Aktuelle Stunde

Weltklimakonferenz COP 29 führt zu hitziger Debatte im Bundestag

Wie geht es weiter mit dem internationalen Klimaschutz? Darüber hat der Bundestag in einer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen anlässlich der im aserbaidschanischen Baku laufenden Weltklimakonferenz am Donnerstag, 14. November 2024, in einer Aktuellen Stunde teils hitzig debattiert. Dabei wurde deutlich, dass das Ziel, die weiter anwachsenden CO2-Emissionen wirksam zu verringern und die Folgen es Klimawandels zu begrenzen, von den meisten Abgeordneten geteilt wurde. Über den Weg dahin gab es jedoch reichlich Dissens.

Grüne: Im Kampf gegen die Klimakrise nicht nachgeben

Fast trotzig pochte zu Beginn der Debatte Lisa Badum (Bündnis 90/Die Grünen) darauf, im Kampf gegen die Klimakrise nicht nachzugeben. Die Wahl Donald Trumps zum nächsten US-Präsidenten und der damit erwartete erneute Ausstieg der USA, zweitgrößten Verursacher von CO2-Emissionen, aus dem Pariser Klimaabkommen sein zwar ein Schock, eine „kalte Dusche“, räumte die Abgeordnete ein, doch diese „brauche man manchmal, um aufzuwachen“ und zu handeln. 

Die Weltklimakonferenz sei dafür genau der richtige Ort. 45 der ärmsten Länder weltweit erwarteten eine Lösung für die künftige Klimafinanzierung. Diese lasse sich aber nur über Allianzen finden. Hier habe sich gut vernetzt und viele enge bilaterale Klimapartnerschaften geschlossen, lobte Badum und forderte gleichzeitig, die Klimakonferenz nicht den „Klimaleugnern und Öldiktatoren“ zu überlassen. Die „freie Welt“ müsse „ihr Gesicht zeigen“. Gerade das Industrieland Deutschland, das mit 65 Prozent erneuerbaren Energien im Energiemix ein Vorreiter sei, werde als Vorbild gebraucht. Gleichzeitig warnte sie an die Union gewandt, den Kohleausstieg zu verzögern. Das sei angesichts der Dringlichkeit des Problems keine Lösung.

Union: Ampel-Aus schwächt deutsche Delegation in Baku

Andreas Jung (CDU/CSU) erinnerte daran, dass CDU-geführte Bundesregierungen den Klimaprozess mitgestaltet und das Pariser Abkommen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit auf den Weg gebracht wurde. Das zeige, dass man ein „gemeinsames Interesse“ habe, auf die globale Bedrohung durch den Klimawandel und eine globale Antwort zu finden – auch wenn durchaus unterschiedlicher Meinung sei wie. 

Der Konferenz in Baku wünsche er Erfolg, sagte Jung, sah jedoch die deutsche Delegation durch das Ampel-Aus geschwächt. „Sie habe keine Mehrheit im Bundestag.“ Er warnte deshalb davor, weitreichende finanzielle Zusagen zu geben. „Das wäre genauso falsch wie Zusagen, die wir gemacht haben in Frage zu stellen.“ Die Glaubwürdigkeit Deutschlands hänge daran, dass man Zusagen einhalte – und diese sich auch im Haushalt abbildeten. Aber auch andere Staaten, die es sich leisten könnten, müssten nun in die Verantwortung für die Klimafinanzierung genommen werden, forderte Jung mit Blick auf China und „reiche Ölstaaten“.

SPD: Es braucht diese Konferenzen

Gegen Pessimismus im internationalen Klimaschutz wandte sich Frank Schwabe (SPD). Mit Blick auf die Kritiker, die am Nutzen der Klimakonferenzen zweifelten, wolle er bewusst eine „Lanze brechen“ für die UN-Konferenz: „Wo sonst hätten denn wenig entwickelte Länder und kleine Inselstaaten ein Forum, wo sie ihre Position einbringen können?“, fragte der Sozialdemokrat. Es brauche diese Konferenzen. „Aufgeben gilt nicht!“ 

Als „riesiges Problem“ bezeichnete Schwabe jedoch das Gastgeberland Aserbaidschan. Das seit 30 Jahren von einer Familiendynastie geführte Land zeige kaum Ambitionen für eine „positive Energietransfer-Agenda“, schränke hingegen umso mehr Demokratie und Menschenrechte ein. Präsident Ilham Alijew lasse Kritiker, Oppositionelle und Journalisten inhaftieren, verfolge sie sogar im Ausland. Er selbst, sowie drei weitere Bundestagsabgeordnete seien wegen Kritik an Aserbaidschan mit Einreiseverboten belegt. Zum ersten Mal seit Jahren könne deshalb er nicht an einer Weltklimakonferenz teilnehmen.

