Parlament

Fraktionen erinnern an den Völkermord in Ruanda vor 30 Jahren

Der 30. Jahrestag des Völkermords in Ruanda stand am Donnerstag, 11. April 2024, im Mittelpunkt einer Vereinbarten Debatte. Von April bis Juni 1994 wurden unter den Augen der Weltöffentlichkeit und in Gegenwart einer weitgehend machtlosen Mission der Vereinten Nationen in dem zentralafrikanischen Land an die eine Millionen Menschen ermordet, mehrheitlich Angehörige der Tutsi.

Baerbock: Internationale Gesellschaft hat versagt

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) betonte, dass die internationale Gemeinschaft in Ruanda weggeschaut und damit versagt habe. Auch Deutschland habe das Massaker mit „unüberhörbaren rassistischen Unterton“ kommentiert, „als ginge uns alles nichts an, als ginge es nicht um Menschen.“ 

Die schmerzhafte Wahrheit sei, dass es bereits lange vor dem April 1994 Alarmsignale gegeben habe, auf die nicht reagiert worden sei. „Für uns, für mich als deutsche Außenministerin, ist die große Lehre aus Ruanda, dass wir Verantwortung tragen – für unser Handeln, genauso wie für unser Nicht-Handeln.“ Diese Lehre hätten zu einem Bewusstseinswandel in Deutschland beigetragen; man habe verstanden, dass man sich einsetzen müsse für eine rechtsstaatliche Welt.

AfD kritisiert europäische Entwicklungshilfe in Afrika

Anders sah es Jürgen Braun von der AfD, der betonte, dass der Westen den Genozid nicht komplett hätte verhindern können. Vorwürfe gegen den Westen von „sogenannten Post-Kolonialisten“ weise er daher zurück. 

Braun kritisierte auch das derzeitige Handeln europäischer Staaten gegen Autokratien in Afrika; dieses würde die dortigen Verhältnisse nur „verschlimmbessern“. Die „vermeintliche Schuld“ würden die Europäer durch Entwicklungshilfe lediglich „reinwaschen“ wollen. 

FDP: Erinnerung aufrechterhalten

Peter Heidt (FDP) zeigte sich fassungslos darüber, „wie demagogisch“ die AfD auftrete und wies darauf hin, dass der Kolonialismus – anders als von der AfD behauptet – eine klare Ursache sei.  

Die FDP sehe die Verantwortung darin, die Erinnerung an den Völkermord aufrecht zu erhalten. Dazu gehöre auch der Einsatz internationaler Strafgerichtsmechanismen, die einen essenziellen Beitrag zur Bekämpfung einer „Kultur der Straflosigkeit“ leisten würden. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag sei zu einer tragenden Säule des internationalen Rechtssystems geworden – auch, „damit sich Kriegsverbrecher nirgends mehr in Sicherheit wiegen“.

Union warnt vor „Schatten der Vergangenheit“

Auch Julia Klöckner (CDU/CSU) richtete sich zu Beginn ihrer Rede an die AfD und fragte, wie man eine solche Debatte über einen Genozid „so missbrauchen“ könne. Dies sei sehr beschämend für den Deutschen Bundestag und sie wolle sich dafür gegenüber dem anwesenden Botschafter Ruandas in Deutschland entschuldigen. 

Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU) betonte zudem, dass die „Schatten der Vergangenheit“ auch heutzutage noch nicht vollständig verschwunden seien. Im Osten des Kongo gebe es seit Jahren einen blutigen Krieg, der zu einer Destabilisierung der ganzen Region führe. Dieser Krieg dürfe nicht eskalieren, sondern müsse zu Frieden führen.

SPD: Rolle Deutschlands muss aufgearbeitet werden

Auch die SPD-Abgeordnete Derya Türk-Nachbaur plädierte für eine Aufarbeitung der Rolle aller Akteure, einschließlich die von Deutschland. „Nur wer die Vergangenheit aufarbeitet und durchdringt, kann die Zukunft gestalten, damit so etwas nicht wieder passiert.“

Nadja Sthamer (SPD) betonte, dass die Aufarbeitung erst Jahre später begann und bis heute schwierig bleibe. Doch auch wenn die Vergangenheit nicht zu ändern sei, könne stetig alles dafür getan werden, das Recht der Opfer zu stärken, die Täter zur Verantwortung zu ziehen und die Versöhnung zu unterstützen. (mtt/11.04.2024)

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