Befragung der Bundesregierung

Özdemir: Agrarbetrieben eine verlässliche Perspektive geben

Bundesernährungs- und -landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 97Die Grünen) hat sich erfreut gezeigt, dass sich die Betriebsergebnisse der deutschen Landwirte in den beiden letzten Jahren positiv entwickelt haben. In der Regierungsbefragung des Bundestages am Mittwoch, 13. Dezember 2023, betonte der Minister, die Bundesregierung habe mit der Einführung des staatlich verbindlichen Tierhaltungskennzeichens einen großen Schritt getan. Das Tierhaltungskennzeichen schaffe Transparenz für Verbraucher und mache die Leistungen der Landwirte für Tierschutz sichtbar.

Ziel sei es, den Betrieben eine verlässliche Perspektive zu geben. Dazu werde ab kommendem Jahr die krisenfeste Tierhaltung mit einer Milliarde Euro als Anschubfinanzierung gefördert. Gefördert würden nicht nur Investitionen, sondern auch bei den laufenden Kosten werde gestützt. Vor Kurzem sei auch die Biostrategie auf den Weg gebracht worden, sagte Özdemir. Sie solle die notwendigen Rahmenbedingungen für den Ausbau des Ökolandbaus als besonders umwelt- und ressourcenschonende Bewirtschaftungsform stärken.

Schmidt: Klima-Club und Deutschlandpakt

Wolfgang Schmidt steht an seinem Platz auf der Regierungsbank und spricht in ein Mikrofon

Bundesminister Wolfgang Schmidt (SPD) während der Regierungsbefragung im Bundestag (© DBT/Florian Gaertner/photothek)

Den Fragen der Abgeordneten stellte sich neben dem Agrarminister auch der Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes Wolfgang Schmidt (SPD). Er äußerte sich positiv über die Einigung bei der Weltklimakonferenz COP 28. Das sei ein gutes Zeichen, dass man international vorankomme. Deutschland habe seinen Beitrag geleistet für den sogenannten Damage-and-loss-Fonds, aus dem Länder des globalen Südens für klimabedingte Schäden und Verluste entschädigt werden sollen. Schmidt freute sich auch, dass der „Klima-Club“ gestartet sei und dass mit der Türkei das 37. Land beigetreten sei.

Schmidt hob ferner darauf ab, schneller werden und die Behäbigkeit loswerden zu müssen. Dazu hätten die Ministerpräsidenten der Länder mit dem Kanzler am 6. November den Deutschlandpakt für Beschleunigung beschlossen. Jetzt gehe es darum, die 100 Maßnahmen in die Umsetzung zu bringen. Große Fortschritte meldete der Kanzleramtschef bei der Arbeitskräftesicherung. Das Fachkräfte-Einwanderungsgesetz sei beschlossen. Damit liege ein vernünftiges Recht vor, um ausländische Fachkräfte nach Deutschland zu bringen.

Kfz-Steuerbefreiung und Agrardiesel-Verbilligung

Der CDU-Abgeordnete Steffen Bilger fragte den Agrarminister nach jüngsten Haushaltsbeschlüssen etwa zur Kfz-Steuerbefreiung und zum subventionierten Agrardiesel für die Landwirte. Özdemir sagte, auch sein Ressort müsse einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten. Kfz-Steuerbefreiung und Agrardiesel seien notwendig, sonst bekämen die deutschen Landwirte ein Wettbewerbsproblem, da auch andere Länder den Agrardiesel privilegieren würden. Er sei gespannt, welche Vorschläge nun aus dem Bundesfinanzministerium kommen werden.

Im Übrigen verwies Özdemir darauf, dass der Zuschuss zur Unfallversicherung nicht gekürzt werde und dass die geplante Kürzung bei der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) teilweise zurückgenommen worden sei. Auf Nachfrage Bilgers betonte er aber auch, dass der Abbau ökologisch schädlicher Subventionen richtig sei.

Gentechnik in der Pflanzenzucht

Den Einsatz der gentechnologischen CRISPR/Cas-Methode thematisierte die FDP-Abgeordnete Carina Konrad. Es gehe nicht um Pro und Contra neue Gentechnik, antwortete Özdemir. Dafür gebe es einen Markt, deshalb plädiere er für Koexistenz.

Der Mittelstand in der Pflanzenzüchtung müsse geschützt werden, deshalb müsse man die Frage der Patente angehen. Özdemir trat dafür ein, den Züchtern die Wahlmöglichkeit zu lassen. Er vertrete nicht nur die Interessen der Biolandwirte, sondern auch die der konventionellen Landwirtschaft.

Schutz der Weidetierhalter

Peter Felser (AfD) verwies darauf, dass 4.000 Schafe und Nutztiere pro Jahr vom Wolf gerissen würden, der durch die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) der Europäischen Union geschützt sei. Vom Minister wollte Felser wissen, ob sich der Minister dafür einsetzt, den Wolf von Anhang 4 der Richtlinie in Anhang 5 zu verschieben.

