Parlament

Abschließende Beratungen ohne Aussprache

Ohne Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 27. Juni 2024, über eine Reihe von Vorlagen entschieden:

Herkunftskennzeichnung bei Honig: Abgelehnt haben die Abgeordneten des Bundestages einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Herkunftskennzeichnung bei Honig verbessern – Verbraucherinformation stärken – Heimische Imker schützen“ (20/7584). Die Vorlage fand keine Mehrheit gegen die Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen das Votum der Antragsteller und der AfD bei Enthaltung der Gruppe Die Linke. Der Entscheidung lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft (20/8623) zugrunde. Die Bundesregierung wird darin aufgefordert, sich auf europäischer Ebene für „eine bessere Rechtsdurchsetzung und häufigere Kontrollen einzusetzen, um die Importe von gestreckten Honigen zu minimieren“. Darüber hinaus soll das pauschale Verbot der Bienenhaltung in Naturschutzgebieten überdacht werden. Im Europäischen Rat solle sich die Regierung für eine bessere Rückverfolgbarkeit des importierten Honigs sowie einheitliche Qualitätsstandards einsetzen. „Die hohe Nachfrage nach Honig können die Imker in Deutschland allein nicht befriedigen“, heißt es in dem Papier. Deutschland sei ein klassisches Honig-Importland.

Vegane Ernährung: Ebenfalls abgelehnt wurde ein Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Warnung vor veganer Ernährung bei Risikogruppen“ (20/9798). Die Vorlage fand keine Mehrheit gegen die Stimmen von SPD, CDU/CSU, Grüne und FDP sowie der Gruppen Die Linke und BSW bei Zustimmung durch die Antragsteller. Der Gesundheitsausschuss hat dazu eine Beschlussempfehlung (20/11857) vorgelegt. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung solle „explizit und nachdrücklich vor den Gefahren veganer Ernährung ohne zusätzliche Einnahme von Ergänzungspräparaten besonders für Risikogruppen warnen“, heißt es in dem Antrag. Die Warnungen müssten digital auf der Website der Bundeszentrale sichtbar sein. Ferner seien die Warnungen in entsprechende Druckerzeugnisse aufzunehmen, inklusive einer Auflistung möglicher Symptome einer Mangelernährung. Zur Begründung heißt es, bei einer rein pflanzlichen Ernährung sei eine ausreichende Versorgung mit einigen Nährstoffen nicht oder nur schwer möglich. Der am meisten fehlende Nährstoff sei Vitamin B12. Für Schwangere, Stillende, Säuglinge, Kinder und Jugendliche werde eine vegane Ernährung von der Deutsche Gesellschaft für Ernährung nicht empfohlen, heißt es in dem Antrag.

Gasumlage: Der Bundestag hat einen Antrag der Unionsfraktion (20/3486) mit der Forderung nach Aufhebung der Verordnung der Bundesregierung nach Paragraf 26 des Gesetzes zur Sicherung der Energieversorgung über einen finanziellen Ausgleich durch eine saldierte Preisanpassung („Gasumlage“) mit der breiten Mehrheit des Plenums gegen das Votum von CDU/CSU abgelehnt. Zudem sollte dadurch eine Preisbremse für Unternehmen und Betriebe eingesetzt und das Strommarktdesign so korrigiert werden, dass krisenbedingte Preisverzerrungen ausgeschlossen werden. Außerdem sollte ein Bürger-Basispreis eingeführt werden, der die Grundversorgung mit Gas bezahlbar hält. Haushalte im unteren Einkommensdrittel sollten mit einer Energiepauschale in Höhe von 1.000 Euro unterstützt werden. Zur Entlastung bei den Stromkosten könnten Mittel aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz-Konto eingesetzt werden, heißt es in dem Antrag. Die Netzentgelte für 2023 sollten vollständig ausgesetzt werden, die Stromsteuer auf den EU-Mindestsatz gesenkt und eine wirkungsvolle finanzielle Unterstützung auch für kleine und mittlere Unternehmen sichergestellt werden. Zudem bekräftigen die Unions-Abgeordneten ihre Forderung, zur Abwendung eines drohenden Energienotstands für den befristeten Weiterbetrieb der noch im Betrieb befindlichen Kernkraftwerke in der Krise zu sorgen und Kohlekraftwerke aus den Reserven an den Strommarkt zu holen. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Klimaschutz und Energie (20/4455) zugrunde.

