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Karlsruhe: Keine staatliche Finanzierung für die Partei Die Heimat

Symbolbild mit dem Bundesverfassungsgericht von außen

Sitz des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe. (picture alliance/dpa)

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat entschieden, dass die Partei Die Heimat, vormals Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) für die Dauer von sechs Jahren von der staatlichen Finanzierung nach Paragraf 18 des Parteiengesetzes ausgeschlossen ist. Das am Dienstag, 23. Januar 2023, verkündete Urteil (Aktenzeichen: 2 BvB 1 / 19) geht auf einen Antrag des Deutschen Bundestages, des Bundesrates und der Bundesregierung zurück, die Partei Die Heimat von der staatlichen Parteienfinanzierung auszuschließen.

Der mit Bundestagsbeschluss vom 22. Juni 2017 (18/12357, 18/12846) in das Grundgesetz aufgenommene Absatz 3 des Artikels 21 sieht den Ausschluss verfassungsfeindlicher Parteien von der staatlichen Teilfinanzierung vor. Ausgeschlossen sind Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden.

Voraussetzungen für Finanzierungsausschluss

Wie es im einstimmig ergangenen Urteil heißt, liegen die Voraussetzungen eines Finanzierungsausschlusses gemäß Artikel 21 Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes vor. Dieser besagt: „Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen.“

Die Partei Die Heimat missachtet nach Auffassung des Zweiten Senats die freiheitliche demokratische Grundordnung und sei nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Mitglieder und Anhänger auf deren Beseitigung ausgerichtet. Sie ziele darauf ab, die bestehende Verfassungsordnung durch einen an der ethnischen „Volksgemeinschaft“ ausgerichteten autoritären Staat zu ersetzen.

„Mit dem Demokratieprinzip unvereinbar“

Ihr politisches Konzept missachte die Menschenwürde aller, die der ethnischen „Volksgemeinschaft“ nicht angehören, und sei zudem mit dem Demokratieprinzip unvereinbar. Dies werde vor allem durch die Organisationsstruktur der Partei, ihre regelmäßige Teilnahme an Wahlen und sonstigen Aktivitäten sowie durch ihre Vernetzung mit nationalen und internationalen Akteuren des Rechtsradikalismus belegt.

Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ist der Antrag der drei Verfassungsorgane sowohl zulässig als auch begründet. In diesen Fällen sieht Paragraf 46a des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes vor, dass die Partei für sechs Jahre von der staatlichen Finanzierung ausgeschlossen ist. Gegen die NPD waren bereits 2001 und 2013 Parteiverbotsanträge gestellt worden, die im Ergebnis erfolglos blieben.

Kein Anspruch auf staatliche Mittel seit 2021

Zuletzt hatte der Zweite Senat mit Urteil vom 17. Januar 2017 bestätigt, dass die damalige NPD nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Anhänger die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung anstrebe. Da „konkrete Anhaltspunkte von Gewicht“ fehlten, die ein Erreichen der von der Partei verfolgten Ziele „zumindest möglich erscheinen ließen (Potentialität)“, sei der Verbotsantrag dennoch gescheitert.

Der Partei seien in der Vergangenheit „nicht unerhebliche Beträge“ aus der staatlichen Parteienfinanzierung zugeflossen, heißt es im Urteil weiter. Nach der Bundestagswahl 2021 habe sie jedoch aufgrund unzureichender Wahlergebnisse ihren Anspruch auf staatliche Mittel verloren, was einem Finanzierungsausschluss aber nicht entgegenstehe, wie die Vorsitzende des Zweiten Senats, Prof. Dr. Doris König, bei der Urteilsverkündung betonte.

Konzept der „wehrhaften Demokratie“

Der Senat stellt fest, dass der Durchführung des Finanzierungsausschlussverfahrens gegen die Partei Die Heimat keine Verfahrenshindernisse entgegenstehen. Ein Verstoß gegen das Gebot strikter Staatsfreiheit im Sinne des Verzichts auf den Einsatz von V-Leuten und Verdeckten Ermittlern auf den Führungsebenen der Partei während des laufenden Finanzierungsausschlussverfahrens liege nicht vor. Aufgrund der vorgelegten Testate sei ebenso von der Quellenfreiheit des zulasten der Partei vorgelegten Beweismaterials auszugehen. Auch die Einhaltung der Anforderungen an ein faires, rechtsstaatliches Verfahren, vor allem durch den Verzicht auf eine Ausspähung der Prozessstrategie der Partei, werde durch die vorgelegten Testate hinreichend belegt.

Darüber hinaus sieht das Gericht „keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken“ gegen den Ausschuss von der staatlichen Finanzierung. Nach dem grundgesetzlichen Konzept der „wehrhaften Demokratie“ könnten Parteien, die auf die Abschaffung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung abzielen, verboten und damit vollständig an der Wahrnehmung des Verfassungsauftrags zur Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes gemäß Artikel 21 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes gehindert werden, in dem es heißt: „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.“ Zugleich schließe das Konzept der „wehrhaften Demokratie“ die gleichheitswidrige Benachteiligung solcher Parteien durch den Ausschluss aus der staatlichen Finanzierung ein.

„Verfassungsfeindlichkeit gilt fort“

Im Urteil von 2017 sei die Verfassungsfeindlichkeit der Partei festgestellt worden. „Dies gilt fort“, stellt das Gericht fest, denn die Partei missachte unverändert die freiheitliche demokratische Grundordnung und sei nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Mitglieder und Anhänger auf deren Beseitigung ausgerichtet.

Insgesamt ergibt sich aus Sicht der Karlsruher Richterinnen und Richter, dass die Partei trotz einer Entwicklung, die durch Mitgliederschwund, zurückgehende Wahlergebnisse und ein dadurch bedingtes Ausscheiden aus der staatlichen Parteienfinanzierung sowie durch eine strategische Neuorientierung geprägt sei, mit vielen Aktivitäten versuche, ihre verfassungsfeindlichen Ziele umzusetzen. Sie überschreite damit die Schwelle vom bloßen Bekenntnis der Ablehnung zur Bekämpfung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und sei auf deren Beseitigung ausgerichtet. Daher sei sie für die Dauer von sechs Jahren von staatlicher Finanzierung auszuschließen. (vom/23.01.2024)

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