Özdemir sagte, er bekenne sich zu den Schafhaltern. Die Tierhaltung in Deutschland müsse sicher sein. Die Schäden der Tierhalter würden bis zu hundert Prozent ausgeglichen. National habe man eine gute Regelung gefunden, sodass zunächst abgewartet werden sollte.

Tierschutzgesetz und Biostrategie

Die fraktionslose Abgeordnete Ina Latendorf erkundigte sich nach der Novelle des Tierschutzgesetzes. Die Anhörung der Länder und der Verbände werde eingeleitet, sagte der Minister, danach könne es zügig vorangehen. Im Laufe des nächsten Jahres könne der Gesetzentwurf vorgelegt werden, denn es sei Zeit für ein „modernes Tierschutzgesetz“.

Karl Bär (Bündnis 90/Die Grünen) fragte nach einer Biostrategie für die ganze Landwirtschaft. Özdemir sagte, vieles aus der Biolandwirtschaft habe auch Eingang in die konventionelle Landwirtschaft gefunden. Nicht ein Gegeneinander, sondern ein Miteinander sei seine Vision für die Landwirtschaft.

Sturmflut-Schäden und Waldumbau

Der fraktionslose Abgeordnete Stefan Seidler vom Südschleswigschen Wählerverband, der Vertretung der dänischen und friesischen Minderheit in Deutschland, erkundigte sich nach der Beteiligung des Bundes an der Beseitigung der Sturmflut-Schäden an der Ostseeküste in diesem Jahr. Der Bund beteilige sich im Rahmen der GAK. 70 Prozent statt wie sonst 60 Prozent der für Küstenländer entstehenden Maßnahmen würden als förderfähig angenommen, betonte Özdemir. „Wir sind dauerhaft dabei“, so der Minister, was auch mit der Klimakrise zu tun habe.

Die SPD-Abgeordnete Isabel Mackensen-Geis fragte nach der Novellierung des Bundeswaldgesetzes. Dazu sagte Özdemir, ein konsequenter Waldumbau sei wichtig, vier von fünf Bäumen seien nicht gesund, es handele sich um eine Generationenaufgabe. Die positive Botschaft laute, dass die Mittel für den Waldumbau gesichert seien, es werde bundeseinheitliche Vorgaben geben. Dazu wolle er alle einbeziehen, kleine wie große Waldbesitzer und auch Waldnutzer.

Ausbau der erneuerbaren Energien

An Kanzleramtschef Schmidt adressierte Helmut Kleebank (SPD) seine Frage nach dem Ausbau der erneuerbaren Energien, um das Ziel zu erreichen, bis 2030 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs aus Erneuerbaren decken zu können.

Der Weg sei noch weit, auch wenn man beim Windenergieausbau an Land vorankomme, sagte Schmidt. Gebraucht würden jeden Tag bis 2030 43 Fußballfelder mit Photovoltaik. Ziel müsse es sein, dass erneuerbare Energie ohne Subventionierung genutzt werden kann. Die Stromkosten würden „in der Perspektive“ deutlich sinken.

Kosten des Atomausstiegs

Der AfD-Abgeordnete Dr. Rainer Kraft sagte, Frankreich emittiere nur ein Zwölftel des deutschen Kohlendioxidausstoßes, und fragte, wie viel der „deutsche Sonderweg“ in der Energiepolitik noch kosten werde.

Schmidt erwiderte, Deutschland habe den Weg gewählt, die Atomkraftnutzung auszuschließen, ein Neubau von Atomkraftwerken sei auch ökonomisch nicht sinnvoll. Im vergangenen Winter habe Frankreich Strom aus deutschen Gaskraftwerken bezogen, was in Deutschland und nicht in Frankreich den Kohlendioxidausstoß erhöht habe. Die Gestehungskosten für die Atomkraft lägen deutlich über denen für erneuerbare Energien, so der Minister.

Taurus-Marschflugkörper für die Ukraine

Die Unionsabgeordneten Thomas Röwekamp, Dr. Hendrik Hoppenstedt, Florian Hahn und Knut Abraham und die FDP-Abgeordnete Dr. Agnes-Marie Strack-Zimmermann wollten von Schmidt wissen, was die Gründe sind, dass Deutschland keine Taurus-Marschflugkörper in die Ukraine liefere. Der Kanzleramtschef zog sich darauf zurück, dass die Fragen die Beratungen im Bundessicherheitsrat beträfen, der bekanntlich geheim tage und er sich strafbar machen würde, wenn er sich dazu äußerte.

Schmidt betonte stattdessen, dass Deutschland zweitgrößter Unterstützer der Ukraine sei und sich die Ukrainer dankbar dafür gezeigt hätten. Es komme darauf an, russische Luftangriffe abzuwehren, dazu liefere Deutschland die notwendigen Mittel zur Verteidigung. Wichtig sei, dass Putin mit seinem Angriffskrieg „nicht durchkommt“ und die Ukraine ihr Territorium zurückerobern könne. Mit der wehrtechnischen Industrie befinde man sich in intensivem Austausch darüber, wie etwa die Munitionsproduktion in die Gänge kommen kann. (vom/13.12.2023)

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