Parlament

Christoph Ploß fordert außenpolitische Strategie für die Golfregion

Der Abgeordnete Dr. Christoph Ploß und der Vorsitzende des Ausschusses für Verteidigung, Innere und Auswärtige Angelegenheiten der Vereinigten Arabischen Emirate, Dr. Ali Rashid Al-Nuaimi, sitzen in Sesseln nebeneinander und unterhalten sich.

Delegationsleiter Dr. Christoph Ploß im Gespräch mit dem Vorsitzenden des Ausschusses für Verteidigung, Innere und Auswärtige Angelegenheiten der Vereinigten Arabischen Emirate, Dr. Ali Rashid Al Nuaimi. (© DBT/Katerina Bienert)

Der Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen, die Zusammenarbeit beim Klimaschutz durch die Erzeugung umweltfreundlicher Energieträger sowie die nachhaltige Schaffung von Frieden und Stabilität im Nahen und Mittleren Osten: Diese Themen standen im Mittelpunkt einer Delegationsreise der Parlamentariergruppe Arabischsprachige Staaten des Nahen und Mittleren Ostens im Deutschen Bundestag in das Sultanat Oman und in die Vereinigten Arabischen Emirate vom 2. bis 9. März 2024. 

Um in diesen Schlüsselfragen voranzukommen und sich mit Lösungen global zu positionieren, müsse Deutschland viel stärker als bisher mit den Ländern der Golfregion zusammenarbeiten, fordert der CDU-Abgeordnete Dr. Christoph Ploß, Vorsitzender der Parlamentariergruppe.

Kontakte vertieft und Brücken gebaut

Die jüngste Delegationsreise habe die Potenziale der Zusammenarbeit beispielsweise für den Klimaschutz oder eine nachhaltige Energieversorgung eindrucksvoll aufgezeigt, so Ploß. Durch die persönlichen Gespräche vor Ort habe man Kontakte vertiefen und neue Brücken bauen können, die für die zukünftige Zusammenarbeit wertvolle Anknüpfungspunkte bieten könnten. 

In den Hauptstädten beider Länder, Maskat und Abu Dhabi, sind die Bundestagsabgeordneten mit Vertretern der dortigen parlamentsähnlichen beratenden Versammlungen sowie der Regierungen, der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft zusammenkommen, haben Projekte und Unternehmen besichtigt. 

Saubere Energie aus der Golfregion

Um beispielsweise gemeinsam an der Energieversorgung der Zukunft zu arbeiten und um die wirtschaftliche Zusammenarbeit insgesamt zu intensivieren, liege es im deutschen Interesse, die Beziehungen zu den Golfstaaten wie Oman und den Vereinigten Arabischen Emiraten, kurz VAE, auszubauen, erklärt Ploß. Vor allem seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine stehe die Frage einer sicheren, sauberen und bezahlbaren Energieversorgung ganz oben auf der Agenda von Politik und Wirtschaft: „Für Deutschland verlangt diese Entwicklung auch nach verlässlichen Partnern in der Golfregion.“ 

„Für den Aufbau der deutschen Wasserstoffwirtschaft bietet diese sonnenreiche Region enorme Chancen. Klimafreundliche Kraftstoffe wie E-Fuels können dort relativ günstig hergestellt werden und nach Deutschland transportiert werden“, so Ploß. Es böten sich vor Ort große Chancen, die natürlichen Ressourcen der Region mit Hilfe deutscher Technologie für dieses Ziel zu nutzen, um auf diese Weise sowohl die aufstrebenden Volkswirtschaften Arabiens als auch den Standort Deutschland mit sauberer Energie zu versorgen.

Für langfristige Partnerschaften in der Energiepolitik

„Deutschland hat in der Region energie-, wirtschafts-, sicherheits-, migrations- und entwicklungspolitische Ziele, die wir mit einer klaren Politik aus einem Guss verfolgen müssten“, unterstreicht der CDU-Politiker die Bedeutung der besuchten Länder. „Wir brauchen etwa in der Energiepolitik belastbare, langfristige Partnerschaften mit den Staaten im Nahen und Mittleren Osten.“ Beide Seiten, Deutschland und die Länder auf der arabischen Halbinsel, könnten von der Zusammenarbeit in diesen Bereichen profitieren.

