Menschenrechte

Jonas Geissler setzt sich für Abgeordneten Iván Cepeda Castro aus Kolumbien ein

Der Abgeordnete Dr. Jonas Geissler (CDI/CSU) hält ein Porträtfoto eines bärtigen jungen Mannes in die Kamera.

Der CSU-Abgeordnete Jonas Geissler mit einem Foto des kolumbianischen Abgeordneten und Menschenrechtsverteidigers Iván Cepeda Castro (© DBT/Stella von Saldern)

Er arbeitet im Namen der Regierung staatliches Unrecht aus der Zeit des Bürgerkriegs auf, Verflechtungen zwischen Politik und Paramilitärs, und erfährt wegen dieses Engagements nicht nur gesellschaftliche Anerkennung, sondern auch Diffamierungen, Drohungen, Verfolgung seitens derer, die lieber den Mantel des Schweigens über ihre Taten breiten würden oder einfach so weitermachen wollen wie bisher: der kolumbianische Abgeordnete und Menschenrechtsverteidiger Iván Cepeda Castro. 

Wer solchen Mut beweise und trotz Gefährdung des eigenen Lebens seine Stimme für Menschenrechte und Gerechtigkeit erhebe, dem gebühre Anerkennung und ein umfassender Schutz, findet der Bundestagsabgeordnete Dr. Jonas Geissler (CDU/CSU). Deswegen hat er im Rahmen des Programms „Parlamentarier schützen Parlamentarier“ (PsP) eine Patenschaft für Iván Cepeda Castro übernommen. 

Mutiges Engagement für Frieden und Gerechtigkeit

Der 61-jährige Anwalt und Politiker Iván Cepeda Castro ist ebenfalls Parlamentarier, war Kongressabgeordneter, gehört der zweiten Kammer des kolumbianischen Parlaments, dem Senat, an, hat dort seit August 2022 das Amt des Vorsitzenden der „Kommission für Frieden und Postkonflikt“ inne und ist Mitglied des Verhandlungsteams der Regierung für die Friedensgespräche mit der Guerillaorganisation ELN (Ejército de Liberación Nacional)

Er ist Sprecher und Gründer der „Nationalen Bewegung der Opfer von Staatsverbrechen“, die sich für Aufklärung und Entschädigung einsetzt sowie Ko-Autor des 2009 erschienenen kolumbianischen Bestsellers über die Netzwerke der Paramilitärs und deren Verflechtungen mit der Politik in dem südamerikanischen Land. 

„System voller Widersprüche und Abgründe“

Die Aufarbeitung des historischen Konflikts, die andauernde Konfrontation und die schwache Staatlichkeit seines Heimatlandes, „all das treibt Cepeda um“, sagt Geissler. Politik und Institutionen, die verfassungsmäßige Ordnung in Kolumbien: Dabei handele es sich um ein „System voller Widersprüche und Abgründe, in dem Gewalt als politisches Zweckmittel“ vorherrsche, und das in den 1990er-Jahren die Ermordung von Cepedas Vater und vieler anderer durch paramilitärische Kämpfer geschehen lassen habe. „Gegen diese Zustände steht Cepeda mutig, ja heldenhaft auf“, habe sich sogar mit dem ehemaligen Staatschef Alvaro Uribe angelegt, um herauszufinden, was für Verbindungen dieser zu Paramilitärs und Drogenkriminellen unterhielt. 

Vor zehn Jahren hatten sich Politik und Gesellschaft in Kolumbien dazu durchgerungen, dem seit Jahrzehnten tobenden Bürgerkrieg, der mehrere Hunderttausend Todesopfer gefordert hat, mit einem Friedensplan ein Ende zu setzen, und mit dem 2016 geschlossenen Abkommen zwischen der Regierung und der Farc-Guerilla einen Friedensprozess in Gang gesetzt. 

Brüchiger Friedensprozess in Kolumbien

Bewaffnete Gruppen wie die Farc hatten seit den 1960er-Jahren mit politisch motiviertem Terror, ihren paramilitärischen Kräften und den Einnahmen aus dem Drogenanbau und -handel weite Teile des Landes unter ihre Kontrolle gebracht. Doch der Friedensprozess ist brüchig. Teile der Guerilleros, aber auch von Politik und Gesellschaft unterstützen das Abkommen nicht oder werfen sich gegenseitig Vertragsbruch vor. Nicht alle Kämpfer haben ihre Waffen abgegeben. In weiten Teilen des Landes herrscht eine angespannte Sicherheitslage, in der gewaltbereite Banden, die sich durch Drogengeschäfte finanzieren, Menschen, die sich sozial engagieren, verfolgen und ermorden. Menschenrechtsorganisationen berichten regelmäßig darüber.

Um den Konflikt nicht nur juristisch aufzuarbeiten, sondern gleichzeitig einen gesellschaftlichen Neuanfang zu versuchen, hat Kolumbien eine Übergangsjustiz geschaffen sowie eine Wahrheitskommission und eine Kommission für die Suche nach Verschwundenen. Das Land geht damit einen Kompromiss ein, der ehemaligen Kämpfern, die bei der Aufklärung der Verbrechen kooperieren, ein moderateres Strafmaß in Aussicht stellt. Zudem hat die Regierung der Nachfolgeorganisation der Farc im Friedensvertrag eine politische Beteiligung im Parlament zugesagt. Was dem Land seine gesellschaftliche Stabilität zurückgeben soll, wird in Teilen der Bevölkerung kritisch betrachtet.

