Kinderkommission

Experten fordern mehr niedrigschwellige Sportangebote für Kinder

Sport und Bewegung sind nicht nur essenziell für die körperliche, sondern auch die soziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Inwiefern es einen gerechten Zugang zu Sportmöglichkeiten bei jungen Menschen in Deutschland gibt, wurde in einem öffentlichen Fachgespräch der Kinderkommission (Kiko) am Mittwoch, 10. April 2024, unter dem Titel „Chancengerechtigkeit für alle Kinder sicherstellen – Faktoren der Bildungs- und Entwicklungschancen: Sport und Freizeit“ diskutiert. 

Trend- und Breitensportformate

Nadine Knauf und Carsten Korinth vom Christlichen Verein Junger Menschen Deutschland (CVJM) betonten, dass Sport und Bewegung ein perfektes Lern- und Erfahrungsfeld seien, um junge Menschen ganzheitlich zu fördern und befähigen. Kritisch sei jedoch, dass in der klassischen Kinder- und Jugendarbeit häufig nur „bestimmte Milieus“ erreicht werden könnten. Dies seien vor allem junge Menschen mit einem höheren Bildungsgrad. 

Um ein „integriertes, breites Milieuspektrum“ zu erreichen, brauche es offene Angebote wie beispielsweise Trend- und Breitensportformate. Diese könnten dabei helfen, viele niedrigschwellige Möglichkeiten zu schaffen, um Kinder und Jugendliche „abzuholen“. 

Sozioökonomischer Status und Sport

Johanna Suwelack von der Sportjugend Berlin präsentierte Studienergebnisse des Projekts Move for Health, die ebenfalls aufzeigen, dass Kinder und Jugendliche aus Familien mit einem niedrigen sozioökonomischen Status seltener regelmäßig sportlich aktiv seien. Dadurch hätten die Kinder eine schlechtere mentale Gesundheit und einen schlechteren allgemeinen Gesundheitszustand.

Um speziell diese Kinder zu erreichen, habe die Sportjugend Berlin verschiedene Projekte ins Leben gerufen. Ein Beispiel sei das seit dem Schuljahr 2023/2024 in Berlin Marzahn-Hellersdorf bestehende sogenannte Sportkarussell. Mit Hilfe eines Rotationsprinzips würden sechs Sportvereine für eine Dauer von sechs Wochen an sechs Grundschulen sechs verschiedene Sportarten kostenlos anbieten. Dadurch solle nicht nur ein niedrigschwelliger Zugang geschaffen, sondern auch Kinder für lebenslanges Sporttreiben im Verein gewonnen werden.

„Sport darf nicht zum Luxusgut werden“

Julia Schneider vom Deutschen Turner-Bund e.V. machte in ihrem Vortrag deutlich: „Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Bewegung, auf Teilhabe, auf Freizeit.“ Das Problem sei, dass in vielen Vereinen Engagierte wie auch passende Räumlichkeiten fehlten, um Angebote zu ermöglichen. In der Stadt Frankfurt a.M. stünden daher 1600 Kinder auf Wartelisten von Vereinen für Kinderturnen. 

Wichtig sei daher, dass sich der Sport „professionalisiert“ und zu einer „Hauptamtlichkeit“ werde. Eine Professionalisierung gehe jedoch immer mit steigenden Mitgliedsbeiträge einher, wodurch Sport „wieder teuer“ werde. „Das Wichtigste ist, dass wir erkennen müssen, dass Sport mehr wert ist und Sport nicht zum Luxusgut werden darf“, sagte Schneider. (mtt/10.04.2024)

Zeit: Mittwoch, 10. April 2024, 15 Uhr bis 16.30 Uhr
Ort: Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal 2.200

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