Sanktionen: Die Abgeordneten haben einen Antrag der Union (20/11141), der Sanktionen gegen Russland und Belarus in der Landwirtschaft fordert, mit den Stimmen von SPD, Grüne, FDP, AfD und der Gruppe Die Linke gegen die Antragsteller abgelehnt. „Scharfe Sanktionen im Agrarbereich gegen Russland und Belarus sind mehr als notwendig, damit nicht weiter Milliarden von Euro in die Kriegskasse von Präsident Wladimir Putin gespült werden“, schreiben die Abgeordneten. Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich für ein „vollumfängliches europäisches Importverbot“ für alle Agrargüter, Düngemittel und Lebensmittel aus Russland und Belarus einzusetzen. Noch bis zum Sommer dieses Jahres sollten parallel dazu Vorkehrungen getroffen werden, um auf nationaler Ebene, ein Importverbot auf alle Agrargüter, Düngemittel und Lebensmittel aus Russland und Belarus einzuführen, falls keine EU-Einigung zustande käme. Für einen solchen Schritt solle Lettland als Vorbild genommen werden. Darüber hinaus solle auf internationaler Ebene für solche Sanktionen geworben werden, damit sich Staaten wie die USA, Kanada und das Vereinigte Königreich anschlössen. Mittels einer Informationskampagne sollten Deutschland und die EU gezielt russischen Desinformationen über die vermeintlich negative Beschaffenheit ukrainischen Getreides, die tatsächlichen Hintergründe der volatilen Getreidepreise und des Welthungers entgegenwirken und dabei auch auf die Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Welle als Multiplikatoren zurückzugreifen. Der Wirtschaftsausschuss hat zur Abstimmung eine Beschlussempfehlung (20/11473) vorgelegt.

Abgesetzt: Bauakademie: Von der Tagesordnung abgesetzt wurde die Abstimmung über einen Antrag der AfD-Fraktion, in dem die Bundesregierung dazu aufgefordert wird, sich eindeutig zur Rekonstruktion der Schinkelschen Bauakademie in Berlin nach historischem Vorbild zu bekennen (20/11629). Mit der Vorlage soll der Gründungsdirektor der Bundesstiftung Bauakademie, Professor Guido Spars, verpflichtet werden, die Verordnung der Berliner Landesregierung „über die äußere Gestaltung der wiederzuerrichtenden, von Karl Friedrich Schinkel erbauten Bauakademie am Schinkelplatz 1 in Berlin-Mitte, Ortsteil Mitte“ ohne Abstriche einzuhalten. Begründet wird der Antrag damit, dass in einer Darstellung des Bundesbauministeriums „die Selbstverständlichkeit einer Rekonstruktion in ursprünglicher Gestalt und die identitätsstiftende Rolle im städtebaulichen Kupfergrabenensemble“ nicht mehr zum Ausdruck komme. Dem Gründungsdirektor Spars wird vorgeworfen, in der Frage der Rekonstruktion in ursprünglicher Gestalt zu taktieren.

Streitsachen: Die Abgeordneten haben einstimmig eine Beschlussempfehlung und einen Bericht des Rechtsausschusses zur Übersicht 6 über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (20/11984) angenommen. Dabei handelt es sich um acht Verfassungsbeschwerden und vier konkrete Normenkontrollen.

Petitionen: Das Parlament hat darüber hinaus zwölf Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses zu Petitionen positiv beschieden, die beim Bundestag eingegangen und vom Petitionsausschuss beraten worden waren. Es handelt sich um die Sammelübersichten 603 bis 614 (20/11803, 20/11804, 20/11805, 20/11806, 20/11807, 20/11808, 20/11809, 20/11810, 20/11811, 20/11812, 20/11813. 20/11814). 

