Befragung der Bundesregierung

Lindner wirbt um Zustimmung zum Wachstumschancengesetz

Als nicht zufriedenstellend hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands bezeichnet. Die wirtschaftliche Dynamik sei zu gering, sagte Lindner am Mittwoch, 21. Februar 2024, in der Regierungsbefragung des Bundestages. Seit 2014 sei Deutschland in allen internationalen Standortvergleichen zurückgefallen, einfache Erklärungen dafür seien nicht zutreffend.

Wirtschaftswende zu größerer Wachstumsdynamik

Eine Wachstumsbremse sei der Mangel an Arbeitskräften, sagte der Minister, und die Bürokratiebelastung sei seit 2012 auf einem Allzeithoch. Auf der anderen Seite sei der Rückgang der Inflation erfreulich, die Geldentwertung beherrschbar geworden. Es werde jetzt „auf Rekordniveau“ in Schienen, Straßen, Wasserstraßen, Infrastruktur und Digitalisierung investiert. Optimiert werden müssten die Rahmenbedingungen für private Investitionen, etwa indem die steuerlichen Rahmenbedingungen wettbewerbsfähiger werden.

Lindner rief die Unionsfraktion auf, dazu beizutragen, dass das im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat befindliche Wachstumschancengesetz Investitionsanreize und einen Schub auslösen kann, um zu einer Wirtschaftswende, einer größeren Wachstumsdynamik zu kommen.

Stark-Watzinger setzt auf das Starchancen-Programm

 

Die Bundesministerin für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, Bettina Stark-Watzinger, spricht von der Regierungsbank aus in ein Mikrofon.

Die Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger beantwortete Fragen der Abgeordneten. (DBT/photothek/Thomas Trutschel)

Neben dem Finanzminister stellte sich auch die Bundesministerin für Bildung und Forschung Bettina Stark-Watzinger (FDP) den Fragen der Abgeordneten. Bildung sei Teilhabe, und Teilhabe stärke die Demokratie, betonte sie und verwies auf die Einigung zwischen Bund und Ländern zum sogenannten Startchancen-Programm, das zum Schuljahr 2024/25 startet und 20 Milliarden Euro in zehn Jahren für 4.000 Schulen in Deutschland bereitstellt. Es sei das „größte und langfristigste Programm, das wir je hatten“, sagte die Ministerin. Das Programm fokussiere auf die Grundschulen, auf die Stärkung von Lesen, Schreiben und Rechnen. 

Darüber hinaus hat nach den Worten der Ministerin das Wettrennen um Technologien längst begonnen. Die Bundesregierung setze den Akzent auf Zukunftstechnologie. Zwei Drittel der Investitionen in Forschung und Entwicklung kämen aus dem privaten Sektor. Deutschland und Europa sollten ihr Potenzial nutzen, so die Ministerin.

Europäische Fiskalregeln und Solidaritätszuschlag

Johannes Schraps (SPD) erkundigte sich beim Finanzminster nach der Einigung in der EU auf gemeinsame Fiskalregeln. Lindner bezeichnete diese als „erstmals nicht hintergehbare Leiptlanken für den Abbau staatlicher Defizite“. Die neuen Regeln seien wirksamer und realistischer. Dass sie auch einfacher und transparenter sind, sei allerdings nicht zu erreichen gewesen.

Kay Gottschalk (AfD) wollte wissen, wann der Solidaritätszuschlag abgeschafft wird. Lindner verwies auf die zum Jahresbeginn in Kraft getretene Senkung des Tarifs der Lohn- und Einkommensteuer, auf die Reduzierung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe, auf das Wachstumschancengesetz und auf die Anpassung des steuerfreien Grundbetrags. Steuerquote und Schuldenquote würden in Deutschland sinken, die Investitionsquote steigen.