Bei den Gesprächen der Parlamentariergruppe im Oman sowie in den Emiraten sei es um die wirtschaftliche Zusammenarbeit, vor allem im Energiebereich, und insbesondere um den Ausbau erneuerbarer Energieträger gegangen. Westlich von Abu Dhabi hat sich die deutsche Delegation über das Projekt der Klima-Modellstadt Masdar City informiert und die dort ansässige Internationale Organisation für erneuerbare Energien, IRENA (International Renewable Energy Agency) besucht. 

Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen vorangebracht

Dabei biete die Region über den Energiesektor hinaus Anknüpfungspunkte für die deutsche Wirtschaft, sagt Ploß. „Ich habe vor Ort erlebt, dass für alle Seiten die wirtschaftlichen Beziehungen von großer Bedeutung sind. Deutsche Firmen, Technologien und Produkte genießen in den arabischen Staaten einen sehr guten Ruf. Diese Staaten sind ein wichtiger Exportmarkt für unsere Industrie.“ Aufgabe der Politik sei es, dafür gute Rahmenbedingungen zu schaffen.

Während sich die Vereinigten Arabischen Emirate zum wichtigsten deutschen Wirtschaftspartner in der Region entwickelt hätten und etwa 1.200 deutsche Unternehmen dort einen Sitz unterhielten, gehöre Deutschland auch jenseits des Bereichs der fossilen Energieträger zu den wichtigsten Wirtschaftspartnern Omans. Mit Hochschul- und Bildungseinrichtungen beider Länder bestünden zahlreiche Wissenschaftskooperationen.

Chancen für deutsche Unternehmen

Während ihres Besuchs traf sich die Delegation mit Wirtschaftsvertretern in den Außenhandelskammern und nahm Einblick in Unternehmen der beiden aufstrebenden Volkswirtschaften. So habe man ein Medizintechnikunternehmen im Bereich Prothetik und den Containerhafen von Salalah an der dem Arabischen Meer und Indischen Ozean zugewendeten Südküste des Omans besichtigt. 

Der Logisitikknotenpunkt sei ein Symbol des wirtschaftlichen Austauschs und des globalen Handels, so der Hamburger Ploß. Beide Länder versuchten nicht zuletzt angesichts der Umbrüche in der Energiewirtschaft ihre Volkswirtschaften zu diversifizieren und neue Branchen anzusiedeln. Dieser Prozess berge zahlreiche Chancen für deutsche Unternehmen.

Sicherheitspolitik und Menschenrechte

Neben Wirtschaftsthemen und der Energieversorgung der Zukunft standen die sicherheitspolitischen Spannungen im Nahen und Mittleren Osten auf der Agenda der Gespräche mit Parlamentariern und Regierungsvertretern in beiden Ländern, erzählt Ploß. Um diese Fragen zu erörtern, haben sich die deutschen Abgeordneten beispielsweise mit dem diplomatischen Berater des Präsidenten der Vereinigten Arabischen Emirate, aber auch mit dem Vorsitzenden des Ausschusses für Verteidigung, Innere und Auswärtige Angelegenheiten im Nationalen Föderationsrat zu einem Gedankenaustausch getroffen und diese Themen auch mit Mitgliedern der Emiratisch-Deutschen Freundschaftsgruppe besprochen. 

Teil des Austauschs auf parlamentarischer Ebene sei auch, Fragen wie die Situation der Menschenrechte, Meinungsfreiheit oder Demokratieförderung anzusprechen, stellt Ploß klar: „Natürlich pochen wir auch darauf, dass die Einhaltung von Menschenrechten für Deutschland ein sehr wichtiges Thema ist.“ Entscheidend sei dabei, wie man diesen Punkt, bei dem man um die Meinungsverschiedenheiten zu den Gastgebern wisse, vortrage, so der Christdemokrat. Man wolle die Gesprächspartner weder bloßstellen noch beleidigen, sondern nähere sich ihnen mit Respekt und erkenne kulturelle Unterschiede ebenso wie Fortschritte an. „Wenn ich es behutsam kommuniziere, nicht mit der Tür ins Haus falle, ist der Sache am Ende besser gedient.“

Vorsichtige Modernisierungsschritte

Hinzu komme, dass in den besuchten Ländern in vielen Bereichen mittlerweile ein spürbarer Wandel stattfinde, etwa in den Bereichen Frauenrechte, soziale Vielfalt und Religionsausübung. Bürgerrechte wie die Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit unterlägen jedoch weiterhin deutlichen Einschränkungen. Parteien und Gewerkschaften seien verboten. Bei beiden Ländern handele es sich um Monarchien, die vorsichtige Modernisierungsschritte unternähmen. Im Oman habe man darüber unter anderem mit dem Herausgeber der Zeitung „Muscat Daily“ gesprochen.

