Aktuelle Stunde

Bundestag debattiert über Wirtschafts- und Frei­handels­politik

Den Beschluss der Delegierten auf dem Parteitag von Bündnis 90/Die Grünen zum Europawahlprogramm am vergangenen Wochenende, das Mercosur-Freihandelsabkommen in der jetzigen Form nicht zu ratifizieren, hat die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag zum Anlass genommen, am Mittwoch, 29. November 2023, eine Aktuelle Stunde unter dem Titel „Wirtschafts-Wende jetzt – Vorfahrt für Freihandel vor Parteipolitik“ zu beantragen. 

Union warnt vor „historischem Versagen“

Jens Spahn (CDU/CSU) fragte, was der Beschluss des Grünen-Parteitags für die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten, zu denen unter anderen Brasilien, Argentinien und Paraguay gehören, bedeute. „Wenn der Beschluss der Grünen der Todesstoß für Mercosur war, dann wäre das ein historisches Versagen“, so Spahn. 

Er fragte weiter, was nun in Bezug auf blauen Wasserstoff gelte: „Der Beschluss vom Parteitag oder die Wasserstoffstrategie der Bundesregierung?“ Der Christdemokrat wollte weiter wissen, ob es sich bei den Beschlüssen um „Spielereien eines grünen Parteitags“ gehandelt habe, wie er Wirtschaftsminister Dr. Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) zitiert, oder ob die Beschlüsse Konsequenzen hätten. 

SPD: Keine Konsequenzen für die Koalition

Markus Töns (SPD) erwiderte auf Spahn, dass die Beschlüsse des Grünen-Parteitags keine Konsequenzen für die Koalition hätten. Wenn Mercosur, das überdies von der Europäischen Kommission und nicht von der Bundesregierung verhandelt werde, abgeschlossen sei, werde man sehen, ob es zustimmungsfähig sei. „Ich gehe davon aus, dass es zustimmungsfähig sein wird“, sagte Töns. 

Unstrittig sei auch, dass man sich gemeinsam dafür einsetzen müsse, den Regenwald und die Umwelt zu schützen, auch bei der Aushandlung des Abkommens. 

AfD: Heimische Industrie vor „Gängelungen“ schützen

Dr. Malte Kaufmann (AfD) sagte in Richtung der Unionsfraktion, dass die AfD schon sehr lange fordere, dass das Wohl Deutschlands „im Vordergrund steht und nicht die Klientel- und Ideologiepolitik“. Mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz lege die Regierung „die Axt an die deutsche Wirtschaft“, so Kaufmann: „In der Folge werden noch mehr Unternehmen Deutschland verlassen.“ 

Man müsse die heimische Industrie unterstützen und nicht durch eine „Vielzahl von Gängelungen wie der CO2-Bepreisung“ schwächen, forderte der AfD-Abgeordnete. 

Staatssekretärin: Gemeinsam grüne und resiliente Lieferketten aufbauen

Dr. Franziska Brantner, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (Bündnis 90/Die Grünen) sagte, um die wirtschaftliche Sicherheit und Souveränität Deutschlands in der derzeit schwierigen geopolitischen Weltlage zu stärken, brauche es neue Partnerschaften. „Die Mercosur-Staaten sind sehr, sehr wichtige Partner für uns“, so Brantner. 

Doch es gelte gleichzeitig, sich für den Schutz des Amazonas-Regenwaldes einzusetzen. „Der Waldschutz hat für alle Relevanz, unser Handel soll nicht zur Zerstörung des Amazonas beitragen“, sagte Brantner. „Wir wollen und können gemeinsam grüne und resiliente Lieferketten aufbauen.“

Linke kritisiert „Protektionismus der Mächtigen“

Janine Wissler (Die Linke) kritisierte ebenfalls die Beschlüsse des Grünen-Parteitags. „Da wurde einiges beschlossen, das kritikwürdig ist.“ Statt Haltung zu zeigen, gebe man rechten Forderungen nach, etwa in der Asylpolitik: „Das ist erbärmlich.“ 

Sie fürchte, dass die Grünen das Mercosur-Abkommen nicht wirklich stoppen werden. „Diese Art von Freihandel ist der Protektionismus der Mächtigen“, zitiert Wissler die indische Globalisierungsgegnerin Vandana Shiva. Er bevorzuge große Konzerne und verschärfe die Klimakrise, so die Linken-Abgeordnete.

FDP sieht „großartige Chance“

Dr. Lukas Köhler (FDP) sah „eine großartige Chance in dem Freihandel“. Die Idee, dass Handel Wandel bringe, schaffe in der Diskussion noch einmal ganz neue Dimensionen. Man müsse mit Brasilien und den Mercosur-Staaten zusammenarbeiten, „aber natürlich geht es auch um die Eigeninteressen des Wirtschaftsstandortes Deutschland“, so der Liberale. 

Die Ampelfraktionen würden alles dafür tun, dass das Abkommen gut werde und Deutschland es unterstützen könne, versicherte Köhler. 

Grüne: Ampel entwickelt „besseren Investitionsschutz“

Andreas Audretsch (Bündnis 90/Die Grünen) sagte, dass die Ampel die Handelspolitik erst wieder so gestaltet habe, dass Deutschland eine „ernstzunehmende Stimme“ bekomme. Man sei erfolgreich beim Abschluss von Abkommen wie das EU-Neuseeland-Abkommen und sichere gleichzeitig Standards für Klima und Nachhaltigkeit. „Wir entwickeln einen völlig neuen, einen besseren Investitionsschutz“, sagte Audretsch im Plenum. 

Zudem sei der brasilianische Präsident Lula zu einem echten Wertepartner geworden, mit dem man zusammen den Amazonas, „die Lunge der Welt“, schützen könne. (emu/29.11.2023)

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