„Hohes Risiko“ für Cepeda

„Mit seinem Engagement gegen die paramilitärischen Einheiten und die früheren politischen Eliten geht Iván ein hohes Risiko ein“, gibt Geissler zu bedenken, mache sich angreifbar und habe bereits zahlreiche Drohungen erhalten. Die Mitgliedschaft in einem Verfassungsorgan als Teil der Regierungskoalition biete ihm zwar eine gewisse Sicherheit, mache ihn aber gleichzeitig zur Zielscheibe: „Wenn ich etwas über die Verbindungen zwischen Drogenbanden und Behörden veröffentliche, dann stehe ich in Kolumbien irgendwo auf der Abschussliste.“ 

Mehrfach habe Cepeda deswegen bereits aus Kolumbien fliehen müssen und sei zu seinem Schutz daher schon von Mitarbeitern der Menschenrechtsorganisation „Peace Brigades International“ begleitet worden.

„Schutzangebot“ des PsP-Programms 

Kolleginnen und Kollegen weltweit, die in Bedrängnis sind, Parlamentariern wie Cepeda, aber auch Menschenrechtsverteidigern, zu helfen, sei für ihn als Bundestagsabgeordnetem selbstverständlich, sagt Geissler. Dazu wolle er seine Möglichkeiten als Parlamentarier nutzen. Die entscheidende Botschaft des Programms „Parlamentarier schützen Parlamentarier“ sei „sein Schutzangebot“, so Geissler. 

Vom Sekretariat des Menschenrechtsausschusses über die Möglichkeit einer Patenschaft informiert, sei für ihn sofort klar gewesen, sich für Cepeda einzusetzen. Seit Februar 2022 bestehe die Patenschaft nun, erzählt der Menschenrechtspolitiker, der weitere Patenschaften, etwa in Belarus, übernommen hat.

Diplomatie und Öffentlichkeitsarbeit

„Ich bewundere Menschenrechtsverteidiger, die trotz Verfolgung ihre Stimme erheben und wie Cepeda etwas Unbequemes schreiben, mit dem Ziel, die Welt zum Positiven zu verändern“, so der CSU-Abgeordnete. Jemand, der unter Gefahr für das eigene Leben für die Rechte seiner Mitmenschen eintrete, verdiene, dafür geschützt zu werden.

Seine schützende Wirkung entfalte das PsP-Programm durch den Rang und das Wirken der Mitglieder des Deutschen Bundestages auf diplomatischem Weg ebenso wie durch die Öffentlichkeitsarbeit. Dies geschehe stets im Einvernehmen mit dem Betreuten sowie nach dem Einholen einer Einschätzung durch das Auswärtige Amt. 

Im Fall von Cepeda sei eine mediale Berichterstattung erwünscht. Er habe zudem dem kolumbianischen Botschafter in Deutschland von seiner Patenschaft geschrieben, erzählt Geissler. Die Regierung in Bogotá wisse also Bescheid. Sollte ihn sein Weg einmal nach Kolumbien führen, würde er Cepeda zudem gerne persönlich treffen. 

Geissler: Signale der Hoffnung senden

„Wir können Menschen wie Iván Cepeda Castro nicht direkt helfen, aber wir können ihrem Tun und ihrem Schicksal unsere Aufmerksamkeit schenken, ihnen unsere Unterstützung signalisieren und damit Hoffnung geben“, so Geissler. Im Menschenrechtsausschuss erfahre man von den verschiedensten Schicksalen, erzählt der Abgeordnete. 

„Wir drücken dann unser Bedauern und unsere Solidarität aus. Uns kostet es keine Mühe, die Menschlichkeit im Auge zu behalten. Aber für die Betroffenen in anderen Ländern, die verfolgt werden, bedeutet diese Geste etwas unglaublich Wichtiges. Damit verleihen wir mutigen Menschen, die sich in gefährlichem Kontext für andere einsetzen, Rückgrat. Signale der Hoffnung senden, Menschenrechtler stark machen, das sollte ein Wert in unserem abgesicherten Alltag hierzulande sein“, meint Geissler. Es mache „die Welt, in der wir letztlich alle gemeinsam leben, sicherer und menschlicher“.

Signal an autoritäre Regime

Gleichzeitig sende man damit ein Signal an autoritäre Regime, kriminelle Organisationen oder einfach an Regierungen: Seht her, es interessiert uns, wie ihr mit Menschenrechtsverteidigern umgeht, wie die Menschenrechtslage bei euch ist und wehre so vielleicht den ein oder anderen Übergriff ab. Verantwortliche ebenso wie potenzielle Täter müssten wissen, dass Menschen wie Cepeda nicht allein sind, nicht einfach namenlos ermordet werden, sondern auf Unterstützer sowie auf eine an ihrem Schicksal interessierte Öffentlichkeit bauen könnten. Zudem gelte es, sich auf die Suche nach denjenigen zu machen, die Menschenrechtlern etwas angetan haben oder antun. 

Sich für Menschen in autoritären Kontexten einzusetzen, darin sieht Geissler auch eine Möglichkeit, seine Dankbarkeit auszurücken: „Weil ich in einem Land lebe, in dem Freiheit herrscht.“ Das gelte umso mehr als Mitglied des Bundestages, des deutschen Verfassungsorgans, das eine Schutzwirkung entfalte, die eigentlich auch Cepeda zukommen müsse. 

Dass dies in Kolumbien nicht so sei, führe einem einmal mehr vor Augen, dass es vielen in der Welt, die sich für die Achtung der Menschenrechte stark machen und konkrete Missstände anprangern, damit schlechter ergehe und sie leichter zur Zielscheibe würden als hierzulande. Dem Deutschen Bundestag als einem der stärksten und angesehensten Parlamente der Welt wächst laut Geissler damit die „verantwortungsvolle Aufgabe“ zu, sich zu kümmern. (ll/07.08.2024)

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