Regierungserklärung

Merz: Bundeswehr soll „konventionell zur stärksten Armee Europas“ werden

Mit der ersten Regierungserklärung des neuen Bundeskanzlers Friedrich Merz (CDU) ist der Bundestag am Mittwoch, 14. Mai 2025, in seine dreitägige Aussprache über das Regierungsprogramm der schwarz-roten Koalition gestartet. Die neue Bundesregierung stelle sich in den Dienst des Landes und aller seiner 84 Millionen Bürger, versicherte Merz zu Beginn seiner Regierungserklärung. Sie wolle „neue Sicherheit“ geben und die Freiheit verteidigen, das „Versprechen vom Wohlstand für alle“ erneuern und Zusammenhalt in der Gesellschaft stiften. 

Dazu brauche es in vielerlei Hinsicht einen Politikwechsel. Deutschland stehe international wie national vor enormen Herausforderungen, doch sei das Land stark, sagte der Kanzler. Er sei überzeugt, dass Deutschland die Herausforderungen der Zeit „aus eigener Kraft heraus bestehen und daraus etwas Gutes machen kann“. Dabei wolle die Koalition die Probleme „aus der demokratischen Mitte unseres Landes heraus“ lösen. „Dass wir das können, haben wir in den letzten Wochen bereits gezeigt.“

Merz dankte zugleich seinem Amtsvorgänger Olaf Scholz (SPD), der „Deutschland durch Zeiten außergewöhnlicher Krisen geführt“ habe. Scholz' Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sei wegweisend und historisch gewesen. Dafür gelte Scholz „unser Dank“ und, wie er hoffe, die Anerkennung des ganzen Hauses und des Landes. 

Merz: Deutschland bleibt an der Seite der Ukraine

Der Regierungschef bekräftigte den Wunsch nach einem „gerechten, dauerhaften, tragfähigen Frieden in der Ukraine lieber heute als morgen“. Auf dem Weg dorthin werde man die Ukraine weiter kraftvoll unterstützen. Dabei sei Deutschland nicht Kriegspartei und werde dies auch nicht werden, stehe aber „ohne Wenn und Aber an der Seite der Ukrainerinnen und Ukrainer und damit an der Seite der Menschen in Europa, die sich zu Demokratie und Rechtstaatlichkeit bekennen, die in Freiheit und in offenen Gesellschaften leben wollen“. 

Dabei bleibe die Hilfe für die Ukraine eine gemeinsame Anstrengung der Europäer und Amerikaner und anderer Verbündeter „in unserem ureigensten Interesse“, betonte Merz. Wer glaube, Russland gäbe sich mit einem Sieg über die Ukraine oder der Annexion von Teilen des Landes zufrieden, der irre. Der Kanzler zeigte sich zugleich dankbar für die Unterstützung von US-Präsident Donald Trump für die Initiative zu einer 30-tägigen bedingungslosen Waffenruhe, die ein Fenster für Friedensverhandlungen öffnen könne. Es sei „von überragender Bedeutung, dass der politische Westen sich nicht spalten lässt“. Deshalb wolle er alle Anstrengungen unternehmen, um weiterhin „größtmögliche Einigkeit zwischen den europäischen und den amerikanischen Partnern herzustellen“. 

Stärkung der Bundeswehr

Für Deutschland gelte zugleich, dass es die eigene Verteidigungsfähigkeit und -bereitschaft beständig ausbauen müsse und werde. „Wir wollen uns verteidigen können, damit wir uns nicht verteidigen müssen“, sagte der Bundeskanzler. Stärke schrecke Aggression ab, Schwäche hingegen lade zu Aggression ein. Ziel sei daher ein so starkes Deutschland und Europa, „dass wir unsere Waffen niemals einsetzen müssen“. Die Bundesregierung werde der Bundeswehr alle finanziellen Mittel zur Verfügung stellen, die sie brauche, „um konventionell zur stärksten Armee Europas zu werden“. 

Der Regierungschef kündigte zugleich an, alles daran zu setzen, um Deutschland wieder auf Wachstumskurs zu bringen. Dabei werde die Regierung die Wettbewerbsfähigkeit zum Maßstab ihrer Wirtschafts- und Finanzpolitik machen. Auch werde sie die Widerstandsfähigkeit der Infrastruktur stärken. Merz mahnte zugleich, mit der möglichen Aufnahme neuer Schulden „äußerst behutsam“ umzugehen. Sie ließen sich nur rechtfertigen, wenn damit der Wert der Infrastruktur dauerhaft gesteigert und das Leistungsvermögen des Landes verbessert würde. 

Rückbau „der überbordenden Bürokratie“

Zu den erforderlichen Reformen gehört dem Kanzler zufolge zudem vor allem ein „beherzter Rückbau der überbordenden Bürokratie“. An den deutschen, europäischen und internationalen Klimazielen werde seine Regierung festhalten, aber zu ihrer Erreichung auch neue Wege gehen, fügte Merz hinzu. 

Er verteidigte zugleich die Verschärfung der deutschen Migrationspolitik. „Wir ordnen Migration: mit mehr Begrenzung, mehr Zurückweisungen, mehr Steuerung, mehr Rückführungen“, sagte er. Dabei mache die Bundesregierung keinen nationalen Alleingang, sondern verhalte sich im Einklang mit europäischem Recht. Deutschland sei und bleibe ein Einwanderungsland, doch habe man in den vergangenen zehn Jahren zu viel ungesteuerte Einwanderung zugelassen. 