Forderung nach einem „Recht auf Reparatur“

Darunter befindet sich auch eine Petition mit der Forderung nach einem „Recht auf Reparatur“, welches sich auf alle in Deutschland produzierten und gehandelten Produkte mit Ausnahme von Verbrauchsgütern beziehen soll. Durch die Möglichkeit der Reparatur von Produkten könnten wertvolle Ressourcen gespart und Emissionen bei der Herstellung reduziert werden, heißt es in der öffentlichen Petition (ID 118417). Zudem würde so den Verbrauchern mehr Wahlfreiheit ermöglicht. Der Petent fordert konkret, Produkte so zu gestalten, dass sie mit handelsüblichen Werkzeugen zerstörungsfrei geöffnet und wieder verschlossen werden können und alle Komponenten einfach entnommen werden können.

Hersteller müssten außerdem den Nutzern und den Reparaturbetrieben alle für die Reparatur erforderlichen Ersatzteile zu Preisen zu Verfügung stellen, „die eine Reparatur nicht verhindern“. So dürfe der Preis des teuersten Ersatzteils nicht über 30 Prozent des Neupreises eines entsprechenden Produktes liegen. Die Ersatzteile müssten zudem über die gesamte Nutzungsdauer, „mindestens jedoch für fünf Jahre verfügbar sein“, heißt es in der Eingabe.

Petition geht als Material an die Regierung

Die in der Sitzung des Petitionsausschusses am 12. Juni verabschiedete Beschlussempfehlung an den Bundestag sieht nun vor, die Petition dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz sowie dem Bundesministerium der Justiz „als Material“ zu überweisen. Den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses zu Folge bedeutet dies, dass die Bundesregierung die Petition „in die Vorbereitung von Gesetzentwürfen, Verordnungen oder anderen Initiativen oder Untersuchungen einbeziehen soll“. 

Der Petitionsausschuss unterstütze die Forderung nach besserer Reparierbarkeit der Produkte, um ihre Lebensdauer zu verlängern, heißt es in der Begründung zu der Beschlussempfehlung. Ökologische Produktpolitik werde jedoch auf europäischer Ebene gestaltet, „da sich die Waren im europäischen Binnenmarkt bewegen und einheitliche Anforderungen sinnvoller sind als unterschiedliche nationale Regelungen“, schreiben die Abgeordneten.

Umfassende ökologische Produktpolitik 

Derzeit bestünden auf europäischer und nationaler Ebene Bestrebungen, die Lebensdauer von Produkten zu verlängern, heißt es weiter. Zu begrüßen seien insbesondere die Pläne der EU, die Ressourcenschutzregelungen unter der erfolgreichen EU-Ökodesign-Richtlinie 2009/125/EG auf weitere Produktgruppen auszuweiten und unter anderem mit der Sustainable Products Initiative (SPI) eine umfassende ökologische Produktpolitik zu fördern. 

Der zu hohe Preis einer Reparatur im Vergleich zu einem Neukauf könne ein Ausschlussgrund für eine Reparatur sein und damit im Falle eines Defektes „das Leben eines Produktes beenden“, schreibt der Petitionsausschuss. Die Bundesregierung setze sich dafür ein, dass Verbrauchern sowie Reparateuren Ersatzteile zu einem angemessenen Preis zur Verfügung gestellt werden. „Bislang gibt es auf europäischer Ebene leider keine Anforderungen an die Höhe des Preises von Ersatzteilen“, heißt es in der Vorlage.

Der Ausschuss weist jedoch daraufhin, dass die EU-Mitgliedsstaaten inzwischen eine neue Ökodesign-Verordnung beschlossen hätten, „die die Ökodesign-Richtlinie ablöst und einen Fokus auf Nachhaltigkeitsaspekte wie unter anderem Reparierbarkeit, Rezyklierbarkeit und Umweltfußabdruck für Produkte legt“. Des Weiteren solle mit der Right-to-Repair-Initiative der EU-Kommission die Warenkaufrichtlinie angepasst werden. Ein Richtlinienvorschlag, der unter anderem eine Stärkung der Reparatur gegenüber der Neulieferung im Gewährleistungsrecht und eine Verlängerung der Gewährleistungsfristen vorsehen könnte, sei geplant, schreibt der Ausschuss. (hau/vom/27.06.2024)