FDP setzt auf Handel mit Klimazertifikaten

Die Klimakonferenz sei mit einer „guten Nachricht“ gestartet, befand Lukas Köhler (FDP). Dass sich die Staaten so schnell bereits auf Regeln für einen globalen Handel mit Klimazertifikaten hatten einigen können, zeige die Richtung auf, wie internationaler Klimaschutz künftig vorankommen könne, sagte der Liberale. 

Trotz „Unkenrufen“ der Umweltorganisationen, die dem Handel mit Klimazertifikaten auch aufgrund der Missbrauchsanfälligkeit mit Skepsis gegenüberstehen: Nur mit „internationalen Kooperationen und internationaler Marktwirtschaft“ seien die Klimaziele erreichbar. Klimaschutz müsse dort betrieben werden, wo er am kostengünstigsten sei, betonte Köhler. So erreiche man mehr Klimaschutz zu besseren Preisen. 

AfD: Der richtige Weg ist Anpassung

Bewusste Panikmache und Manipulation unterstellte Steffen Kotré (AfD) kollektiv den anderen in der Politik, aber auch Wissenschaftlern und Medien. Daten zum Klimawandel stimmten nicht, würden bewusst „frisiert“, behauptete der AfD-Abgeordnete. Dem wie auch immer gearteten Klimaveränderungen könne man nicht mit der Strategie der CO2-Vermeidung begegnen: Deutschland habe seine Emissionen zwischen 1990 und 2015 um 22 Prozent gesenkt, weltweit seien sie aber 58 Prozent gestiegen. 

Der richtige Weg könne daher nur Anpassung sein. Die „Hysterie“, die die Regierung verbreite, solle nur dazu dienen, Argumente zu unterdrücken. „Niemand soll aufmucken, wenn Wohlstandsverluste und Demokratieabbau vorangetrieben werden.“ Das kenne man schon aus der Corona-Pandemie, so Kotré.

Ministerin: Klimawandel in den Griff bekommen

Von solchen Stimmen ließ sich Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) nicht beirren: Sie appellierte eindringlich, angesichts der parallelen Krisen in der Welt den „Kopf nicht in den Sand zu stecken“. Die Zeit laufe, um den Klimawandel und seine Folgen „noch irgendwie in den Griff zu bekommen“ und das Zusammenleben auf dem Planeten bestmöglich weiter in „in Wohlstand, Sicherheit und Frieden“ zu gestalten. 

Die Herausforderungen seien größer geworden, gestand Baerbock ein. Doch angesichts der zerstörerischen Folgen des Klimawandels – Überflutungen, Hitzerekorde, Dürre – lohne es, um jedes „Zehntelgrad“ zu kämpfen, damit die Erderwärmung nicht ungebremst voranschreite. Angesichts der zu befürchtenden Konflikte und Migrationsbewegungen sei Klimaschutz für Deutschland auch eine „zentrale, sicherheitspolitische Frage“.

Gruppe Die Linke: Mehrheit im Bundestag für Klimaschutz

Ralph Lenkert (Gruppe Die Linke) lenkte mit seiner Rede den Blick auf die Gestaltungsmacht des Bundestages in Sachen Klimaschutz: Ob die Regierung nach dem Koalitionsbruch mit der FDP noch eine Mehrheit habe, sei gar nicht entscheidend: „Wenn wir wollen, wenn wir uns einigen, können wir alles entscheiden“, sagte Lenkert und warb dafür, trotz Streit bei Fragen, bei „denen wir gar nicht so weit auseinander liegen“, an Lösungen zu arbeiten. 

Das „Deutschlandticket“ sei „wirksamer, sozialer Klimaschutz“ und stehe vor dem Scheitern, wenn der Bundestag nicht seine Finanzierung sicherstelle. Forschungsprojekte müssten weiterlaufen. Auch brauche es dringend eine Senkung der Energiekosten, argumentierte der Linken-Politiker. (sas/14.11.2024)