Parlament

Abschließende Beratungen ohne Aussprache

Ohne Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 26. September 2024, eine Reihe von Vorlagen abgestimmt:

IT-Änderungsstaatsvertrag: Die Abgeordneten haben einstimmig den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Zweiten IT-Änderungsstaatsvertrag (20/11851, 20/12196, 20/12868 Nr. 1.6) angenommen. Dazu hat der Ausschuss für Inneres und Heimat eine Beschlussempfehlung (20/13017) und der Haushaltsausschuss einen Bericht gemäß Paragraf 96 der Geschäftsordnung des Bundestages zur Finanzierbarkeit (20/13018) vorgelegt. Der Entwurf sieht die Zustimmung des Bundestages zum “Zweiten Staatsvertrag zur Änderung des IT-Staatsvertrags„ zwischen der Bundesrepublik und den 16 Bundesländern vor. Der Zweite IT-Änderungsstaatsvertrag soll laut Vorlage “die IT-Zusammenarbeit der öffentlichen Verwaltungen weiterentwickeln, indem die Umsetzungskompetenzen des Planungsrates für die IT-Zusammenarbeit der öffentlichen Verwaltung zwischen Bund und Ländern (IT-Planungsrat) und die Föderale IT-Kooperation (Fitko) gestärkt werden„. Die Aufgabenwahrnehmung der Fitko soll den Angaben zufolge neu ausgerichtet und eine flexiblere Budgetierung ermöglicht werden. Der Vertrag soll zudem die Finanzierungsverantwortung von Bund und Ländern für die geänderte Aufgabenwahrnehmung der Fitko regeln, wie es in der Vorlage weiter heißt. Danach zielt der Zweite IT-Änderungsstaatsvertrag darauf, die kooperative Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes durch Bund und Länder weiter voranzutreiben. Er geht zurück auf den Beschluss aus der Besprechung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit den Regierungschefs der Länder zur Stärkung der Fitko vom 6. November 2023.

Bürokratieabbauprogramm: Mit der Mehrheit von SPD, CDU/CSU, FDP, Bündnis 90/Die Grünen und der Gruppe Die Linke gegen die Stimmen der AfD hat der Bundestag einen Antrag der AfD-Fraktion für ein Bürokratieabbauprogramm (20/3535) abgelehnt. Der Wirtschaftsausschuss hatte dazu eine Beschlussempfehlung (20/5568) vorgelegt. Demnach sollen Gesetze, Verordnungen, Verwaltungsabläufe und Planungsverfahren auf nationaler Ebene, genauso wie Normen auf europäische Ebene, sollen verschlankt werden, fordern die Abgeordneten. Ebenso sollen die Abläufe auf Ineffizienz, unnötige Kostentreiberei und Unverhältnismäßigkeit überprüft werden. Weiter heißt es in dem Antrag, dass EU-Normen durch die Bundesregierung “gründlich„ begleitet, überprüft und moderiert werden sollen, um im Sinne der Wirtschaftlichkeit für Unternehmen, den Mittelstand und der Industrie “eine weitere Bürokratisierung zu verhindern„. 

Streitverfahren: Die Abgeordneten des Bundestages haben mit den Stimmen der SPD, Union, Grünen, FDP und Die Gruppe Die Linke bei Stimmenthaltung der AfD eine Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (20/12997) angenommen und die Präsidentin gebeten, eine Prozessbevollmächtigte oder einen Prozessbevollmächtigten zu Streitverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht (Aktenzeichen: 2 BvE 4  / 24, 2 BvE 6 / 24 und 2 BvE 7 / 24) zu bestellen. In den Organstreitverfahren 2 BvE 4 / 24 der Partei Mensch, Umwelt, Tierschutz (Tierschutzpartei),  2 BvE 6 / 24 der Ökologisch Demokratischen Partei (ÖDP) sowie 2 BvE 7 / 24 der Alternative für Deutschland (AfD), jeweils gegen den Deutschen Bundestag und zusätzlich im Verfahren zu  2 BvE 4 / 24 auch gegen den Bundesrat wenden sich die Antragstellerinnen gegen Regelungen des Gesetzes zur Finanzierung politischer Stiftungen aus dem Bundeshaushalt (Stiftungsfinanzierungsgesetz – StiftFinG) sowie in den Verfahren zu  2 BvE 4 / 24 und 2 BvE 6 / 24 Bestimmungen des Bundeshaushalts 2024. Die Antragstellerinnen sehen in den angegriffenen Bestimmungen insbesondere Verstöße gegen die Rechte auf Chancengleichheit der Parteien im politischen Wettbewerb, parteipolitische Neutralität des Gesetzgebers und auf willkürfreie, nichtdiskriminierende Behandlung durch den Gesetzgeber.

Aufsichtsratsmitgliedschaft: Angenommen wurde mit den Stimmen von SPD, CDU/CSU, Grüne und FDP bei Enthaltung der Gruppe Die Linke gegen das Votum der AfD ein Antrag der Bundesregierung, in dem sich diese für eine “Ausnahme von dem Verbot der Zugehörigkeit zu einem Aufsichtsrat für Mitglieder der Bundesregierung„ gemäß Paragraf 5 Absatz 1 Satz 2 des Bundesministergesetzes ausspricht (20/12794). Konkret geht es um die Entsendung der Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen Klara Geywitz (SPD) in den Aufsichtsrat der Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation gGmbH, den die Bundesregierung laut Antrag am 21. August 2024 beschlossen hat. Vor der Abstimmung erhält jede Fraktion die Möglichkeit, sich drei Minuten lang zu dem Antrag zu äußern.

