Parlament

Abschließende Beratungen ohne Aussprache

Ohne Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 6. Juni 2024, über eine Reihe von Vorlagen entschieden:

Lehrverpflichtung des wissenschaftlichen Personals: Der Bundestag hat für einen Gesetzentwurf der Bundesregierung über die Lehrverpflichtung des hauptberuflichen wissenschaftlichen Personals an Hochschulen des Bundes und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften (20/10247) gestimmt. Die Abgeordneten haben den Entwurf in einer vom Ausschuss geänderten Fassung mit den Stimmen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die Stimmen der AfD bei Stimmenthaltung der Gruppe Die Linke angenommen. Dazu lag eine Beschlussempfehlung des Innenausschusses (20/11647) vor. Es geht dabei um die Lehrverpflichtungen an den Universitäten der Bundeswehr, an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung und an der Hochschule der Deutschen Bundesbank, die künftig durch Erlass von Rechtsverordnungen geregelt werden sollen. Vorgesehen ist ferner, dass die Vorgabe zur Bildung eines zusammenfassenden Gesamturteils künftig im Bundesbeamtengesetz geregelt wird statt wie bisher in der Bundeslaufbahnverordnung. Der Gesetzgeber habe dabei das System für die Beurteilung (Regel- oder Anlassbeurteilung oder beides) und die Bildung eines zusammenfassenden Gesamturteils vorzugeben. Des Weiteren will die Regierung die bislang in der Bundeslaufbahnverordnung enthaltene befristete Regelung zum Einsatz von Videotechnik bei Auswahlverfahren für den Vorbereitungsdienst entfristen. Schließlich soll in der Bundesbesoldungsordnung für Personen, für die im Personenstandsregister weder die Geschlechtsangabe „weiblich“ noch „männlich“ eingetragen ist, eine Wahlmöglichkeit hinsichtlich der Amtsbezeichnung eingeführt werden. Vom Innenausschuss vorgenommene Änderungen am Regierungsentwurf betreffen das Nebentätigkeitsrecht im Bundesbeamtengesetz, das Versorgungsrecht, das Mitbestimmungsrecht im Disziplinarverfahren und das Besoldungsrecht.

Organ- und Gewebespende: Der Bundestag hat mit der breiten Mehrheit des Parlaments bei Enthaltung der AfD einen Antrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP zur „Herstellung des Einvernehmens des Deutschen Bundestages mit der Bestellung der Prognos AG als Sachverständige zur wissenschaftlichen Evaluation der Aufklärungsunterlagen und sonstigen Informationsangebote zur Organ- und Gewebespende der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung“ nach Paragraf 2 Absatz 1d des Transplantationsgesetzes (20/11615) angenommen. Mit dem Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende vom März 2020 sei alle vier Jahre eine solche wissenschaftliche Evaluation vorgesehen. Die das Vergabeverfahren führende BZgA wolle die Prognos AG mit der Evaluation beauftragen, heißt es in dem Antrag. Aus dem Angebot gehe hervor, dass die Prognos AG über die entsprechende Sach- und Fachkenntnis verfüge. Über die Ergebnisse der Evaluation soll die Bundesregierung dem Bundestag erstmals 2024 berichten.

Petitionen: Das Parlament hat darüber hinaus elf Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses zu Petitionen angenommen, die beim Bundestag eingegangen und vom Petitionsausschuss beraten worden sind. Es handelt sich um die Sammelübersichten 575 bis 585 (20/11175, 20/11176, 20/11177, 20/11178, 20/11179, 20/11180, 20/11181, 20/11182, 20/11183, 20/11184, 20/11185). 

Urlaubsanrechnung bei Erkrankung des Kindes

Darunter befindet sich auch eine Petition, in der eine Änderung des Urlaubsgesetzes dahingehend gefordert wird, „dass Alleinerziehenden, deren Kind während des Erholungsurlaubs erkrankt, diese Zeit nicht auf den Jahresurlaub angerechnet wird“. Begründet wird das Anliegen damit, dass Alleinerziehende sich nicht während des Urlaubs erholen könnten, wenn sie sich um ein erkranktes Kind kümmern müssten. Der Zweck eines Erholungsurlaubs werde damit nicht erfüllt, heißt es in der öffentlichen Petition (ID 139593).

Entlastung „ohne Belastung des Arbeitgebers“

Die in der Sitzung des Petitionsausschusses am 15. Mai mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen verabschiedete Beschlussempfehlung an den Bundestag sieht nun vor, die Petition dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales „als Material“ zu überweisen, „soweit zu prüfen ist, inwieweit für Alleinerziehende eine Entlastung zu ermöglichen ist, ohne den Arbeitgeber zu belasten, wenn in der Zeit des Urlaubs ein Kind erkrankt“ sowie das Petitionsverfahren „im Übrigen abzuschließen“. 

Den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses zufolge bedeutet dies, dass die Bundesregierung die Petition mit der erwähnten Einschränkung „in die Vorbereitung von Gesetzentwürfen, Verordnungen oder anderen Initiativen oder Untersuchungen einbeziehen soll“. 

Lebensrisiko des Arbeitnehmers

In der Begründung zur Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses wird zunächst darauf verwiesen, dass der Arbeitgeber mit der Festlegung des Urlaubszeitraums nach Paragraf 7 Absatz 1 des Bundesurlaubsgesetzes seine Verpflichtung zur Freistellung des Arbeitnehmers erfüllt. Nach Urlaubsbewilligung eintretende und vom Arbeitgeber nicht unmittelbar zu beeinflussende Umstände, die dazu führen, dass der Arbeitnehmer die Zeit der Befreiung von der Arbeitspflicht zum Zwecke des Erholungsurlaubs nicht oder nicht uneingeschränkt in der beabsichtigten Weise nutzen kann, seien regelmäßig dem persönlichen Lebensbereich des Arbeitnehmers zuzuordnen und würden damit grundsätzlich in seine Risikosphäre fallen, heißt es. 

Keine Anrechnung bei Krankschreibung

Paragraf 9 des Bundesurlaubsgesetzes bestimme jedoch, „dass durch ärztliches Zeugnis nachgewiesene Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den bewilligten Jahresurlaub nicht angerechnet werden“. Maßnahmen der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation dürften nicht auf den bezahlten Erholungsurlaub angerechnet werden, „soweit ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts nach den gesetzlichen Vorschriften über die Entgeltzahlung im Krankheitsfall besteht“. 

Auch bei einem in den festgelegten Urlaubszeitraum fallenden mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbot werde dem Arbeitgeber laut Mutterschutzgesetz das Risiko zugewiesen.

Sonderregelung bei „Urlaubsstörung“ 

Mit diesen Sonderregelungen lege der Gesetzgeber – abweichend von den Grundregeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) – dem Arbeitgeber Risiken auf, die aufgrund unmittelbar in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen zur „Urlaubsstörung“ führen. Eine Ausweitung dieser Sonderregelungen auf Fälle der Erkrankung eines Kindes während des Urlaubs des alleinerziehenden Arbeitnehmers gebe es derzeit nicht. 

Hintergrund dessen sei, dass dem Arbeitgeber nicht alle Umstände, die die Erholung des Arbeitnehmers beeinträchtigen können, wie beispielsweise die Erkrankung zu betreuender oder zu pflegender Dritter, zugerechnet werden könnten. (hau/vom/06.06.2024)

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