Schon durch ihre Zusammensetzung, bestehend aus Mitgliedern der Regierungs- und der Oppositionsfraktionen, sei die Abgeordnetengruppe auch nicht nur als Botschafter Deutschlands unterwegs, sondern ebenso im Namen der parlamentarischen Demokratie. Insgesamt habe er „die Gesprächsatmosphäre als sehr partnerschaftlich und gut wahrgenommen“, resümiert Ploß und fügt hinzu: „Grundsätzlich ist es wichtig, sich gegenüber seinen Gesprächspartnern nicht auf ein hohes moralisches Ross zu setzen, sondern ihnen auf Augenhöhe zu begegnen. In der Außenpolitik muss es uns gelingen, unsere Werte mit unseren Interessen verbinden, ohne dabei belehrend aufzutreten.“ 

Wirtschaftliche Verflechtung und politischer Dialog

Als Handelsnation sei es schließlich im Interesse Deutschlands, mit möglichst vielen Ländern rund um den Globus in Kontakt zu sein und einen guten, durch Verträge abgesicherten Austausch zu pflegen, betont Ploß. In vielen Ländern ließen sich durch Handel, wirtschaftliche Verflechtung und politischen Dialog auch Fortschritte im Bereich der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte erreichen. 

Als Abgeordnete des Deutschen Bundestages gestalte man in den Parlamentariergruppen die deutsche Außenpolitik, in Ergänzung zur Bundesregierung, aktiv und kritisch mit, pflege die bilateralen Beziehungen auf parlamentarischer Ebene und gebe Impulse, erläutert Ploß das Selbstverständnis der internationalen Arbeit der Parlamentarier. „Wir repräsentieren mit unserer außenpolitischen Arbeit Deutschland. Wir versuchen, für unser Land in der Welt Verbesserungen zu erwirken und uns dabei für Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und soziale Mindeststandards einzusetzen.“

Informations- und Meinungsaustausch

In erster Linie gehe es der Parlamentariergruppe Arabischsprachige Länder des Nahen und Mittleren Ostens um den Informations- und Meinungsaustausch mit Parlamentariern aus den arabischen Ländern. „Daneben pflegen wir auch Kontakte zu Regierungs- und Oppositionsmitgliedern, zu Wirtschaftsvertretern sowie zu Repräsentanten der Zivilgesellschaft.“

Der Austausch auf parlamentarischer Ebene sei „unerlässlich für das Entstehen belastbarer außenpolitischer Beziehungen und für das Wachsen von gegenseitigem Verständnis“, ist Ploß überzeugt. „Auf der parlamentarischen Ebene ist es oft einfacher, ohne eine spezifische Agenda Beziehungen zu pflegen, die dann in entscheidenden Momenten von großem Vorteil für unser Land sein können.“

Ploß: Stärkerer Fokus auf die Golfregion nötig 

„Ich habe vor Ort eine große Offenheit gegenüber Deutschland erlebt. Die Gesprächspartner wünschen sich gute Beziehungen zu Deutschland und Europa“, berichtet der Vorsitzende der Parlamentariergruppe und kritisiert: Trotz der Bedeutung dieser Länder verfüge die Bundesregierung „bis heute über keine umfassende Strategie für die Golfregion. Angesichts der großen Chancen, die in dieser Region für Deutschland liegen, sollten wir diese Bereitschaft zu einer engeren Zusammenarbeit unbedingt ernst nehmen gerade auch mit Blick auf die geopolitischen Ambitionen von Staaten wie Russland und China. Ich setze mich daher im Deutschen Bundestag weiter dafür ein, dass wir einen stärkeren außenpolitischen Fokus auf die Golfregion legen als dies zurzeit der Fall ist.“

Die Parlamentariergruppe Arabischsprachige Staaten des Nahen und Mittleren Ostens, eine von 46 Parlamentariergruppen, umfasst die Länder der arabischen Halbinsel Bahrain, Irak, Jemen, Jordanien, Katar, Kuwait, Libanon, Oman, Saudi-Arabien, Syrien, die Vereinigten Arabischen Emirate sowie die Arbeitsgruppe Palästina. Die Delegation bestand neben dem Vorsitzenden aus den Bundestagsabgeordneten Dr. Joe Weingarten (SPD), Muhanad Al-Halak (FDP) und Sebastian Münzenmaier (AfD). (ll/31.07.2024)

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