Unternehmensteuerreform und Aktienmarkt

Der CSU-Abgeordnete Florian Oßner fragte den Finanzminister, ob es nicht Zeit sei für eine Unternehmensteuerreform. Lindner sagte, er sei bereit, mit der Union darüber zu sprechen, doch sollte diese zunächst dem Wachstumschancengesetz zustimmen. Das Gesetz mache die steuerliche Forschungsförderung attraktiv, Weiteres sei geplant und möglich.

Anja Schulz (FDP) wollte vom Minister wissen, wie die Deutschen dem Aktienmarkt nähergebracht werden könnten. „Wir wollen die finanzielle Bildung in Deutschland verbessern“, sagte Lindner. Dazu wolle man stärker kapitalmarktorientierte Optionen der Altersversorgung anbieten. Der Staat vertraue auf die positive Entwicklung der Kapitalmärkte. Man arbeite daran, noch vorhandene Hürden abzubauen.

Asylbewerberleistungen und Bahnanbindungen

Christian Görke (Gruppe Die Linke) erkundigte sich, wie viel Geld in den letzten Jahren in die Herkunftsländer der Asylbewerber abgeflossen sei und schloss aus Lindners Antwort, dass es keine Datengrundlage gebe. Die Nachfrage, ob sich der Minister in fiskalischem Blindflug bewege, verneinte Lindner.

Stefan Seidler, fraktionsloser Abgeordneter für den Südschleswigschen Wählerverband, der Partei der dänischen und friesischen Minderheit, sprach von gefährdeten Bahnanbindungen, etwa bei der Anbindung an den Fehmarn-Belt-Tunnel. Lindner wies diesen Eindruck zurück. Der Bahn stehe ein großes Investitionsprogramm bevor, allerdings seien Kapazitätsengpässe zu berücksichtigen. Bei der Mittelbereitstellung für die Bahn seien auch die Vorgaben des Grundgesetzes zu beachten. Aufgabe des Bahn-Managements sei es, etwaige alternative Finanzierungsmöglichkeiten zu prüfen. 

Chancengerechtigkeit und Schulabbrecherquote

Die Fragen an die Bundesbildungsministerin hatten häufig das Startchancen-Programm zum Gegenstand. So erkundigte sich Katrin Zschau (SPD) nach der Zahl zu fördernder Schulen und dem Zeitpunkt, zu dem alle zu fördernden Schulen benannt sind. Die Ministerin, das Geld werde nach Kriterien an die Länder vergeben, die dann die Schulen anhand eines Sozialindex auswählten. Begonnen werde das Programm mit etwa 1.000 Schulen. Es gehe um Chancengerechtigkeit, man wolle wegkommen von einer Förderung nach dem Gießkannenprinzip.

Nadine Schön (CDU/CSU) verwies auf die Schulabbrecherquote von zwölf Prozent und wollte wissen, ob dieses Programm das Problem lösen könne. Stark-Watzinger sagte, die Mittel würden gezielt eingesetzt, das Programm werde wissenschaftlich begleitet. Man gehe in Schulen in „herausforderndsten Situationen“. Das Programm werde über die reine Finanzierung hinauswirken.

Multiprofessionelle Teams und Digitalisierung

Nicole Höchst (AfD) meinte, viel zu wenige Schulen würden erfasst, zumal immer mehr neue Schüler dazukämen. Für das Programm stünden keine Fachkräfte zur Verfügung. Die Ministerin verweis auf die dritte Säule des Programms, den Einsatz von „multiprofessionellen Teams“ als Unterstützung für eine nachhaltige Bildung. Die Herausforderungen im Bildungssystem seien groß, betonte Stark-Watzinger.

Kai Gehring (Bündnis 90/Die Grünen) erkundigte sich nach der Digitalisierung in Schulen und Bildungseinrichtungen, da Digitalpakt I und Digitalpakt Plus ausliefen. Die Ministerin sagte, der Digitalpakt I laufe noch bis zur Jahresmitte und Mittel daraus könnten noch über 2025 hinweg abgerufen werden. (vom/21.02.2024) 

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