fordern die Bundesregierung unter anderem dazu auf, die Übertragungsnetzbetreiber unverzüglich zu beauftragen, in einem Strom-Stresstest für den Winter 2023/2024 auch Berechnungen zur Umweltverträglichkeit, CO2-Neutralität und zur Preisentwicklung einzubeziehen - und die Ergebnisse noch im Februar 2023 vorzulegen; den Ausbau von Heimatenergien, wie Photovoltaik, Windkraft, Wasserkraft, Biomasse und Geothermie voranzutreiben und die EU-Notfallverordnung für den Ausbau der Erneuerbaren zügig umzusetzen. Zudem fordern die Unionsabgeordneten die Berechtigung zum Leistungsbetrieb der drei Kernkraftwerke Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland bis zum 31. Dezember 2024 zu verlängern.

Härtefallhilfen: Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen lehnte der Bundestag einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion zur Forderung nach einer schnelleren Auszahlung der Härtefallhilfen für kleine und mittlere Unternehmen und Kultureinrichtungen (20/5584) ab. Die Abgeordneten verlangten von der Bundesregierung, das angekündigte und mit den Bundesländern vereinbarten Geld für die Abfederung der gestiegenen Energiepreise „vollständig zur Verfügung zu stellen“. Zudem sollten auch Energieträger wie Pellets, Öl und Flüssiggas einbezogen werden. Weiter wird gefordert, „schnellstmöglich, zeitnah und unbürokratisch“ die Auszahlung von Härtefallhilfen an private Nutzer von Öl-, Pellet-, oder Flüssiggasheizungen zu ermöglichen und sicherzustellen, dass die Hilfen an Studierende, Kultureinrichtungen, Bildungs- und Forschungseinrichtungen, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen und soziale Einrichtungen zügig zur Verfügung gestellt werden. Die Abstimmung erfolgte auf Grundlage einer Beschlussempfehlung des Ausschusses für Klimaschutz und Energie (20/6358).

Petitionen: Darüber hinaus stimmte der Bundestag 14 Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses zu Petitionen zu, die beim Bundestag eingegangen und vom Petitionsausschuss beraten worden waren. Es handelte sich um die Sammelübersichten 445 bis 458 (20/890520/890620/890720/890820/890920/891020/891120/891220/891320/8914, 20/891520/891620/891720/8918).

Mindestabstand zu Wohnsiedlungen bei Straßenneubau

Darunter befand sich auch eine Petition mit der Forderung, beim Neubau von Bundesstraßen oder Bundesautobahnen einen Mindestabstand von 1.000 Metern zu Wohnsiedlungen einzuhalten. Als Wohnsiedlungen sollen dem Petenten zufolge bestehende Siedlungen mit mindestens fünf Gebäuden gelten. Zugleich verlangt er, den Mindestabstand auch dann anzuwenden, wenn noch keine Wohngebäude bestehen, aber ein rechtskräftiger Bebauungsplan vorliegt, und wenn bestehende Bundesstraßen oder Bundesautobahnen um Fahrstreifen erweitert werden.

Zur Begründung heißt es in der öffentlichen Eingabe (ID 101810): Der durch Pkw und Lkw verursachte Verkehrslärm sei eine große Gefahr für die menschliche Gesundheit. Die körperliche Unversehrtheit sei grundgesetzlich geschützt und müsse daher Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen haben.

Die in der Sitzung des Petitionsausschusses am 18. Oktober mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linke verabschiedete Beschlussempfehlung an den Bundestag sieht nun vor, die Petition dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr „als Material“ zu überweisen, „soweit es darum geht, die Grundlagen für Lärmschutz so anzupassen, dass bei der Planung von Bundesstraßen Anwohnerinnen und Anwohner besser vor gesundheitlichen Folgen durch Lärm geschützt werden können“, und das Petitionsverfahren „im Übrigen abzuschließen“. Den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses zu Folge bedeutet dies, dass die Bundesregierung die Petition mit der erwähnten Einschränkung „in die Vorbereitung von Gesetzentwürfen, Verordnungen oder anderen Initiativen oder Untersuchungen einbeziehen soll“.

Schädliche Umwelteinwirkungen bei Neubau vermeiden

In der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung macht der Petitionsausschuss deutlich, dass sowohl beim Neubau als auch bei einer wesentlichen Änderung von Straßen „schädliche Umwelteinwirkungen so weit wie möglich zu vermeiden sind“. An erster Stelle müssten neuzubauende beziehungsweise auszubauende Straßen so angeordnet werden, dass schädliche Wirkungen gar nicht erst entstehen.

In welchen Abständen von der jeweiligen Straßentrasse die im Bundesimmissionsschutzgesetz festgeschriebenen Immissionsgrenzwerte zur Lärmvorsorge eingehalten werden können, hänge von diversen Gegebenheiten des Einzelfalls ab, etwa der prognostizierten Verkehrsintensität, der topographischen Lage und den geplanten Lärmschutzmaßnahmen, schreibt der Petitionsausschuss.

Sämtliche Optionen für verbesserten Lärmschutz in Betracht ziehen

Inwieweit die Einhaltung eines pauschalen Mindestabstandes der neuzubauenden beziehungsweise auszubauenden Straße zu Wohnsiedlungen mit der nach geltender Rechtslage notwendigen umfassenden Abwägung verschiedener Belange und der Wahl von nachhaltigem Lärmschutz vereinbar ist, erscheine zwar fraglich.

Vor dem Hintergrund des besonders hohen Stellenwerts des Schutzgutes der körperlichen Unversehrtheit und der potenziell schwerwiegenden Beeinträchtigungen, die dieses Schutzgut durch Verkehrslärm erfahren kann, müssten jedoch sämtliche Optionen, die zu einem verbesserten Lärmschutz und einer Fortentwicklung seiner rechtlichen Grundlagen beitragen können, in Betracht gezogen werden, heißt es in der Beschlussempfehlung.

(eis/hau/09.11.2023)

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