Parlament

Überweisungen im vereinfachten Verfahren

Ohne Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 16. November 2023, eine Reihe von Vorlagen in die Ausschüsse überwiesen. 

Gartenbau: Ein Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Agrarbetriebe und insbesondere den Gartenbau absichern“ (20/8570) wird federführend im Landwirtschaftsausschuss weiterberaten. Die Fraktion fordert mehr Schutz für Gartenbaubetriebe, weil vor allem der Obstbau von durch Klimawandel begünstigte Extremwetterereignisse wie Stürme, Hagel, Starkregen und Dürre unverschuldet in Not geraten sei, heißt es in dem Antrag. Allein im Jahr 2018/2019 sei der Landwirtschaft ein Schaden von rund 7,8 Milliarden Euro durch Starkwetterereignisse entstanden. Die Abgeordneten verlangen von der Bundesregierung, „erstmalig im Entwurf für das Jahressteuergesetz 2023 für Agrarbetriebe die Bildung einer steuerfreien betrieblichen Risikoausgleichsrücklage zu ermöglichen“. Die Höhe der Rücklage sollte sich aus den betrieblichen Umsätzen der vorangegangenen drei Wirtschaftsjahre errechnen und bei Betrieben mit bis zu 500 Hektar Fläche bis zu 20 Prozent des durchschnittlichen Jahresumsatzes betragen, für Betriebe ab 501 Hektar Fläche bis zu zehn Prozent des durchschnittlichen Jahresumsatzes. Zudem solle die Regierung im Laufe der kommenden Wochen ein „Bund-Länder-Konzept“ für eine bundesweite Förderung einer agrarbetrieblichen Mehrgefahrenversicherung ausarbeiten und es in Abstimmung mit den Ländern als Gesetzentwurf vorlegen, damit ab 2024 bundesweit eine agrarbetriebliche Mehrgefahrenversicherung zu mindestens 60 Prozent staatlich gefördert werden könne.

Oder: Ein Antrag der Fraktion der CDU/CSU mit dem Titel „Gemeinsame Verantwortung für die Oder“ (20/9320) wird federführend im Umweltausschuss weiterberaten.

Pflanzenschutzmittel: „Landwirte in Deutschland unterstützen – Bedarfsgerechten Pflanzenschutz nach guter fachlicher Praxis gewährleisten“ lautet der Titel eines AfD-Antrags (20/9321), der zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft überwiesen wurde. Die AfD-Fraktion fordert darin, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass der Entwurf der EU-Kommission für eine neue Verordnung zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln („Sustainable Use Regulation, SUR“) ersatzlos gestrichen wird. Zudem müsse das ab dem 1. Januar 2024 in Deutschland geltende Anwendungsverbot des Unkrautvernichters Glyphosat aufgehoben werden, da die EU das Mittel für zehn weitere Jahre zugelassen habe. Darüber hinaus sieht der AfD-Antrag vor, sicherzustellen, dass in 80 Prozent aller relevanten Anwendungsgebiete mindestens drei Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffgruppen zur Verfügung stehen sollen. Außerdem wird eine „Ausweitung der Förderung für moderne Landtechnik“ gefordert, mit der der Verbrauch von Pflanzenschutzmitteln reduziert werden könne.

Internet: Ein Antrag der Linksfraktion (20/1818) fordert ein Recht auf schnelles Internet. Die Vorlage wird im Ausschuss für Digitales weiterberaten. Nach dem Willen der Linksfraktion soll die Mindestbandbreite für den Ausbau und für neue Internetanschlüsse als Median der tatsächlichen Download- beziehungsweise Upload-Rate festgeschrieben werden. Mindestens solle jedoch eine Anfangsbandbreite von 100 Megabit pro Sekunde im Download und 50 Megabit pro Sekunde im Upload zur Verfügung stehen, heißt es in dem Antrag. Vorsätzliche oder fahrlässige Verzögerungen sollen mit Bußgeldern belegt werden, die für den Ausbau der öffentlichen Dateninfrastruktur eingesetzt werden sollen, heißt es darin weiter. Auch solle ein Universaldienst festgeschrieben werden, der bis 2030 eine Gigabitgeschwindigkeit „von 1.000 Megabit pro Sekunde symmetrischer Bandbreite für alle Haushalte“ vorsehe.

Impressum: Ein Antrag (20/2031) der Linksfraktion fordert ein Verzicht auf die verpflichtende Angabe privater Wohnadressen im Impressum einer eigenen Website oder eines Blogs. Sie fordert die Bundesregierung auf zu prüfen, ob und inwieweit die gegenwärtigen Regelungen der Impressumspflicht digitale Gewalt insbesondere gegen vulnerable Gruppen begünstige. Auch solle sich die Regierung auf europäischer Ebene für eine Anpassung der E-Commerce-Richtlinie einsetzen, sodass „die Kontaktierbarkeit auf anderem Weg als durch die Angabe der Wohnadresse“ hergestellt werden könne, heißt es in dem Antrag. Die Vorlage wird im Ausschuss für Digitales federführend beraten.