Passgesetz: Der Bundestag hat mit den Stimmen von SPD, CDU/CSU, Grünen, FDP und AfD gegen die Stimmen der Gruppe Die Linke einen Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen “zur Korrektur schwebender Änderungen im Passgesetz, im Personalausweisgesetz und im eID-Karte-Gesetz„ (20/12807) angenommen. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Innenausschusses (20/12992) zugrunde. Wie die Fraktionen in der Vorlage ausführen, sind in den genannten drei Gesetzen durch Neuregelungen aus den Jahren 2020, 2021 und 2023 Änderungen vorgenommen worden, die noch nicht in Kraft getreten sind, sogenannte schwebende Änderungen. “Durch weitere zwischenzeitlich in Kraft getretene Änderungen derselben Regelungen durch andere Änderungsgesetze sind diese schwebenden Änderungen nun nicht mehr ausführbar„, heißt es in der Vorlage weiter. Die betroffenen Änderungen müssten daher entsprechend angepasst werden. Der Entwurf bezweckt dazu den Angaben zufolge die Aufhebung der nicht mehr ausführbaren Änderungsbefehle sowie deren Neufassung, “damit die betreffenden Vorschriften so ausgestaltet werden, wie dies ursprünglich vom Gesetzgeber intendiert war„.

Petitionen: Das Parlament hat darüber hinaus über 13 Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses zu Petitionen angenommen, die beim Bundestag eingegangen sind und vom Petitionsausschuss beraten wurden. Es handelte sich um die Sammelübersichten 640 bis 652 (20/12840, 20/12841, 20/12842, 20/12843, 20/12844, 20/12845, 20/12846, 20/12847, 20/12848, 20/12849, 20/12850, 20/12851, 20/12852).

Präventionsstrategie zur Vorbeugung von Cybermobbing

Darunter befindet sich auch eine Petition mit der Forderung nach der Entwicklung einer bundesweiten Präventionsstrategie zur Vorbeugung von Cybermobbing. Cybermobbing, so heißt es in der öffentlichen Petition (ID 147793), sei eine zentrale Herausforderung der Digitalisierung. Einer Studie zufolge seien hiervon fast 17 Prozent der Schüler zwischen sieben und zwanzig Jahren betroffen. Die Zahl sei auch infolge der Pandemiemaßnahmen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie stark gestiegen. 

Cybermobbing könne zu erheblichen psychischen Beeinträchtigungen, wie Konzentrationsschwächen, Angstzuständen und Depressionen führen, schreibt der Petent. Gleichwohl werde das Problem im Umfeld der Betroffenen häufig nicht wahrgenommen. Zudem fehle es an der notwendigen Medienkompetenz. 

Aus diesem Grund wird in der Eingabe “auf der Grundlage des Policy-Papers der 1. Jugend-Enquete-Kommission„ eine bundesweite Präventionsstrategie gefordert. Dazu soll aus Sicht des Petenten eine Aufklärungskampagne inklusive eines “Aktionstages Cybermobbing“ zählen, die auf das Thema aufmerksam mache und die Bevölkerung sensibilisiere. Zudem solle eine zentrale Informationsstelle für Cybermobbing eingerichtet und die finanzielle Förderung entsprechender Projekte ausgeweitet werden.

Materialüberweisung einstimmig beschlossen

Die in der Sitzung des Petitionsausschusses am 11. September einstimmig verabschiedete Beschlussempfehlung an den Bundestag sieht nun vor, die Petition dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) „als Material“ zu überweisen. Den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses zufolge bedeutet dies, dass die Bundesregierung die Petition „in die Vorbereitung von Gesetzentwürfen, Verordnungen oder anderen Initiativen oder Untersuchungen einbeziehen soll“. 

In der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung macht der Ausschuss deutlich, dass er die der Eingabe zugrunde liegende Einschätzung teilt, dass das sogenannte Cybermobbing eine ernstzunehmende und zudem wachsende Problematik darstellt. Die Abgeordneten halten daher eine verstärkte Sensibilisierung und ausreichende Prävention für erforderlich. 

Beleidigende Kommentare im Netz

Laut JIM-Studie (Jugend, Information, Medien) des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest aus dem Jahr 2021 seien 47 Prozent der Jugendlichen im Netz mit beleidigenden Kommentaren konfrontiert worden. 

Unabhängig davon, ob dies nun unabsichtlich oder vorsätzlich erfolgte, könnten 29 Prozent der Jugendlichen berichten, „dass schon einmal jemand beleidigende oder falsche Sachen über sie selbst im Netz oder via Handy verbreitet hat“. Laut JIM-Studie 2020 gaben 16 Prozent an, dass schon einmal beleidigende Bilder oder Videos von ihnen ohne Einwilligung gepostet wurden. 

Vernetzung bestehender Projekte bietet erhebliches Potenzial

Der Petitionsausschuss macht darauf aufmerksam, dass das Thema Cybermobbing bereits auf unterschiedliche Weise und in unterschiedlichen Kontexten im Rahmen von Kampagnen im öffentlichen Fokus stehe, die auch durch das BMFSFJ unterstützt würden. Allerdings gebe es derzeit keine zentrale Website beziehungsweise Datenbank, wie sie mit der Petition gefordert wird, die alle Projekte und Fördermöglichkeiten zum Thema Cybermobbing bündelt und nach Themen und Zielgruppen filtert. 

Der Ausschuss sieht in der Vernetzung der bestehenden Projekte ein erhebliches Potenzial. Unabhängig davon halten es die Abgeordneten für unerlässlich, „die Vielzahl an bereits existierenden, guten Angeboten zu weiter stärken und noch bekannter zu machen“.

(eis/hau/26.09.2024) 

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