AfD: Regierung für Kriegstreiberei

Die AfD-Fraktionsvorsitzende Dr. Alice Weidel nannte Merz mit Blick auf dessen Wahl erst im zweiten Wahlgang einen „Kanzler der zweiten Wahl“. Die Signale, die von diesem „Fehlstart“ ausgingen, seien Schwäche und Instabilität. Merz sei ein „Kanzler der Linken“, dessen Weg ins Kanzleramt von gebrochenen Wahlversprechen und „Kapitulation vor Linken und Grünen“ gesäumt sei. So habe er die Schuldenbremse in einem „finanzpolitischen Staatsstreich“ mit Hilfe der Grünen abgeräumt. 

Weidel forderte zugleich ein Ende der Energiewende und den Wiedereinstieg in die Atomkraft sowie in Kohle und „günstigem Erdgas aus Russland“. Auch müssten Zurückweisungen illegaler Migranten aus sicheren Drittstaaten zwingend sein, Grenzkontrollen lückenlos und dauerhaft erfolgen und illegale Einreisen auf Null reduziert werden, fügte Weidel hinzu. Der neuen Regierung warf sie zudem vor, eine „Regierung für Kriegstreiberei“ zu sein. 

SPD: Solidarität und Zusammenhalt

SPD-Fraktionschef Dr. Matthias Miersch attestierte Weidel eine „Hass- und Hetze-Ideologie“. Zugleich sicherte er dem Kanzler zu, dass seine Fraktion die künftige Regierungspolitik „selbstbewusst, konstruktiv und auch zielführend begleiten“ werde. Dabei habe man vier spannende Jahre vor sich, „die das Land voranbringen werden“. 

Für die Sozialdemokraten seien Solidarität und das Betonen des Zusammenhalts das Leitbild, das sie in den kommenden vier Jahren im Parlament vertreten wollten. Dabei seien im Koalitionsvertrag Elemente enthalten, die den Zusammenhalt im Lande stärken. Diese wolle seine Fraktion durchsetzen. So habe man mit der Schaffung eines Sondervermögens die Handlungsfähigkeit des Staates gewährleistet. Nun müsse die im Koalitionsvertrag vereinbarte weitergehende Reform der Schuldenbremse schnell auf die Tagesordnung.

Grüne: Merz muss Brücken bauen

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wünschte ihre Vorsitzende Katharina Dröge der neuen Bundesregierung ungeachtet aller politischen Differenzen viel Erfolg. Das Land habe eine Regierung verdient, die funktioniert. Merz übernehme das Amt in sehr schwierigen Zeiten, in denen es auf den Kanzler und seine Regierung ankommen werde. 

Merz habe indes im Bundestag den „schwierigst möglichen Start“ gehabt, fügte Dröge hinzu. Es sei keine Kleinigkeit, wenn ein Kanzler im ersten Wahlgang keine Mehrheit bekommt. Damit sei die Koalition deutlich instabiler, als es für das Land gut sei. Merz müsse eine Antwort darauf geben, wie er als Kanzler Vertrauen zurückgewinnen wolle. Er habe in den vergangenen drei Jahren viele Gelegenheiten genutzt, um zu polarisieren. Nun habe er in seiner Rede „einen anderen Ton“ gefunden. Sie erwarte von ihm, dass er „Kanzler aller Menschen in diesem Land“ sei und Brücken baue. 

Union: Neue Ära in der Außenpolitik

Unionsfraktionschef Jens Spahn sagte, sechs Monate nach dem Bruch der Ampelkoalition sei mit der Kanzlerwahl von Merz die „Hängepartie endlich vorbei“. Mit seinen Reisen nach Paris und Warschau „und dann gemeinsam in die Ukraine“ habe der Kanzler eine neue Ära in der deutschen Außenpolitik eingeleitet. „Germany is back Deutschland ist wieder da“ laute die Botschaft der vergangenen Woche. 

Spahn wertete das Ergebnis der Bundestagswahl vom 23. Februar zugleich als „politisches Beben“. Die „Volksparteien der politischen Mitte“ seien geschwächt, während die extreme Rechte sowie die „populistisch-radikale Linke“ erstarkt seien. Darin zeige sich ein massiver Vertrauensverlust. Die neue Koalition werde jedoch zeigen: „Wir haben verstanden“. Sie starte „zuversichtlich, nüchtern und pragmatisch“, werde positiv überraschen und Vertrauen wiedergewinnen durch gute Politik. 

Linke: Dokument des Scheiterns

Der Vorsitzende der Linken-Fraktion, Sören Pellmann, kritisierte dagegen, Merz und seine Koalition stünden „für Hoffnungslosigkeit, für soziale Kälte, für Stillstand“ und sie seien eine „Gefahr für die Gleichberechtigung und die Selbstbestimmung von Frauen“. Dieses Weiter-so gefährde die Zukunft des Landes. Auch solle die Koalition aufhören, „Politik im Sinne der Rechten zu machen“. 

Seine Fraktion sah Pellmann dagegen als „die Stimme für soziale Gerechtigkeit in diesem Land“. Die Linke stehe „bereit für eine soziale Wende, für Respekt, für Frieden und für Gerechtigkeit“, sagte er. Zum schwarz-roten Koalitionsvertrag sage sie dagegen klar: „Nicht mit uns“. Der Koalitionsvertrag sei ein „Dokument des Scheiterns“. Er enthalte keine Visionen, keine Entschlossenheit und keinen Plan für den sozialen Ausgleich. (sto/14.05.2025)