Sicherheitslücken: Die Fraktion Die Linke wendet sich gegen die Ausnutzung von IT-Sicherheitslücken durch Bundesbehörden und hat dazu einen Antrag (20/2079) vorgelegt, der im Ausschuss für Inneres und Heimat weiterberaten wird. Die gesamtgesellschaftliche Bedeutung der IT-Sicherheit nehme seit Jahrzehnten zu, und auch im Zuge des aktuellen Krieges Russlands gegen die Ukraine würden wieder Forderungen nach sogenannten Hackbacks, das heißt digitalen Gegenschlägen nach einem Cyber- oder Hackerangriff beziehungsweise nach aktiver Cyberabwehr laut. „Dabei wird häufig unterschlagen, dass für solche Maßnahmen bewusst Hintertüren in IT-Systeme eingebaut oder bekanntgewordene Sicherheitslücken absichtlich zurückgehalten werden müssen“, schreiben die Abgeordneten und werten dies als „unverhältnismäßigen Eingriff in das IT-Grundrecht der Betroffenen“. Das bewusste Offenhalten von IT-Sicherheitslücken durch Sicherheitsbehörden gefährde die IT-Sicherheit aller. Solche Sicherheitslücken könnten auch von Geheimdiensten oder Kriminellen ausgenutzt werden. Für Sicherheitsbehörden dürfe es, auch unter Berücksichtigung ihrer Ermittlungs- und Aufklärungsarbeit, keinerlei Ausnahmen geben. „Erkannte Sicherheitslücken in IT-Systemen und -Produkten müssen konsequent und schnellstmöglich gemeldet sowie geschlossen werden. Das ist gleichzeitig effektive Prävention und trägt zum Schutz unserer kritischen Infrastrukturen vor Cyberangriffen durch Kriminelle oder ausländische staatliche Akteure bei.“ Die Abgeordneten fordern die Bundesregierung vor diesem Hintergrund auf, „einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der es den deutschen Bundesbehörden konsequent verbietet, Sicherheitslücken in IT-Systemen auszunutzen“.

Netzsperren: Netzsperren durch Internetprovider und andere Zugangsanbieter sollen nur noch erlaubt sein, wenn ein Gericht sie anordnet. Das fordert die Fraktion Die Linke (20/2080) in einem Antrag, der an den Ausschuss für Digitales überwiesen wurde. Die Bundesregierung solle dafür einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen, heißt es in der Vorlage. Auf EU-Ebene solle sie sich zudem dafür einsetzen, dass Netzsperren „ausnahmslos als unzulässige Verletzung der Netzneutralität“ eingeordnet werden. Behörden und Gerichte sollten zumindest nicht mehr durch das europäische Recht zur Anordnung von Netzsperren angehalten werden, schreiben die Abgeordneten. Netzsperren seien ein ebenso „untaugliches wie bedenkliches Instrument“ zu Bekämpfung illegaler Inhalte, führt die Linksfraktion zu Erklärung an. Sie seien entweder leicht zu umgehen oder erforderten tiefe Eingriffe in die Infrastruktur des freien Internets. Besser sei es stattdessen, illegale Inhalte zu löschen, argumentiert die Fraktion. Das umstrittene Zugangserschwerungsgesetz habe der Bundestag 2011 deshalb wieder aufgehoben. Dennoch würden in Deutschland insbesondere im Bereich des Urheberrechts weiterhin Netzsperren errichtet. Grund dafür seien Vorgaben des europäischen Rechts. Mit der Clearingstelle Urheberrecht im Internet habe sich seit 2021 darüber hinaus eine private Kooperation zwischen Rechteinhabern und Providern etabliert, in deren Rahmen ohne jedes gerichtliche Verfahren Netzsperren gesetzt würden. Ein derart weitgehender Grundrechtseingriff ohne Beteiligung der Gerichte sei nicht hinnehmbar, schreiben die Abgeordneten.

Offlinezugangsgesetz: Die Linksfraktion fordert die Bundesregierung in einem Antrag (20/8712), der an den Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen wurde, auf, sicherzustellen, dass öffentliche Dienstleistungen des Bundes oder Leistungen, die von der öffentlichen Hand erbracht werden, auch in nicht-digitalter Form angeboten werden. Dazu solle die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorlegen, der dies verpflichtend vorschreibt. Weiter fordern die Abgeordneten die Bundesregierung auf, sicherzustellen, dass alle Menschen digitale Anträge bei Behörden, Melde- oder Bürgerämtern an ihrem Wohnort an Geräten der jeweiligen Behörde mit Unterstützung durch das jeweilige Fachpersonal stellen können.

(ste/16.11.2023)

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